Johannes filetiert Freunde
Kein Spiel fängt den Charme alter Mantel-und-Degen-Filme so gut ein, wie Nidhogg. Ich kreuze die Klinge mit meinem Gegner, während über uns ein riesiger Kronleuchter baumelt. Wir duellieren uns in einem dichten Kornfeld. Ich durchbohre ihn, während ich auf pinken Wolken tänzle, und anschließend frisst mich ein riesiger Wurm … okay, ganz so klassisch wie ein Mantel-und-Degen-Film ist Nidhogg nicht, außerdem schwankt es grafisch zwischen abstoßend skurril und ziemlich hässlich.
Aber wenn ich gekonnt das Florett schwinge, unter einem Hieb des Gegners durchrolle und ihn meine Klinge spüren lasse, fühle ich mich wie Errol Flynn, Zorro oder Uschan DeLucca höchstpersönlich. Besonders, wenn der soeben Durchlöcherte ein guter Freund von mir ist – Nidhogg ist der Inbegriff von Couch-Multiplayer. Ich kann zwar auch gegen KI-Gegner antreten, aber das macht etwa so viel Spaß, wie Parkuhren beim Ablaufen zuzuschauen.
Wenn man es aber schafft, ein paar Freunde in den eigenen vier Wänden zu versammeln und ein Fechtturnier startet, steht spannenden Duellen mit Finten, spektakulären Angriffen und Paraden in letzter Sekunde nichts im Wege.
En Garde:Was ist... Nidhogg?
Heikos antike Mittelalter-Olympiade
Wer wie ich computerspielemäßig vom C64 sozialisiert wurde, sammelte in den 80ern seine ersten Multiplayererfahrungen fast schon zwangsläufig mit Minispielsammlungen, die auf »Games« endeten. Egal ob Summer Games, Winter Games, California Games, World Games oder … nunja … Sex Games - das Grundprinzip blieb stets gleich. In den meisten Disziplinen ging es lediglich darum, mehr oder weniger schnell beziehungsweise rhythmisch den Joystick zu rütteln und gegebenenfalls noch im richtigen Moment den Feuerknopf zu drücken.
Aber ein »Games« war anders, nämlich Knight Games. Hier wurde 1986 nicht gerannt, gesprungen und geschüttelt, sondern sich gegenseitig nach feinster Ritterturnier-Tradition die Rüstung zerdellt - und das mit so unterschiedlichen Waffen wie Schwert, Hellebarde, Axt, Stab und sogar Morgenstern. Für noch mehr Abwechslung sorgten Zielübungen mit Bogen und Armbrust. Das alles in sensationeller Grafik für die Zeit, jede Disziplin hatte ihr eigenes Bewegungsset und fand in einer anderen mittelalterlichen Location statt, etwa auf der Burgmauer oder im Robin-Hood-Style auf einem Baumstamm über einem Fluss.
Für meine Kumpels und mich war das tatsächlich ein Gamer-Erweckungserlebnis. Statt mit Stöcken durch den Wald zu toben und unserer Fantasie den Rest zu überlassen, ermöglichte uns Knight Games ein »realistischeres« Rittererlebnis, als wir es uns jemals vorstellen konnten. Unsere Eltern waren allerdings nur so mittel begeistert.
Maurice entdeckt die Freuden von Konsolenspielen
Bei aller Liebe für den PC: Wer gänzlich ohne Konsolen aufwächst, der verpasst in seinen formativen Jahren so manches großartige Spielerlebnis. Umso begeisterter war ich, als es seinerzeit mit Devil May Cry 3 die wohl coolste aller Kampfspielserien endlich auf den PC schaffte. Klar, ein perfekter Port sieht anders aus - aber verdammt, war mir das damals egal! Dante weiß einfach, wie stilvoller Schwertkampf auszusehen hat, selbst wenn er auf jeden Realismus pfeift.
Er metzelt sich mit einem Pizzastück im Mund durch Dämonenhorden, zerteilt Raketen mit der Klinge und drischt zur Abwechslung auch mal mit einer höllischen Sensen-Gitarre drein. Herrlich! Und trotzdem nur was für echte Schwertkünstler: Wer im Duell mit Katana-Virtuose Vergil bestehen will, muss echt alles geben. Noch heute gehören diese Begegnungen zu meinen liebsten und nervenaufreibendsten Bosskämpfen.
Das Spiel schenkt mir nichts, belohnt mich im Gegenzug aber auch dafür, so elegant wie möglich zu kämpfen: Kein dumpfes Buttonmashing, eine Kombo nach der anderen, und bloß nicht getroffen werden! Seitdem bin ich, wenn auch arg spät konvertiert, brennender Fan der Serie. Schade nur, dass sie die Größe von Teil 3 danach nie mehr erreicht hat.
Das Warten hat sich gelohnt:Devil May Cry 3 im Test
Jochen schnappt sich Pferd und Klinge
Kingdom Come: Deliverance, For Honor, Chivalry - bevor diese Spiele irgendwen mit ihrer präzisen Kampfsteuerung begeistern konnten, hatte mich Mount & Blade längst unumkehrbar in seinen Bann geschlagen. Die Kombination aus Schlagrichtung, Waffenart und Momentum finde ich in keinem anderen Spiel annähernd so gut umgesetzt wie im zugegebenermaßen grafisch pragmatischen Sandbox-Mittelalter der Türken von TaleWorlds. Natürlich nur, wenn alle Stützräder im Menü ausgeschaltet sind und keine Automatismen meinen Kampfstil verwässern!
Dann ist es im Duell sogar möglich, eine Klinge mit einem gezielten Gegenschlag aus der entgegengesetzten Richtung zu parieren! Solche taktischen Überlegungen sind gegen die KI nicht unbedingt nötig, im Kampf gegen menschliche Ritter aber absolut überlebensnotwendig.
Auch wenn ich da von den echten Profis immer wieder aufs härteste gezüchtigt werde, macht es Spaß, aus ihren Bewegungsabläufen zu lernen - wer nur mit einer Hose und einem Schwert einen kompletten Belagerungstrupp für mehrere Minuten in Schach hält, hat meinen Respekt verdient! Also nicht von der altbackenen Grafik abschrecken lassen, denn Mount & Blade ist der Großmeister aller Schwertkampf-Spiele!
Der Nischenkönig:Phänomen Mount & Blade
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