Hass im Netz ist ein allgegenwärtiges Problem, das nur gemeinsam angegangen werden kann. Aus diesem Grund stellen wir bei GameStar immer wieder Initiativen gegen Hass und Hetze vor, um aufzuzeigen, dass ihr bei dem Thema nicht allein seid.
Im folgenden Artikel haben wir mit der zivilgesellschaftlichen Initiative #ichbinhier gesprochen. Deren Mission ist es, Hass im Netz organisiert zu deeskalieren und sich für von Online-Hass Betroffene starkzumachen. Der gemeinnützige Verein setzt sich für eine bessere Diskussionskultur ein und bietet Bildungsangebote zum Thema an.
GameStar: Wie lange gibt es euch schon? Wie seid ihr entstanden?
#ichbinhier: 2016 gründete Hannes Ley die Facebook-Gruppe #ichbinhier, um der ungehinderten Verbreitung von Hass in den Kommentarspalten auf Facebook gemeinschaftlich und organisiert zu begegnen.
Inspiriert wurde er dabei von der schwedischen Gruppe jagärhär. Aus dieser zivilgesellschaftlichen Online-Initiative entstand ein Jahr später der Verein ichbinhier e.V., der seither die Arbeit der Facebook-Gruppe unterstützt. Aktuell zählt die Facebook-Gruppe knapp 40.000 Mitglieder, die mit Mitteln der digitalen Zivilcourage gegen Online-Hass auf Facebook vorgehen.
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GameStar: Worauf liegt euer Fokus?
#ichbinhier: Unser digitales Engagement richtet sich in erster Linie darauf, Online-Hass schnell und effektiv zu entkräften, sodass alle Menschen weiterhin gerne an Onlinedebatten teilnehmen.
Im Kern geht es uns dabei um den Schutz und die Verteidigung der Demokratie im digitalen Raum. Dabei stehen diejenigen Menschen und Menschengruppen im Mittelpunkt, die besonders häufig von Online-Hass betroffen sind und deren Meinung durch Hass zurückgedrängt werden soll. Daher liegt unser Fokus auch darauf, den Betroffenen von Hass im Netz öffentlich den Rücken zu stärken.
Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke, Medienvertreterinnen und -vertreter, sowie politische Entscheidungsträgerinnen und -träger für das Thema Hass im Netz zu sensibilisieren und zu erklären, wie man digitale Zivilcourage leistet.
Wir bieten ihnen in unseren Bildungsformaten praktische Werkzeuge an, um Online-Hass zu erkennen, zu entkräften und ihm eventuell vorzubeugen.
GameStar: Wie helft ihr Betroffenen? Wer kann sich an euch wenden?
#ichbinhier: Zum einen solidarisieren wir uns täglich online in den Kommentarspalten mit Betroffenen von Hass und Diskriminierung. In der Regel sind das Menschen oder Menschengruppen, die weiblich, nicht-deutsch oder queer gelesen sind, da diese besonders häufig von Online-Hass betroffen sind.
In der Vergangenheit haben wir außerdem gezielt Organisationen und Personen, die in der Öffentlichkeit stehen, unterstützt, wenn diese von einem Shitstorm betroffen waren. Dazu zählen zum Beispiel Renate Künast, das Miniaturwunderland und Ralph Ruthe. Dazu bräuchten wir aber aktuell noch mehr Engagierte, die uns insbesondere organisatorisch unter die Arme greifen.
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GameStar: Wie kann man euch unterstützen?
#ichbinhier: Die Arbeit in der Aktionsgruppe ist rein ehrenamtlich organisiert. Wir suchen immer Menschen, die digitale Zivilcourage leisten möchten und damit Menschen unterstützen, die von Online-Hass betroffen sind. Dazu kann man einfach einen Antrag zur Aufnahme in unsere Facebook-Gruppe #ichinhier stellen.
Darüber hinaus suchen wir Ehrenamtliche, die uns organisatorisch unterstützen, denn wir planen neue Formate der digitalen Zivilcourage sowie die Ausweitung unseres Engagements auch auf andere Plattformen.
Wer dazu keine Zeit hat, kann gerne die Menschen mit einer Spende unterstützen, die täglich unser Uhrwerk am Laufen halten und unsere Ideen und Projekte voranzubringen. Wir freuen uns über jede noch so kleine Spende!
Spendenkonto:
ichbinhier e.V.
Hamburger Volksbank eG
IBAN: DE40201900030035025204
GameStar: Was kann jede und jeder gegen Hass tun?
#ichbinhier: Bei nicht strafbaren Inhalten ist es wichtig, nicht emotional auf den Hass einzugehen. Stattdessen könnt ihr positive Kommentare durch Likes unterstützen oder selbst einen Beitrag verfassen, der die Diskussion konstruktiv weiterführt. Wenn möglich, zeigt in euren Kommentaren direkte Solidarität mit den Betroffenen. Denkt immer daran: Liebe ist stärker als Hass.
Bei strafbaren Inhalten gilt zusätzlich: Meldet diese oder erstattet Anzeige.
GameStar: Was sind eurer Meinung nach die besten Maßnahmen, um sich selbst vor Hass zu schützen?
#ichbinhier: Hass ist online leider weit verbreitet, und fast jede und jeder hat bereits damit zu tun gehabt. Vollständig schützen kann man sich leider nicht, wenn man öffentlich sichtbar sein möchte.
Um im Ernstfall den Schaden zu minimieren, kann man jedoch im Vorfeld einige Vorkehrungen treffen. Dazu gehört, das eigene Social-Media-Verhalten zu überprüfen:
- Welche Informationen teilt man, die einen angreifbar machen könnten?
- Wie öffentlich sind die eigenen Profile?
Unserer Erfahrung nach ist es hilfreich, private Informationen online auf ein Minimum zu reduzieren, denn somit schützt ihr eurer Leben auch außerhalb des Netzes. Wir dürfen ja nicht vergessen, dass Gewalt online bisweilen auch offline eskaliert.
Solltet ihr dennoch von Online-Hass betroffen sein, sprecht mit Familie und Freundinnen und Freunden darüber oder sucht euch professionelle Unterstützung wie etwa bei der gemeinnützigen Organisation HateAid. Es hilft auch sich immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es oft nur wenige laute Stimmen sind und dass das, was online gesagt wird, nicht die Realität widerspiegelt.
GameStar: Was muss sich unbedingt ändern (politisch, gesellschaftlich, plattformspezifisch etc.), um noch mehr Erfolge gegen Hass zu feiern?
#ichbinhier: Auf der einen Seite ist ein gesamtgesellschaftliches Umdenken nötig: Digitale Zivilcourage sollte zur alltäglichen Selbstverständlichkeit werden. Jede und Jeder sollte sich bewusst sein, dass man mit nur wenigen Klicks und Likes einen bedeutenden Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leisten kann.
Auf der anderen Seite müssen die Plattformen eine deutlich aktivere Rolle im Kampf gegen Hass und Desinformation übernehmen. Leider wird dieses Anliegen oft ignoriert, da Hasskommentare und kontroverse Inhalte das Engagement der Nutzerinnen und Nutzern steigern und somit profitabel sind.
Deshalb ist es unerlässlich, dass die Politik weiterhin Druck auf die Plattformbetreiber ausübt und klare Gesetze schafft, die diese zwingen, Hass und Hetze proaktiv zu regulieren.
Es kann nicht allein der Verantwortung der Zivilgesellschaft überlassen werden, dieses Problem zu lösen. Vielmehr muss ein breites gesellschaftliches Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass Hass im Netz ein gesamtgesellschaftliches Problem darstellt, das uns alle betrifft und auch in die reale Welt übergreifen kann – wie tragische Fälle, etwa der von Walter Lübcke, gezeigt haben.