Ein Spiel mit dem Wort »Simulator« im Titel, entwickelt von einer Firma namens Big Cheese Studio? Es gibt Momente im Leben eines Rezensenten, da hat er durchaus Vorurteile. Er denkt »Ach du Speise!« und legt wegen akuter Migränegefahr zur Sicherheit eine Familienpackung Topfschmerztabletten bereit.
Im vorliegenden Fall entpuppte sich die Ludophobie als weitgehend unbegründet: Der Cooking Simulator hat fraglos Tiefkühlpunkte, bewirtet Spieler aber auch mit einer Portion Spaß und einer Prise Humor - wenngleich die lustigen Momente oft unbeabsichtigt entstehen.
Küche gestalten nach eigenem Geschmack
Die Entwickler bilden die Essenz des Kochberufs gekonnt ab, das Zubereiten von Speisen ist wunderbar gelungen und die größte Stärke. Der Rest der Realität bleibt im Hintergrund, eine tiefgründige wirtschaftliche Komponente etwa. Gastronomie-Kalkulationen à la Verkaufspreis = Materialkosten x 3? Gibt's nicht! Angebot und Nachfrage? Spielen keine Rolle! Personalkosten, Pacht, Strom- und Gasverbrauch? Alles speisegal!
Der virtuelle Koch zahlt zwar, wenn er bis zu 23 Werkzeuge, 131 Zutaten, 30 Gewürze, elf Kräuter und Geschirr erwirbt. All das gibt's aber zum kleinen Festpreis. Geräte wie Kühlschrank, Herd, Fritteuse & Co. sind ebenso vorgegeben wie das Mobiliar. Unser Bratmaxe verändert sein kleines Reich nur kosmetisch, durch einen neuen Anstrich etwa. Dafür schaltet er bis zu 50 Küchendesigns frei. Es ist nicht unbedingt fair, ein Spiel dafür zu kritisieren, was es nach dem Willen der Entwickler gar nicht sein soll. Aber ein ausgearbeiteter Wirtschaftsteil hätte schlichtweg mehr Abwechslung generiert.
In der jetzigen Form wiederholen sich die Tätigkeiten im Cooking Simulator schnell. Außerdem fällt Pleitegehen in den Bereich Kunst. Da müssen schon gefühlt 9.876 Teller pro Tag zu Bruch gehen. Einkäufe laufen auch nicht realistisch ab. Der Spieler geht nicht vor die Tür, sondern pickt Zutaten aus einem Regal und aus einem Kühlschrank, wo sie offenbar hineingezaubert werden. Besser aber: Der Spieler greift über Postpakete auf eine Art Einkaufs-App zu. Es gibt mehrere solcher Pappschachteln, die wir frei in der Küche verteilen - strategisch geschickt, um zeitraubende Laufwege zu sparen.
Atmosphäre durch Glaubwürdigkeit
Der Spieler übernimmt im Cooking Simulator die Alleinherrschaft in einer glaubwürdig gestalteten Restaurantküche. Es ist dringend angeraten, zunächst das Tutorial und die Übungsmissionen zu spielen, die im Hauptmenü als »Kochschule« betitelt sind. Wer sich nicht eingehend mit dem Spiel befasst, dem entgehen eventuell wichtige Details in puncto optimierte Abläufe. Der Cooking Simulator baut sehr viel Atmosphäre auf, indem er berufstypische Stressmomente simuliert. Akute Zeitnot erfordert immer bessere Strategien, wobei die steigende Lernkurve gut unterhält.
Je weiter unser Schützling im Karrieremodus kommt, desto mehr Bestellungen pro Tag schlagen ein, oft natürlich gleichzeitig. Deshalb legt der Protagonist während einer kurzen Vorbereitungsphase zumindest ein paar Zutaten für aufwändigere Gerichte bereit. Die Geräuschkulisse passt wie ein Deckelchen auf den Topf. Es heißt ja, man soll nie hungrig einkaufen gehen. Mit leerem Magen Cooking Simulator spielen, ist ebenfalls nicht ganz ungefährlich, wenn zum Beispiel ein saftiges Steak lautstark auf dem Grill brutzelt.
Toll ist auch die Möglichkeit, eigene MP3-Musik und Internetradios einzubinden. Ohne Speis kein Preis. Doch zurück zu unserem virtuellen Job. Um den Ablauf zu erklären, nehmen wir mal ein einfaches Gericht, gebackene Forelle: Unser Alter Ego hetzt in der Ich-Perspektive durch die Küche und würzt zunächst den Fisch mit je fünf Gramm schwarzem Pfeffer, Thymian und Dill. Dann landet die Forelle auf einem Blech im Ofen. Zwischenzeitlich schneidet der Bratefuchs auf einem Holzbrett eine Zitrone. Sobald der Fisch durch ist, wird er mit fünf Gramm Meerrettich verfeinert und auf einen Teller drapiert. Zum Schluss kommen die Zitronenviertel hinzu und sechs Gramm Petersilie. Der Teller endet an der Durchreiche zum Gastraum.
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