Um es direkt anzusprechen: Der 2. DLC für Kingdom Come: Deliverance hat definitiv seine Schwächen - mehr dazu lest ihr in unserem DLC-Check zu den Amourösen Abenteuern des tapferen Sir Hans Capon. Gleichwohl findet ihr dort aber auch genau die Dinge, die mich schon im Hauptspiel begeistert haben und Kingdom Come in meinen Augen zu so einem einzigartigen Rollenspiel machen. Nichts versinnbildlicht das besser, als mein völliges Versagen in der Glücksspielhölle.
Denn auch das Scheitern kann sich herrlich anfühlen, wenn ein Spiel weiß, wie es Quests designen muss. Der Hans-Capon-DLC illustriert das wunderbar. Im Folgenden findet ihr ein paar, hoffentlich unterhaltsame Eckpunkte meiner Odyssee - dabei vermeide ich Details zur Story, allerdings werdet ihr unweigerlich auf ein paar Gameplay-Spoiler stoßen. Lässt sich nicht vermeiden.
Der Autor: Dimi mochte als Kind zwar 1,2 oder 3, in Videospielen puzzlet er sich aber lieber ganz eigene Zahlenkombinationen aus Pfaden zusammen. Spiele wie Hitman glänzen gerade dann, wenn man wie ein Depp improvisiert und trotzdem irgendwie durchkommt. Auch in Kingdom Come: Deliverance funktionieren solche skurrilen Ketten von Ereignissen. Super Sache.
Das große Versagen in Kingdom Come
Mein Ziel ist simpel: Hans Capon braucht ein verlorenes Familienerbstück zurück. Ich soll's finden. Und tatsächlich weiß ich auch rasch, wo der Klunker gelandet ist: In einem von Banditen betriebenen Würfelspiel-Casino, mitten im Wald. Unter falschem Namen schleuse ich mich dort ein und muss irgendwie an den ersten Preis - eben die Familienjuwelen - gelangen. Die Spielhölle selbst ist ein überschaubares Lager mit etwa einem Dutzend Wachen, ein paar Zockern und anderen NPCs.
Kingdom Come: Deliverance - The Amorous Adventures of Bold Sir Hans Capon - Screenshots ansehen
Mein erster Weg, den Klunker zu erringen, ist aufrichtig und ehrlich: Ich versuche, das Würfelturnier zu gewinnen. Leider erweist sich das als ziemlich unschaffbare Angelegenheit, denn Würfelspiele haben nun mal mit Glück zu tun. Und bei vier Kontrahenten und einem Punktelimit von 6.000 (dreimal so viel wie im Hauptspiel) zieht sich die Zockerei so in die Länge, dass mir bei jedem neuen Anlauf irgendwann das Glück ausgeht.
Außerdem beschleicht mich das Gefühl, dass einige meiner Gegner betrügen, diese Halunken. Gut, ich kann das Spiel nach meiner Niederlage auch einfach weiterlaufen lassen - aber mein Ego erträgt das rote »Quest gescheitert«-Kreuz nicht, deshalb lade ich wieder und wieder neu. Und denke mir eine andere Strategie aus.
Mit dem Kopf durch die Wand
Während Heinrich ratlos im Lager steht, erspäht er einen bewachten Durchgang. Und tatsächlich steht dort die Kiste mit den Wettbewerbspreisen. Ich muss nur irgendwie an der Wache vorbei. Also lege ich mich mit Heinrich ein paar Stunden auf die faule Haut, komme nachts wieder und will an dem Halunken vorbeischleichen. Keine Chance. Der Kerl erspäht mich wieder und wieder.
Also würge ich den Kerl von hinten. Klappt auch nicht, weil er einen eisernen Kragen trägt. Heinrich wird radikaler: Er zückt die Klinge, sticht auf den Schurken ein, doch der ruft prompt um Hilfe. Beim dritten Anlauf überlebe ich die ganze Geschichte mit Ach und Krach, schleppe mich verwundet zur nun unbewachten Truhe. Verschlossen. Und ich habe weder Dietrich noch das nötige Fertigkeitslevel. Ist ja famos.
Da steh ich nun, ich armer Tor - und bin so doof als wie zuvor. Aber gut, irgendwer muss ja den Schlüssel haben. Nur wie finde ich heraus, wer der Glückliche ist? Ganz einfach: Taschendiebstahl. Problem an der Sache: Das knappe Dutzend an Wachen, das jede Beutelschneiderei spornstreichs erkennt. Und dann stoße ich völlig zufällig auf meine ganz eigene Lösung für alle Probleme.
Kann man nicht ... alle abmurksen?
Ich stehe nachdenklich in der Glücksspielhölle, es ist später Abend, ich lasse den Blick durchs Lager schweifen - und erspähe einen schlafenden Wachmann in einem ziemlich toten Winkel. Und beim Stichwort »Tot« packt mich der Improvisationsgeist. Ich gebe dem Halunken heimlich noch eins auf die Rübe, damit er im Land der Träume bleibt, ziehe ihn in den Wald und ... bringe ihn dauerhaft zum Schweigen. Okay, eine von 12 Wachen wäre damit Geschichte.
Am nächsten Abend pennt an derselben Stelle wieder ein Wachmann, scheinbar ein Nachrücker. Ich wiederhole also meinen Tango des Todes und so werden aus elf nur noch zehn. Weniger Wachen bedeuten weniger Augen. Also fange ich an, die Würfelzocker zu beklauen und siehe da: Die Drecksäcke haben gezinkte Würfel! Die stecke ich mir schön in die Tasche und trete fair im Turnier an.
Und siehe nochmal da: Spielend leicht gewinne ich die ersten drei von vier Matches. Nur Nummer Vier kann ich einfach nicht beklauen. Also müssen mehr Wachen verschwinden. Ein paar Nächte später lebt tatsächlich kein einziger Bandit mehr im ganzen Lager. Auch nicht der Kollege, der die Truhe bewacht hat, denn auch er musste irgendwann mal schlafen. Und im Schlaf kriege ich sie alle!
Der süße Sieg
Das Blatt hat sich gewendet. Wo ich zu Beginn stets die Kontrolle verlor und scheiterte, kann ich mich jetzt vor Möglichkeiten kaum noch retten. Ohne nervige Wachen konnte ich den Veranstalter der Würfelspiele beklauen, habe den Schlüssel für die Schatzkiste, kann also locker reinspazieren und mich bedienen. Aus Spaß zocke ich aber vorher noch den härtesten Turnierspieler ab, dessen gezinkte Würfel (Diebstahl sei dank) schlussendlich auch in meiner Tasche landeten.
In meinen Augen sind die besten Quests die, in denen ich meinen ganz eigenen Weg finde. Dieses ganze Chaos von toten Wachen, Diebereien, gescheiterten Schleichaktionen und gezinkten Würfelspielen fühlt sich genau danach an: Nach meiner persönlichen Odyssee im Kingdom-Come-DLC. Großartig!
Gut, alternativ hätte ich auch einfach das Turnier verlieren und dem Sieger in den Wald folgen können. Denn wenn im Wald ein Zocker umfällt und es niemand mitbekommt - ist er dann wirklich umgefallen? Aber das wäre mir als Lösung fast schon zu simpel gewesen.
DLC-Vergleich: Was die erste Erweiterung From The Ashes bot
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Dein Kommentar wurde nicht gespeichert. Dies kann folgende Ursachen haben:
1. Der Kommentar ist länger als 4000 Zeichen.
2. Du hast versucht, einen Kommentar innerhalb der 10-Sekunden-Schreibsperre zu senden.
3. Dein Kommentar wurde als Spam identifiziert. Bitte beachte unsere Richtlinien zum Erstellen von Kommentaren.
4. Du verfügst nicht über die nötigen Schreibrechte bzw. wurdest gebannt.
Bei Fragen oder Problemen nutze bitte das Kontakt-Formular.
Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.
Nur angemeldete Plus-Mitglieder können Plus-Inhalte kommentieren und bewerten.