Alle Achtung, Dynasty Warriors: Origins hat Mumm. Nach dem desaströsen Scheitern von Dynasty Warriors 9 vor ein paar Jahren (schlappe 34 Prozent positive Steam-Reviews), hätten wir Koei Tecmo wohl alle nachgesehen, wenn sie jetzt mit dem zehnten Teil der Actionreihe bloß Dienst nach Vorschrift betrieben.
Das maue Open-World-Konzept von damals in die Tonne (diente eh nur als Marketing-Brimborium), stattdessen spektakulär inszenierte Massenschlachten, in denen ihr als einer von Dutzenden chinesischen Helden der Antike feindlichen Soldaten mit zwei Meter langen Großschwertern die Koteletten von der Backe schnippelt – das alles in halbwegs zeitgemäßer Optik und fertig ist der Action-Kracher.
Falls ihr jetzt nur Bahnhof versteht, weil ihr Dynasty Warriors noch keine 25 Jahre die Treue haltet, dann keine Sorge. Der mittlerweile zehnte Serienteil verzichtet ganz bewusst auf die Nummer im Titel und nennt sich stattdessen Origins, weil er euch genau da abholen soll, wo ihr möglicherweise steht: bei Null.
Um das zu schaffen, riskiert das Spiel aber auch den Groll vieler altgedienter Fans, denn die Devs drehen das Erfolgsrezept radikal auf links. Was erwartet Actionfans da also konkret?
Auf der Suche nach Antworten bin ich zu einem Anspiel-Event nach Frankfurt gegondelt und habe zig Stunden im neuen Dynasty Warriors versenkt – und das unter den denkbar ungünstigsten Bedingungen, doch dazu gleich mehr.
Wer bezahlt die Reisekosten? Koei Tecmo hat uns über Nacht nach Frankfurt eingeladen, um im Hotel Dynasty Warriors zu spielen. Koei hat Kost und Logis übernommen, aber keinerlei Einfluss auf die Berichterstattung.
Was ist Dynasty Warriors: Origins konkret?
Bevor ich euch mein Leid klage, klären wir erstmal die Grundlagen. Dynasty Warriors: Origins ist ein sogenanntes Musou-Spiel, also im Kern ein Beat 'em Up, in dem ihr Horden von Gegnern in epischen Schlachten umhaut, euren Charakter samt Bewaffnung levelt und im nächsten Gefecht noch besser abschneidet.
Dynasty Warriors hat das Genre vor über 20 Jahre nicht nur begründet, sondern hält seitdem auch am immer gleichen Szenario fest: der chinesischen Ära der drei Reiche (etwa 180 bis 280 n. Chr.), in der haufenweise Fraktionen gegeneinander in den Krieg zogen. Diese populäre Ära teilt sich das Spiel beispielsweise mit Total War: Three Kingdoms oder Wo Long: Fallen Dynasty. Die Faszination des Szenarios bekommt ihr in diesem Video erklärt:
In Dynasty Warriors gibt's in der Regel keinen Hauptcharakter. Stattdessen kloppt ihr euch durch mehrere Kampagnen und erlebt die Ära der Drei Reiche in erster Linie durch Dutzende Schlachten aus Sicht der unterschiedlichen Kriegsherren und Offiziere. Namen wie Cao Cao oder Lu Bu habt ihr vielleicht schon mal gehört. Im letzten guten Serienteil – Dynasty Warriors 8 – gab es zum Beispiel über 80 spielbare Akteure und mehr als ein halbes Dutzend Kampagnen.
Doch Dynasty Warriors: Origins wirft sehr viel davon über Bord.
Was macht Dynasty Warriors: Origins anders?
Dynasty Warriors: Origins setzt das Messer an. Statt 80 Charakteren spielt ihr kaum mehr als acht - und selbst das ist halbe Mogelei, denn streng genommen verbringt ihr die meiste Zeit der Kampagne mit einem einzigen Hauptcharakter: einem namenlosen Helden ohne Gedächtnis, der in die historischen Wirren der Drei Reiche verwickelt wird.
Namenloser Held klingt erstmal nach dem größten Gaming-Klischee, seit es Gothic gibt, aber tatsächlich ist die Story in meinen Augen bisher eine der größten Stärken des Spiels: Ihr bekommt hier eine fokussierte Geschichte mit haufenweise Zwischensequenzen, die euch das Szenario endlich mal näher bringt. In bisherigen Serienteilen vergingen zwischen zwei Missionen gerne mal Jahre, dauernd wechselt irgendwer die Seiten und selbst nach Dutzenden Spielstunden versteht man eigentlich nur Bahnhof, obwohl es damals noch gar keine Bahnhöfe gab.
Origins setzt hier einen viel klareren Rahmen. Die Kampagne deckt auch nicht die vollen rund 60 Jahre der Ära ab, sondern beginnt mit dem Aufstand der Gelben Turbane und endet mit der berühmten Schlacht bei Xiapi, in der Lu Bu (quasi der Darth Vader der Drei Reiche) final auf die Mütze bekommt. Die Story endet also noch vor dem großen Krieg zwischen den Drei Reichen.
Auch da wird mancher Serienveteran vielleicht Luft holen, aber ich halte das für genau die richtige Richtung: In den ersten Anspielstunden bekomme ich viel klarer porträtiert, wieso die Gelben Turbane, die ja eigentlich den korrupten Kaiserhof umstürzen wollen und damit zu den »Guten« gehören, im Spiel letztlich als Schurkenfraktion bekämpft werden.
Die Entwickler können sich viel besser auf konkrete Charakterentwicklungen konzentrieren – beispielsweise bei den Hauptakteuren Cao Cao und Liu Bei –, weil sie nicht permanent riesige Zeitsprünge vollführen müssen. Klar, Dynasty Warriors bleibt Dynasty Warriors, erwartet also kein tiefschürfendes Charakterdrama. Aber wer mit den Drei Reichen bisher nichts anfangen konnte, wird das mit Origins ändern können, ohne parallel YouTube-Videos und Wikis zu wälzen. Hach, die Kids von heute haben es so gut.
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