Gothic Remake: Im neuen Trailer steckt eine geheime Botschaft

Zweieinhalb Minuten zeigt der neue Trailer zum Gothic Remake das Alte Lager. Auf den ersten Blick eher unspektakulär, aber wer genau hinschaut, versteht die Botschaft.

Ich fühle mich ein bisschen wie im Fight Club, wenn ich den neuesten Trailer zum Gothic Remake schaue, den Publisher THQ Nordic im Rahmen seines 2023er Showcase-Events vom Stapel lässt. Zweieinhalb Minuten verfolgt die Kamera irgendeinen unsympathischen Halunken, der durch das Alte Lager flaniert und dumme Sprüche klopft, bis er am Ende volles Pfund aufs Maul bekommt.

Und wie beim Fight Club denke ich mir: Wer nicht zu den Eingeweihten gehört, checkt im Leben nicht, was hieran spektakulär sein soll. Wer Gothic 1 nicht gespielt hat, dürfte nach dem Trailer müde mit den Achseln zucken, es gibt ja nicht mal echtes Gameplay, echte Story zu sehen.

Bloß ein paar halbstarke Proleten, die sich in einer verwahrlosten Bretterbudensiedlung prügeln, gegenseitig in die Suppe spucken, den Geldbeutel abluchsen, nur um danach zu zetern, wie beschissen das Leben ist. Und das alles in einer Optik, die zwar deutlich opulenter als das Original von 2001 erstrahlt, aber in direkter Konkurrenz zu Baldur's Gate 3 und Co. im Jahr 2023 keinen Blumentopf gewinnt.

Doch Entwickler Alkimia Interactive geht's gar nicht darum, den ganz großen Rollenspiel-Platzhirschen den Stinkefinger zu zeigen. Noch nicht. Der neue Trailer zum Alten Lager ist eine Botschaft für Leute wie mich, Leute aus dem Fight Club aka alteingesessene Gothic-Fans. Und diese vermeintlich geheime Botschaft steckt fast in jedem Frame des zweieinhalbminütigen Trailers. Sie lautet: Wir verstehen, was ihr wollt.

Gothic wie früher

Gothic, das ist raue Atmosphäre, grobe Haudraufs, das sind Langfinger, Drecksäcke, Bretterbuden, dumme Sprüche - und selbst wenn ihr die Rollenspielserie nie selbst gezockt habt, werdet ihr wahrscheinlich schon von genau diesen Dingen gehört haben, deshalb spare ich euch die immergleiche Tour, was Gothic so einzigartig macht. Nur so viel: All das steckt auch im Trailer.

Gothic Remake: Der 2023er Trailer zeigt das Alte Lager, wie ihr es noch nie gesehen habt Video starten 2:26 Gothic Remake: Der 2023er Trailer zeigt das Alte Lager, wie ihr es noch nie gesehen habt

Hier ein paar Beispiele:

  • Bei 0:44 hört ihr zwei Haudegen im Hintergrund Nothing ever changes zetern, also wird's auch im Remake das typische, ungemein atmosphärische Plattitüdengebrabbel geben à la Ist doch eh alles immer dasselbe.
  • Bei 0:50 entscheidet sich die Hauptfigur des Trailers spontan, sich ins Haus eines unachtsamen Buddlers zu schleichen, um die Truhen auszuräumen. Der Besitzer erspäht den Unruhestifter jedoch und droht ihm Knüppelschläge an. Das bestätigt nicht nur ein genauso dynamisches Schleichsystem wie damals, sondern drückt auch augenzwinkernd Verständnis für mich als Spieler aus: Exakt so haben wir Gothic-Spielerinnen und -Spieler nämlich damals nonchalant jede Bude leergeräumt.
  • Bei 1:20 seht ihr die klassischste aller Gothic-Szenen. Ein paar Buddler am Lagerfeuer, sie braten einen Scavenger, daneben steht ein Sumpfspinner, vielleicht Baal Taran oder Baal Parvez, um die Ungläubigen zum Schläfer zu bekehren.
  • Ab 1:44 gibt's im Hintergrund eine Kampfszene, die klar illustriert: Streitereien werden im Alten Lager geregelt wie früher. Wenn ich wem ohne Provokation aufs Maul haue und der Kontrahent sein Schutzgeld zahlt, dann werde ich eben abgestochen. So ist das Leben.

Aber der Trailer blickt nicht nur zurück, er restauriert nicht nur Vergangenes, sondern zur Botschaft Wir verstehen, was ihr wollt gehört natürlich auch die eigentliche Mission des Remakes: ein Gothic für die Zukunft zu entwickeln. Und auch das zeigt der Trailer.

Gothic von morgen

Im Alten Lager herrscht eine raue Regentschaft. Schon im Original erfahre ich, dass Gardisten wie Bloodwyn die armen Buddler elendig ausbeuten, Schutzgeld erpressen - aber das Remake könnte es mir zeigen, wie es damals einfach nicht möglich war. Im Trailer seht ihr ab Minute 1:00 beispielsweise, wie ein Gardist - vielleicht wirklich Bloodwyn - einen Buddler aus dessen Bude schleudert, an die Wand presst und ihm das Erz aus dem Leib prügelt.

Am Lagerfeuer sehe ich bei 1:25, wie die Leute Schlange stehen und der Quartiermeister absolut keine Extrafleischwanze zu verschenken hat. In der Arena ab 1:52 existieren jetzt Zuschauerränge, auf denen Leute die Kämpfenden anfeuern, Wetten abschließen, sich die Hucke vollsaufen - vor 23 Jahren existierte noch nichts davon.

Das Gothic Remake kann zwar technisch mit keiner 200-Leute-Produktion konkurrieren, liefert aber genau das Mehr gegenüber früher, das ich mehr als Fan wünsche. Das Gothic Remake kann zwar technisch mit keiner 200-Leute-Produktion konkurrieren, liefert aber genau das Mehr gegenüber früher, das ich mehr als Fan wünsche.

Und das will der Trailer demonstrieren: Was ich mir früher in meinem Kopf vorstellen musste, macht das Remake zur Wirklichkeit. Es baut da aus, wo selbst die fantastische Atmosphäre eines Gothic damals Abstriche machen musste.

Alleine in der allerersten Einstellung des Trailers picke eine Krähe die Knochen eines Skeletts sauber, das in einem Käfig vor sich hin schimmelt. Im Hintergrund von 0:22 hockt ein krakeelender Typ auf einem Getreidekarren, bei 00:40 erblicke ich Kisten voller Äpfel, die von A nach B transportiert werden. Nichts davon gab es im Original.

Natürlich reden wir hier von einem komplett inszenierten In-Engine-Trailer. Aber der deckt sich exakt mit dem, was mir Kai Rosenkranz und Reinhard Pollice vor einem Jahr über die Vision des Remakes erzählt haben. Und mit dem, was bereits der Trailer zu Mine illustrieren wollte: Wir wissen, wie wichtig euch Details sind.

Ich persönlich bin wirklich guter Dinge. Und ihr?

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