Aus Protest gegen Crunch: Wolfenstein-Veteranen gründen neues Studio

Die Gesundheit hat Vorrang: Im Protest gegen immer längere Arbeitszeiten in der Spieleindustrie haben zwei Entwickler von MachineGames ein neues Studio gegründet.

Schweden hat ein neues Spielestudio. Schweden hat ein neues Spielestudio.

Zwei Veteranen des Wolfenstein-Entwicklers MachineGames haben ein neues Studio namens Bad Yolk Games gegründet. Wie auch MachineGames hat es seinen Sitz in Uppsala, Schweden.

Die beiden Studiogründer sind Michael Paixao, der als Technical Artist unter anderem auch bei Massive Entertainment an The Division gearbeitet und Joel Jonsson, der ebenfalls als Technical Artist an Wolfenstein: The New Order mitgewirkt hat.

Das Team setzt sich insgesamt aus elf Mitarbeitern zusammen, die nach eigenen Angaben »über 90 Jahre Erfahrung in der Videospielbranche kombinieren«, darunter aus Spielen wie Eve Online, Gears of War, Wolfenstein: The New Order und Chronicles of Riddick.

Protest gegen Crunch

Den Grund hinter der Studiogründung könnte man als eine Widerstandsaktion gegen eine inzwischen immer häufigere Arbeitspraxis sehen: Crunch. Mtarbeiter machen Überstunden, müssen unter viel Druck Fristen einhalten und haben nur wenig Freizeit. Diese Situationen treten vor allem in Studios mit großen AAA-Produktionen an, etwa Epic mit Fortnite oder Bioware mit Anthem.

Im Interview mit GamesIndustry.biz spricht Paixao über seine Erfahrungen mit Crunch:

"Ich war viele Jahre in der AAA-Industrie und stand ehrlich gesagt kurz vorm Burnout. Ich musste davon einfach wegkommen und das Tempo ändern. Es war wirklich ungesund, viele Male. Das war einer der großen Gründe für Joel und mich, als wir Machine Games verlassen haben. Wir haben beschlossen es besser zu machen und die Leute richtig zu behandeln."

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Ein häufiges Problem sei laut Paixao die »Wenn du es nicht schaffst, holen wir eben jemanden, der es schafft«-Mentalität. Diese Haltung beschränkt er aber nicht auf MachineGames, sondern nimmt sie als generelle Praxis in der Industrie wahr.

"Nachdem wir das Studio [Bad Yolk] gegründet und nach Investitionen Ausschau gehalten hatten, haben wir sehr deutlich gemacht, dass das Wichtigste für das Unternehmen die Gesundheit der Mitarbeiter ist, dann die Zufriedenheit der Mitarbeiter und dann das Spiel - in dieser Reihenfolge. Nicht verhandelbar, in dieser Reihenfolge. Wir glauben, wenn Leute glücklich und gesund sind, wird das Projekt fertig."

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Studiogründung mit Gerichtsprozess

Bevor Paixao und Jonsson sich voll auf ihr neues Studio konzentrieren konnten, hatten sie noch eine Hürde zu Überwinden: Zenimax. Der Mutterkonzern von MachineGames griff auf eine Vertragsklausel zurück, nach der es Paixao untersagt war, (ehemalige) Mitarbeiter des Studios anzuheuern.

Der Fall verlief über mehrere Instanzen und erreichte am Ende eine Stufe, die mit dem amerikanischen Supreme Court vergleichbar ist. Am Ende gewann Bad Yolk den Fall und erschuf damit sogar einen Präzedenzfall im schwedischen Recht. Paixao sieht den Rechtsstreit heute mit einem zwinkernden Auge: »Gehört es nicht zur Checkliste der Spieleindustrie, einmal von Zenimax verklagt zu werden?«

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Das erste Projekt von Bad Yorn werde ein kleineres Indie-Spiel, angepasst an die Größe des Teams. Danach wolle sich das Studio dem AAA-Bereich annähern. Für den Anfang möchten Paixao und Jonsson aber erst mal eine solide Basis schaffen.

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