Der Dunkle Turm - Stephen Kings Mega-Epos auf 95 Minuten komprimiert

Stephen Kings Der Dunkle Turm galt lange Zeit als unverfilmbar. Nun wagt Sony dennoch den Versuch, die Fantasy-Saga auf die Leinwand zu bringen.

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Der dunkle Turm wird nicht nur Fans der Bücher von Stephen King enttäuschen. Der dunkle Turm wird nicht nur Fans der Bücher von Stephen King enttäuschen.

Acht Bände, Tausende Seiten und 30 Jahre hat Stephen King gebraucht, um die Geschichte des Revolvermanns Roland Deschain und seiner Reise zum Dunklen Turm nieder zu schreiben. Und nun soll diese Fantasy-Saga in einen 95-minütigen Film gepresst werden? Hat überhaupt wer damit gerechnet, dass das funktionieren kann?

Die Kino-Umsetzung von Der Dunkle Turm hat mich sowohl als treuer Leser der Buchreihe als auch als Action- und Fantasy-Fan vollends enttäuscht. Denn um die als unverfilmbar geltenden Bücher auf die Leinwand zu bringen, weicht Regisseur Nikolaj Arcel nicht nur vom Inhalt der Vorlage ab und verkürzt radikal, sondern macht die Geschichte einfach komplett kaputt. Es ist also egal, ob Sie King-Fan sind oder nicht - dieser Film ist eine Enttäuschung für alle.

Spoilerfreie Kritik: Wie immer halten wir unsere Film-Rezensionen spoilerfrei. Ich verrate nichts, was sie nicht schon in den Trailern von Der Dunkle Turm erfahren haben. Wenn Sie allerdings überhaupt nichts über den Film wissen wollen, warten Sie mit dem Lesen lieber bis nach dem Kinobesuch. Am besten besorgen Sie sich aber einfach die Bücher von Stephen King, da haben Sie wesentlich mehr von.

Revolvermann versus Mann in Schwarz

»Der Mann in Schwarz floh durch die Wüste, und der Revolvermann folgte ihm.« Mit diesem Satz beginnt der erste Band von Stephen Kings Roman-Reihe und genau darum geht es auch im Film. Der Revolvermann Roland Deschain (Idris Elba) jagt den bösen Magier Walter O'Dim alias der Mann in Schwarz (Matthew McConaughey), weil dieser den Dunklen Turm und damit das gesamte Universum zerstören will.

Falls Sie sich fragen, was ein Revolvermann sein soll und warum dieser Turm so wichtig ist, hier die Kurzerklärung: In Stephen Kings Büchern gibt es viele verschiedene Welten (unsere ist eine davon), die durch ein gewaltiges und mysteriöses Gebäude zusammengehalten werden, den dunklen Turm. Für dessen Schutz sind die sogenannten Revolvermänner verantwortlich, die von klein auf zu Gesetzeshütern ausgebildet werden.

Roland, der Letzte dieser Revolvermänner, trifft nun auf seiner Reise durch die sogenannte Mittwelt auf den jungen Jake Chambers (Tom Taylor), der sich sogleich der Mission »Rettet den Turm« anschließt. Der 11-Jährige stammt aus dem heutigen New York, wird aber von Albträumen vom Mann in Schwarz und dem Fall des Dunklen Turms heimgesucht und flieht deshalb durch ein Portal aus unserer Welt in die Dimension des Revolvermanns.

Der Dunkle Turm - Erster Trailer mit Idris Elba als Revolvermann Video starten 2:38 Der Dunkle Turm - Erster Trailer mit Idris Elba als Revolvermann

Zu wenig Turm

Es kommt zu einer Hetzjagd zwischen dem Mann in Schwarz, der hinter Jake her ist, um mit seiner Hilfe den Turm zu Fall zu bringen und Roland, der Jake beschützen und gleichzeitig Walter umbringen möchte.

Dummerweise gerät dadurch der Dunkle Turm, immerhin Namensgeber des Films und gefährdetes Zentrum aller existierenden Welten, in den Hintergrund. Während sich in den Büchern ausnahmslos alles um den Turm dreht und sich Roland für nichts anderes als dessen Schutz interessiert, verkommt das mächtige Bauwerk im Film lediglich zur Randnotiz.

Denn Idris Elba verhält sich im Film nur wenig wie ein wahrer Revolvermann (Buchkenner könnten sagen, er vergisst das Angesicht seines Vaters) und stellt seine persönliche Rache an Walter über das Schicksal des Turms.

Zwar war bekannt, dass der Film keine eins-zu-eins-Adaption der Romanreihe werden soll, aber wo der Name »Der Dunkle Turm« draufsteht, sollte doch auch ein wenig Turm drin sein.

Aus Magie wird ein Faxgerät

Ein weiterer Punkt, in dem sich Buch und Film unterscheiden, ist die Genre-Ausrichtung. Während die Romane feinsten Fantasy-Horror bieten, driftet der Film in die Action- und Sci-Fi-Richtung ab.

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Am deutlichsten wird das an den Portalen, mit denen Roland und Co. durch die Welten reisen. In der Buchvorlage werden die Dimensions-Pforten wiederholt und ausdrücklich als ganz gewöhnliche Türen mit Klinke und Scharnier beschrieben, die sich wie durch Magie nur unter bestimmten Bedingungen und nur von ausgewählten Personen öffnen lassen.

Im Film dagegen werden sie als technische Portale dargestellt, bei denen man einfach nur die richtige Postleitzahl eingeben muss und schon öffnen sie sich zu jedem beliebigen Ort. So wirft der Film das Fantasy-Modell mit der magischen Reise zwischen den Welten kurzerhand über Bord und ersetzt es mit einem Faxgerät.

Anderthalb Stunden reichen nicht aus

Doch auch wer die Bücher nicht kennt, wird nur wenig Spaß am Dunklen Turm haben. Die wenigen Action-Sequenzen sind unübersichtlich und hektisch. Oder spielen einfach im Dunkeln, sodass man überhaupt nicht erkennen kann, was gerade geschieht. Witzig ist der Film genau zweimal, viel Humor dürfen Sie also auch nicht erwarten.

Zudem leiden die Charaktere und die Story extrem unter der kurzen Laufzeit des Films. In den anderthalb Stunden hat keiner der Helden viel Gelegenheit, dem Zuschauer ans Herz zu wachsen. Vor allem Roland bekommt viel zu wenig Zeit, um seine mächtigen Fähigkeiten zu zeigen und seine spannende Geschichte zu erzählen.

Auf ihrer Reise kehren Jake und Roland auch in unsere Welt zurück und müssen sich durch New York schlagen. Auf ihrer Reise kehren Jake und Roland auch in unsere Welt zurück und müssen sich durch New York schlagen.

Matthew McConaughey spielt zwar gewohnt charmant und abgebrüht den eiskalten Mann in Schwarz, hat dabei aber keine Chance zum vielschichtigen Bösewicht zu werden, wie man ihn aus den Büchern kennt. Stattdessen kommt er im Film nicht über die Rolle des Wahnsinnigen hinaus, der das Universum einfach nur untergehen sehen will. Man hätte sich gut und gerne eine Stunde mehr Zeit nehmen und dafür alle Figuren ordentlich vorstellen können, die Buch-Vorlage hätte es verdient.

Mehr dazu: Warum ist der Dunkle Turm nur 95 Minuten lang?

Wie konnte Stephen King das zulassen?

So ist Der Dunkle Turm letztlich nicht nur ein schlechter Action-Film, sondern vor allem eine schwache Umsetzung der Bücher. Das verwundert und enttäuscht umso mehr, da Stephen King höchstpersönlich hinter dem Projekt stand und sogar als Produzent mit an Bord war.

Dennoch sind weitere Kinofilme und eine TV-Serie zum Dunklen Turm schon in Planung. Mal sehen, ob die Verantwortlichen uns vielleicht in Zukunft irgendwann mal eine würdige Umsetzung von Stephen Kings Meisterwerk liefern können.

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