Kleptomanen, Sammelwütige und diebische Elstern dürfen aufatmen: In Cyberpunk 2077 ist Diebstahl kein Verbrechen. Ihr dürft also alles einsacken, was in der Welt so rumliegt - ohne dass sich Polizei oder die mutmaßlichen Besitzer daran stören.
Warum das Diebstahlsystem ein komplexes Problem für die Entwickler darstellt und wieso man trotz Immersionsbruch darauf verzichten musste, erklärt uns Leveldesigner Miles Tost im GameStar Plus Podcast.
Diebstahl stellt die Entwickler vor Herausforderungen
Für die Entwickler ist Diebstahl ein schwieriges Thema. In der echten Welt natürlich irgendwo auch, allerdings müssen sie hier genau abwägen, wie die Figuren darauf reagieren. Stehlt ihr zum Beispiel von Kumpel Jackie, wäre eigentlich eine Reaktion angebracht. Aber wenn Jackie dann wütend auf euch ist, wirkt sich das dann auf die Story aus?
Genau wie die Dialogoptionen oder das Schweigen als weitere Möglichkeit, müsste Stehlen wieder eine eigene Antwort provozieren. Die Entwickler wollen dieses »zusätzliche Fass« laut Miles Tost deshalb gar nicht erst aufmachen. Es würde einfach zu viel Arbeitsaufwand mit sich bringen - bei einem Spiel, an dem es ohnehin genug zu tun gibt.
Trotzdem soll es sich im Spiel nicht völlig unglaubwürdig anfühlen. Damit die Spieler gar nicht erst in die oben beschriebene Situation kommen, reduziert CD Projekt Red zum Beispiel bewusst den Loot rund um wichtige Figuren. Wenn ihr stehlt, dann also meist von Fremden oder Leuten, die euch ohnehin gerne ein Bleigeschenk machen würden.
Wo Stehlen trotzdem Konsequenzen hat
Miles Tost betont aber, dass sich Gegenstände im Einzelfall durchaus so markieren lassen, dass ein Diebstahl Konsequenzen nach sich zieht - zum Beispiel, wenn man sich in einer von Gang-Mitgliedern kontrollierten Bar befindet.
Wer sich hier einfach alles in die Tasche steckt, bringt die Besitzer gegen sich auf. Das sei eine feste Instanz, in der sich laut Entwickler das Diebstahlsystem leicht umsetzen lasse - dann auch mit einer entsprechenden Reaktion. Auf Story-Ebene sei die Situation trotzdem schwierig mit einzubeziehen.
NPC-Reaktionen in der Open World seien aber ohnehin noch eine Baustelle für die Entwickler, an der weiter gearbeitet wird - auch im Bezug darauf, wie viele Sätze die Nebenfiguren parat haben, wenn man sie anspricht. Letztlich müssten die Entwickler hier aber zwangsläufig Abstriche machen - die Vertonung in unterschiedlichen Sprachen kostet schließlich und auch sonst fließt Arbeit in die Dialoge.
Neues von Gesprächen, Schleichen und Hacken, sowie den Kämpfen seht ihr in unserem Preview-Video mit massig Gameplay aus Cyberpunk 2077:
»Wir wollen nicht, dass der Spieler sich mit der Polizei anlegt.«
Das Fahndungssystem im Stil von GTA 5 sei einfach im Spiel, um die Welt glaubwürdiger erscheinen zu lassen. Es gewährleistet, dass Söldner oder Söldnerin V nicht einfach mit der Waffe im Anschlag rumlaufen und Unschuldige erschießen kann, ohne dass es Folgen nach sich zieht. Das passe weder zum Charakter, noch zum Spiel.
Wie hart die Polizei gegen Amokläufer vorgeht, zeigt sich bei den Cyberpsychos. Übertreibt man es mit den Cyberware-Implantaten, macht das einen wahnsinnig. Um diese Leute kümmert sich das »Psycho Squad«, eine Spezialeinheit der Polizei. Der Spieler selbst kann nicht zum Cyberpsycho werden. Verhält er sich aber so, bringt das ähnliche Konsequenzen mit sich. Verrückt oder nicht, für die Polizei ist man in dem Moment genau so ein Wahnsinniger.
Michael Graf konnte die vier Stunden lange Demo zum Auftakt von Cyberpunk 2077 bereits spielen. Obwohl die Reaktionen der Polizei laut Miles Tost dort noch deutlich gnädiger ausfallen als im fertigen Spiel, berichtete er sogar von Geschütztürmen, die (zumindest in reichen Wohngegenden) aus dem Boden fahren, wenn man es als Spieler übertreibt. Die Welt reagiert also durchaus auf Schwerverbrechen wie Mord.
Elena Schulz
@Ellie_Libelle
Für mich stellt eine fehlende Reaktion auf Diebstahl immer einen kleinen Immersionsbruch dar. Es ergibt einfach keinen Sinn, dass Leute mich schulterzuckend ihr Haus ausräumen lassen. Allerdings verstehe ich auch die Argumente der Entwickler gut: Gerade bei einer Open World müssen so viele Faktoren berücksichtigt werden, dass sich nicht alles einfach umsetzen lässt. Jedes Feature bringt einen Rattenschwanz an zusätzlichen Fragen und Problemen mit, die von den Designern gelöst werden müssen.
In The Witcher 3 reagierten die Wachen zwar darauf, wenn Geralt zum Langfinger wurde, letztlich ließen sich die Gesetzeshüter aber sehr leicht umgehen. Das machte für mich deshalb kaum einen Unterschied, gestohlen habe ich trotzdem fleißig. Zumal überall verteilte Beute in sich schon nicht sonderlich logisch wirkt - aber ohne fehlt für mich als Spieler wiederum der Anreiz, alles genau zu erkunden. Strotzt die Welt sonst vor Details und Möglichkeiten, kann ich diesen Kompromiss verschmerzen.
Bei Cyberpunk 2077 habe man aber einen anderen Anspruch an das Fahndungssystem als bei GTA: Dort stellt die Verfolgungsjagd mit Polizei oder gar Militär vor allem eine spannende Herausforderung für den Spieler dar - das Chaos gehört zum Spielspaß. In Cyberpunk soll man sich aber eigentlich gar nicht mit der Polizei anlegen und zieht hier schnell den Kürzeren. Denn die Story ist wichtig und hier ergäbe es trotz Implantaten einfach keinen Sinn, wenn eine einzelne Person ein ganzes Polizeiaufgebot samt Panzern aufhält.
Wie sehr die Figuren auf unterschiedliche Verbrechen reagieren, bleibe letztlich eine Abwägungssache zwischen Glaubhaftigkeit und Ressourcenaufwand. Bereits letztes Jahr hieß es zudem, dass zumindest Prügeleien zum Alltag in Night City gehören und deshalb nicht geahndet werden. Damit erscheint es ein wenig logischer, dass auch Diebstahl nicht unbedingt sofort zu einer Verhaftung führt. Die Metropole ist eben ein hartes Pflaster. Außerdem soll der Einfluss der Polizei in den unterschiedlichen Bezirken variieren.
Auch ohne Diebstahlsystem steckt die Open World übrigens voller spannender Details: Eines davon erklärte Miles Tost uns im Gespräch noch genauer.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.