Eine grundlegende Regel für Spielspaß und Motivation lautet: »Easy to learn, hard to master!« Für Videospiele bedeutet das, dass die Lernkurve anfangs sanft ansteigen sollte und erst im späteren Verlauf anzieht. Zitat eines Spielers zu Evochron Legacy: »Zumindest frühere Evochron-Teile machen aus dem 'Leicht zu lernen, schwer zu meistern' eher ein 'Fast unmöglich zu lernen, noch schwerer zu meistern'«. Gilt das auch für Evochron Legacy, den neuen Weltraum-Simulations-Serienteil von StarWraith 3D Games? Wir haben den Test gewagt.
Lernen bis der Schlaf kommt
In Evochron Legacy müssen wir uns zu Beginn eigentlich nur für eine lose definierte Anfangs-Rolle (etwa Söldner oder Kampfpilot) und für eine der beiden Fraktionen (Allianz oder Föderation) entscheiden. Beide Gruppen zerbeulen sich in den endlosen Weiten des Alls die Raumschiffhüllen und kämpfen um die Vorherrschaft. Aliens gibt's auch noch, aber denen begegnen wir erst später. Damit ist die Story abgefrühstückt, der Rest ist Sandbox.
Doch halt: Wer glaubt, er könne jetzt einfach so losfliegen, der ist auf einer Holzstation. Zwar starten wir in einem sicheren System der jeweiligen Fraktion und werden nicht direkt gezwungen, Lasersalven mit KI-Assen auszutauschen. Aber schon der erste Blick auf die Benutzeroberfläche, also die Schiffsanzeigen und das HUD, dürfte bei serienfremden Spielern automatisch massive Fluchtreflexe auslösen.
Kommando zurück, ab ins Tutorial. Ja: Es gibt immerhin ein Tutorial. Nein: Es wird dadurch nicht leichter, ins Spiel zu finden. Im Gegenteil: Dass es ausschließlich auf Englisch ist, wäre vielleicht noch kein Problem, aber das Tutorial ist eine wahnsinnige Textwand, die obendrein so angelegt ist, dass man auch gleich dem hochdetaillierten Vortrag eines Professors über die Relativitätstheorie lauschen könnte - während der Vorlesungs-Geschwindigkeitsrekord brechen will.
Wir brauchten viel Zeit, um dieses Tutorial-Monster durchzuarbeiten und sind dabei mehrfach beinahe eingeschlafen. Denn der reine, teils hochwissenschaftlich anmutende Textteil ist enorm!
Ganz unnütz ist die Lernerei trotzdem nicht. Evochron Legacy enhält reihenweise Feinheiten, nicht zuletzt bei der Steuerung der Schiffe. Vertikale und horizontale Geschwindigkeit müssen im Auge behalten und die Trägheit des Schiffs beim Anflug auf Objekte wie Raumstationen oder bei Richtungswechseln einberechnet werden.
Dynamische Stabilitätsprogramme brauchen ständige Konfiguration und die Navigation im dreidimensionalen Raum erfolgt komplett über die X-, Y- und Z-Achsen. Das geht soweit, dass wir für jede Achse eine genaue Zahl eingeben können. Wer sich die Grundlagen der Steuerung und der Navigation nicht vorher reinzieht, der dümpelt schnell hilf- und orientierungslos im All herum.
Präsentation und Benutzerführung: Vorsintflutlich
Der Start ins äußerst technische Weltraumspektakel ist ernüchternd, wenn man das Spiel mit Elite: Dangerous oder Star Citizen vergleicht. Allerdings ist das auch ein extrem unfairer Vergleich, denn hinter Evochron Legacy steht nur ein einzelner Entwickler, der nicht einmal ansatzweise über die Mittel seiner Konkurrenten verfügt.
Trotzdem: Die Texturen sind ziemlich mau und die Benutzeroberfläche überfrachtet und unübersichtlich. Unendlich viele, teilweise winzig kleine Anzeigen lassen gerade zu Beginn den Finger zitternd über dem Exit-Button zucken. Dazu geizt das Spiel mit Informationen: Wer nicht konzentriert mitdenkt oder Webseiten und Foren nutzt, der wird unweigerlich in das schwarze Loch des totalen Frusts gerissen. Das sind ja gute Voraussetzungen, oder?
Evochron Legacy: Ein weißer Zwerg
Weiße Zwerge sind verhältnismäßig kleine Sterne, die aber eine extrem hohe Masse aufweisen. Der Vergleich trifft perfekt auf Evochron zu, denn während das Spiel in Präsentation und Benutzerführung ein ziemlicher Zwerg ist, besitzt es auf der anderen Seite eine extrem hohe inhaltliche Masse.
Neben den beiden Hauptquests, die unbedarfte Piloten voll ins kalte Wasser mangelnder Aufgabendetails werfen, gibt es jede Menge Missionen, die wir in den Stationen annehmen können. Beispielsweise durften wir mit unserem Traktorstrahl auf Planetenoberflächen Vögel und Schmetterlinge einfangen.
Ach, hatten wir schon erwähnt, dass nahtloses Raum-zu-Planet-Reisen möglich ist? Sogar der Anflug folgt physikalischen Gesetzen: Sind wir beim Eintritt in die Erdatmosphäre zu schnell, verglüht unser Schiff wie Weltraumschrott. Sind wir innerhalb der Planetengravitation dagegen zu langsam, stürzen wir ab. Wettereffekte wie schwere Stürme können unser Raumschiff übel durchschütteln, so dass der Anflug auf Städte uns manchmal zu akrobatischen Höchstleistungen am Joystick (oder Maus/Tatstaur) zwingt.
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