Hitman 3 kann einen als Fan traurig machen. Zumindest hier in der Redaktion. Bei jeder neuen Hitman-Meldung müssen wir tief einatmen und entscheiden: Probieren wir das Thema nochmal? Denn Hitman-Artikel und -Videos haben es schwer! Kaum jemand liest sie, generell findet der Release von 47s neuem Abenteuer ziemlich unter dem Radar statt. Woran liegt das?
Klassische Schleichspiele fristen generell (wie passend) ein Schattendasein, weil sie für viele Leute überflüssig geworden sind. Jedes zweite Open-World-Action-Adventure hat eine eigene Stealth-Mechanik - und noch so viel mehr. Ballereien, Fahrzeuge, Parkour-Akrobatik, und, und, und. Wieso da einem Killer-Glatzkopf den Vorrang geben, dessen einzigartiges Talent darin besteht, die Hosen anderer Leute anzuziehen?
Wir sagen's euch: Weil schon Hitman 2 ist ein fantastisches Stealth-Spiel war! Kein Mischmasch aus zig Genres, sondern Meister einer einzigen leisen Kunst. Und nachdem wir die ersten zwei von sechs Szenarien in Hitman 3 gespielt haben, können wir noch ergänzen: Das wird sich auch beim Nachfolger aller Voraussicht nach nicht ändern. Sollten die übrigen Mission das Niveau der Auftakt-Aufträge Dubai und Dartmoor halten, dann wird 47s insgesamt neues Abenteuer all das, was Fans sich wünschen.
Ob es den Rest der Community bekehren kann, steht allerdings auf einem ganz anderen Blatt.
Mehr zu Stealth: Dass das Stealth-Genre Gefahr läuft, gänzlich zu verschwinden, besprechen wir noch ausführlicher um klammheimlichen Schleich-GameStar-Podcast zum Thema Stealth.
Wie funktioniert Hitman 3?
Denn Hitman 3 macht sich gar nicht erst die Mühe, sich bei Frischlingen anzubiedern. Wo der Vorgänger uns in Miami noch sorgfältig an die Hand nimmt, gibt's in den luftigen Höhen von Dubais Burj-Al-Ghazali-Wolkenkratzer bloß eine kleine Auffrischung, während 47 an der Außenfassade entlangkraxelt. »Drücke X, um übers Geländer zu steigen.« »Leertaste zum Hochziehen.« Doch sobald wir die Innenräume betreten, heißt es: Schau selbst, wie du die zwei Zielpersonen umbringst.
Agent 47 vergiftet Drinks, lässt Kronleuchter herabstürzen, betätigt den Feueralarm oder verkleidet sich als Leibwächter, um möglichst nahe an die Zielperson heranzukommen. Wer den Sniper-Koffer mitbringt, muss die riesigen Levelareale aus dem Effeff kennen, um eine Schussposition zu finden. Je mehr Erfahrung ihr als Spieler oder Spielerin in einer Mission gesammelt habt, desto kreativer werden eure Möglichkeiten.
Fans der Vorgänger beten diese Tricks wahrscheinlich flüssiger runter als das Geburtsdatum ihrer Eltern. Hitman 3 bleibt sich überall treu, verbessert aber vor allem die sogenannten Story-Missionen, also von den Entwicklern geskriptete Kill-Möglichkeiten, die wir erstmal freispielen müssen. Und die sind großartig!
Im englischen Adelshaus mitten in den Sümpfen Dartmoors kann sich Agent 47 beispielsweise (wie passend) als Detektiv verkleiden. Wir sollen eigentlich die Hausherrin umbringen, aber um ungestört mit ihr allein zu sein, müssen wir erst unsere Rolle spielen: Ein Mordfall soll aufgedeckt werden! Agent 47 muss also einen Mord für die Hausherrin aufklären, um selbige ungestört ermorden zu können. Das ist auf so vielen Ebenen famos.
Und diese Aufgaben müssen wir dann auch tatsächlich spielen. Als Detektiv untersucht 47 die Zimmer des Anwesens, spricht mit Verdächtigen, sammelt Hinweise - und entscheidet am Ende selbst, wen er beschuldigen will. Hier geht Hitman 3 noch weiter als die beiden Vorgänger. Tolle Sache. Doch abseits davon sind die echten Neuerungen eher okay statt herausragend.
Was ist mit VR? Hitman 3 bringt einen (bisher nur für PlayStation angekündigten) VR-Modus, mit dem ihr die gesamte aktuelle Hitman-Trilogie aus der Ego-Sicht erleben könnt. Wir hatten noch keine Gelegenheit, diesen Modus auszuprobieren, aber der Trailer verspricht eine ziemlich einzigartige Erfahrung.
Was ist wirklich neu in Hitman 3?
47 hat jetzt beispielsweise eine kleine Kamera, mit der er Hinweise und Elektronikkonsolen scannen und manipulieren kann. Ajo. Hätte das Spiel unserer Meinung nach nicht gebraucht. Ein bisschen nützlicher sind da die neuen Abkürzungen, die sich wie in Dark Souls (ja, wir vergleichen Hitman mit Dark Souls, was wollt ihr jetzt machen?) dauerhaft freischalten lassen. Löst ihr in Dubai beispielsweise eine Leiter aus der Verriegelung, könnt ihr in nachfolgenden Playthroughs direkt die kürzere Route über die Sprossen wählen.
Diese Neuerungen lösen aber nicht das große Dilemma der Hitman-Serie. Denn Neulinge werden immer noch die Nase rümpfen: »Wieso ist das Schießen so sperrig? Warum die Bedienung so ungelenk? Die KI so berechenbar? Und wenn ich einfach nur der Story-Mission folge, kann ich die Mission ja in 30 Minuten durchspielen. Toll. Und dafür dann so viel Geld ausgeben.«
Woraufhin der Fan seit Jahr und Tag entgegnet: »Hitman ist eine Sandbox. Und das erste Durchspielen bloß ein Vorgeschmack. Es geht nicht darum, dass du es schaffst, sondern wie. Schießen soll schwer sein. Die KI muss berechenbar sein. Und viel wichtiger als jede Gameplay-Neuerung sind doch die neuen Schauplätze! Dubai. Dartmoor.«
Unser komplett ausgedachter Fan hat durchaus Recht: Die neuen Schauplätze sind das Highlight von Hitman 3. Dubai erinnert an die erste Paris-Mission aus Hitman (2016). Groß, nicht ausufernd. Opulent, aber umso zerstörbarer. Dartmoor verströmt hingegen einen ganz eigenen Charme: Ältere Semester wie wir denken da an ein Anathema aus Hitman 2 (von 2002) oder ans unvergessliche Beldingford Manor aus Hitman Contracts. Nur eben viel, viel größer. Eine verschachteltes Anwesen voller Geheimgänge, Geheimnisse, Leichen im Keller. Fantastisch!
Für wen lohnt sich Hitman 3?
Hitman 3 wird nichts am Status Quo von Hitman ändern. Bei keiner Mission denkt man: »Hui, die hätte es in Hitman (2016) auf keinen Fall schon geben können.« Hitman 3 ist eben die dritte Staffel eines Killer-Konzepts, das bereits vor fünf Jahren gestartet wurde, das Finale der Geschichte um Providence, den Shadow Client und 47s Vergangenheit.
Für Neulinge könnte Teil drei trotzdem spannend sein, sofern die Vorgänger auf eurem Pile of Shame versauern. Wer Hitman 3 startet, kann aus dem Menü heraus nämlich alle Inhalte aller Spiele seit 2016 starten - und die bisherigen Freischaltungen aus Hitman 2 importieren. Dadurch erhaltet ihr ein Gesamtpaket, das zwar einiges kostet (ihr müsst Hitman 2 und das Legacy Pack besitzen), aber euch die umfangreichste Killer-Sandbox aller Zeiten an die Hand gibt. Selbst wenn ihr die Trilogie einfach nur durchspielt, seid ihr damit wahrscheinlich mindestens 20 Stunden beschäftigt.
Und ihr solltet die neue Hitman-Trilogie auf keinen Fall einfach nur durchspielen. Verliert euch in der Sandbox, experimentiert mit den absurden Möglichkeiten. Beschuldigt in Dartmoor Leute, die überhaupt nicht am Mord beteiligt sind, nehmt in Dubai am Messerwurf-Bewerbungsgespräch teil und, und, und. Schon die ersten Missionen von Hitman 3 entfalten die gleiche Faszination, die die Vorgänger so großartig macht. Sollten die restlichen vier Aufträge das Niveau halten, dann bekommt 47s für seinen finalen Auftrag definitiv den Gehaltsbonus. Und es wäre wirklich schade, wenn letztlich nur wenige Fans was davon haben.
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