Seite 2: Dark Souls 2 im Test - Sterben ist menschlich

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Spieglein, Spieglein

Klar, ohne gutes Nervenkostüm sollte man in Dark Souls 2 nicht mal das Tutorial spielen, dafür belohnt uns das Abenteuer mit unfassbar intensiven Momenten und fast unerträglicher Spannung. Ein typisches Beispiel: unsere Begegnung mit dem Spiegelritter. Der Hüne ist so robust, wie er aussieht, und lässt Blitze aus seinem Schwert schießen, um uns kleinzukriegen. Das Blitzegefummel beeindruckt uns freilich wenig, schließlich sind wir »Souls-Veteranen«. Einige Ausweichrollen und Schlagkombinationen später haben wir den Endgegner ordentlich geschwächt. Ha, er fällt sogar auf die Knie und stützt sich auf seinem riesigen Spiegelschild ab. Versager! Dem geben wir den Rest. Wieder und wieder saust unsere Hellebarde auf den Koloss hinab. Ein, zwei Schläge noch, dann ist er hinüber.

Aber bevor es so weit kommt, bricht plötzlich unsere Waffe. Das darf doch nicht wahr sein! Schnell ins Inventar und die Alternativwaffe rauskramen. Als wir die Zweitwaffe in Händen halten, wird uns klar, dass der Kniefall des Ritters kein Zeichen von Schwäche war: Aus einer Paralleldimension schält sich ein Phantom, betritt unsere Welt durch den Spiegelschild des Spiegelritters und stürmt auf uns zu, während sich der Typ selbst wieder erhebt. Damit haben wir nicht gerechnet, die Karten sind völlig neu gemischt.

Typisch für die Souls-Reihe: Riesige Bossmonster, die alles umpflügen, was sich ihnen in den Weg stellt. Typisch für die Souls-Reihe: Riesige Bossmonster, die alles umpflügen, was sich ihnen in den Weg stellt.

Wenn wir am Ende doch als Sieger aus dem ungleichen Duell hervorgehen, dann wird vor Freude geschrien, die Hände zittern, und das Herz klopft bis zum Hals. Die Souls-Reihe (also auch das gute, alte Demon's Souls) versteht es einfach meisterhaft, Frust und Freude miteinander zu verbinden. Dank der großartigen Mischung aus Ausweichen, Blocken, Kontern und Ausdauermanagement verlaufen die Kämpfe dabei fast ausnahmslos fair. Wenn wir draufgehen, ist es schlicht unsere Schuld, weil wir nicht aufgepasst haben.

Außerdem spielen die Entwickler gekonnt mit dem Reiz des Unbekannten: Wir sind nahezu ständig auf uns alleine gestellt, entdecken kleine und große Geheimnisse, die achtlos vorbeilümmelnden Gelegenheitsspielern ganz bestimmt entgehen würden. Aber die wären hier ohnehin fehl am Platz, Dark Souls ist Hardcore. Oder um das Kind beim elitären Namen zu nennen: Wer die Gemeinheiten dieser spielbaren Todesfalle übersteht, fühlt sich schlicht ein wenig besser als der Rest.

Scherben bringen Glück

Schon nach den ersten bewegten Bildern war abzusehen, dass Dark Souls 2 wenig fundamental Neues bieten würde. Dafür gibt es allerdings eine Vielzahl kleiner Änderungen, die größtenteils Sinn ergeben und das Heldenleben zumindest komfortabler gestalten. Konnten wir im Vorgänger erst spät im Spiel die hilfreichen Leuchtfeuer mittels Schnellreise erreichen - und selbst dann nicht alle -, dürfen wir nun bequem zwischen jedem dieser bereits entdeckten Checkpoints hin und her wechseln, ohne absurd lange Laufwege in Kauf nehmen zu müssen.

Vom Leuchtfeuer aus können wir bequem zu jedem bereits entdeckten Checkpoint reisen. Vom Leuchtfeuer aus können wir bequem zu jedem bereits entdeckten Checkpoint reisen.

Das Inventar wirkt inzwischen etwas aufgeräumter, übersichtlich ist es allerdings immer noch nicht. Dafür können wir dort nun statt zwei gleich vier Ringe gleichzeitig an die Finger stecken. Der Handschmuck gibt Boni wie Giftresistenzen, höhere Angriffswerte oder eine schnellere Regeneration der Ausdauer. Wie in Dark Souls werden bei jedem unserer Leuchtfeuerbesuche nicht nur bereits besiegte Standardgegner wiedergeboren, sondern wir bekommen auch unsere Heiltränke zurück, die sogenannten Estus-Flakons. Neuerdings besitzen wir anfangs allerdings nur ein Exemplar. Wollen wir den Vorrat permanent aufstocken, müssen wir Ausschau nach Flakon-Scherben halten - und da wären wir wieder bei den versteckten Geheimnissen. Zur Wirkungsverstärkung der Tränke müssen wir diesmal edlen Knochenstaub finden, den wir am Leuchtfeuer verbrennen.

Da wir im Kampf kurzzeitig wehrlos sind, wenn wir flüssige Heilung schlucken, lohnt es sich zudem, immer ein paar der neu eingeführten Lebenssteine parat zu haben. Vorteil: Wir müssen nicht stehen bleiben, um die kleinen Helfer zu benutzen. Dafür laden sie unsere Lebensenergie aber nur sehr langsam wieder auf. Egal ob Heiltrank oder Lebensstein, dem Tod entgeht in Dark Souls 2 trotzdem niemand.

Diesmal trifft uns das Ableben allerdings noch härter. Jedes Mal, wenn wir ins Gras beißen und wieder auferstehen, verringert sich der Maximalwert unserer Lebensenergieleiste, bis am Ende nur noch 50 Prozent bleiben. Wer gerne unschuldige NPCs schlachtet und im Multiplayer-Modus in die Welten anderer Spieler eindringt, dem wird der Lebensbalken sogar um bis zu 90 Prozent gekürzt. Aufheben lässt sich dieser Zustand nur durch das Benutzen von erbeuteter Menschlichkeit.

Die Wandlung zur Hülle. Vorher: Hach, wir sprühen vor Leben. Als Mensch können wir unter anderem NPCs und menschliche Mitspieler beschwören.

Nachher: Irgendwie fühlen wir uns nicht so gut. Als Untoter verlieren wir mit jedem Tod einen Teil unserer Lebensenergie.

Als Mensch bekommen wir unsere volle Energie zurück, doch die Freude ist nur von kurzer Dauer: Sobald wir erneut sterben, werden wir wieder zum Untoten, und das ganze Spielchen geht von vorne los. Gar nicht so einfach, denn Menschlichkeit wächst nicht auf Bäumen, und auch Händler haben keinen unbegrenzten Vorrat. Allerdings wird unser Abenteuer gerade deshalb noch einen Tick spannender.

Ein paar Neuerungen fallen aber auch negativ auf. Unsere Stufe steigern und Talentpunkte verteilen dürfen wir jetzt nicht mehr an jedem beliebigen Leuchtfeuer, sondern nur noch bei einem bestimmten NPC in Majula. Praktische Reisefunktion schön und gut, aber so etwas unterbricht den Spielfluss unnötig, ohne einen greifbaren spielerischen Nutzen.

Das kennen wir doch

Etwas mehr Originalität hätten wir uns übrigens von der neuen Spielwelt und ihren Bewohnern erhofft. Einige der über 25 Abschnitte ähneln den Schauplätzen des ersten Dark Souls nämlich verdächtig. Das erste Gebiet »Wald der gefallenen Riesen« könnte glatt als »Stadt der Untoten« durchgehen, der »Heideturm« gleicht »Anor Londo«, und »Das Loch« wirkt mit seinen in Dunkelheit gehüllten Holzbauten wie der architektonische Zwillingsbruder von »Schandstadt«.

Darf es ein Pfund Recyceltes sein? Der Heideturm und seine Bewohner könnten direkt aus Dark Souls stammen. Darf es ein Pfund Recyceltes sein? Der Heideturm und seine Bewohner könnten direkt aus Dark Souls stammen.

Diese Zweitverwertung lässt sich auch bei manchen Gegnern beobachten. Dick gepanzerte Hünen mit noch dickeren Schwertern kennen wir ebenso wie Basilisken, und auch ein Bosskampf gegen Gargoyles auf einem Kirchturm kommt uns merkwürdig bekannt vor. Ja, natürlich haben die Ähnlichkeiten einen storybedingten Hintergrund. Trotzdem hätte so viel Recycling nicht sein müssen.

Aber nicht falsch verstehen: Dark Souls 2 macht trotzdem verdammt viel Spaß und bietet genügend vollkommen neue Gebiete. Und sind die mal erreicht, dann wird's trotz der hoffnungslos veralteten Engine einfach wunderbar atmosphärisch. Ein Drachenhorst beispielsweise ist so grandios in Szene gesetzt, dass wir minutenlang innehalten, um den Anblick mit all seinen verschlungenen Brücken und den vorbeigleitenden Lindwürmern zu bestaunen. Ebenfalls toll: Ein nächtlicher Schlossbesuch, der mit Blitz, Donner und stimmigen Lichtverhältnissen für Gänsehaut sorgt.

Die Endgegner erreichen zwar nicht immer das Niveau von Dark Souls, sind aber trotzdem noch skurril, furchteinflößend oder ekelhaft genug, um im Gedächtnis zu bleiben. Ein Obermotz, dessen Sirenengesang uns durch einen ganzen Abschnitt begleitet, hat es uns übrigens besonders angetan. Mehr wollen wir aber nicht verraten.

Natürlich gibt es auch verdammt atmosphärische Abschnitte in Dark Souls 2. Größtenteils ist das Hardcore-Rollenspiel aber einfach nicht hübsch. Natürlich gibt es auch verdammt atmosphärische Abschnitte in Dark Souls 2. Größtenteils ist das Hardcore-Rollenspiel aber einfach nicht hübsch.

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