Seit einiger Zeit schon überbieten sich die Spielehersteller gegenseitig, wenn es darum geht, laut über sinkende Verkaufszahlen zu jammern. Und jeder will ein besseres Mittel dagegen gefunden haben. Besonders beliebt ist das Zauberwort »Online-Konto«: Wer spielen möchte, der muss sein ehrlich erworbenes Programm erst mit einem zuvor eingerichteten Konto über das Internet quasi »verheiraten«. Steam gehört zu den prominentesten Vertretern dieser Aktivierungs-Maschinerie. Doch selbst Valves prestigeträchtige Plattform konnte nichts gegen die steigende Zahl der Raubkopien ausrichten.
Der französische Hersteller Ubisoft reagiert und will in Kürze ein eigenes System starten, das illegale Kopien eindämmen, ja, auslöschen soll. Der Plan: Man werde jedem kommenden Ubisoft-Titel ein Tool beilegen, das als Schnittstelle zwischen dem Käufer und dem Spiel dient. Sie installieren das Programm, legen sich ein Konto an, aktivieren das Spiel über das Internet und dürfen anschließend loslegen. Ich konnte nach der Ankündigung kaum Luft holen, schon hatte Ubisoft Vorteile zuhauf parat: Die DVD muss nicht im Laufwerk liegen, ich darf das Spiel beliebig oft auf beliebig vielen Rechnern installieren, und selbst die Speicherstände werden online abgelegt, brauchen also nicht mehr mit einem USB-Stick umhergetragen zu werden.
Fertig? Gut, dann darf ich nun. Als so ambitionierter wie langjähriger Spieler dreht sich mir der Magen um. Nicht wegen Ubisofts lahmen Argumenten. Unbegrenzte Installationen? Was hier als Service verkauft wird, war mal Standard. Speicherstände überall abrufbar? Spiele ich Ghost Recon wirklich auf mehreren PCs? Eher nicht. Vielmehr stört mich etwas anderes: Schon wieder also eine neue Plattform. Obwohl mir bereits mein Games-Ordner überquillt vor lauter zusätzlicher Pflicht-Software. Steam, Games for Windows Live, der für GTA 4 benötigte Rockstar Social Club, oder Impulse, damit die Multiplayer-Balgerei Demigod überhaupt läuft. Noch krasser: Laut Ubisoft muss ich dauerhaft online sein, um überhaupt spielen zu können. Denn nur dann werden meine Fortschritte gespeichert. Im Klartext: Selbst bei Einzelspieler-Titeln ohne Online-Part wie etwa dem kommenden Assassin’s Creed 2 benötige ich eine ständige Verbindung zum Hersteller, sonst pausiert das Spiel, und gesichert wird auch nicht.
Abgesehen davon, dass die meisten Spieler ihre Speicherstände am liebsten auf der eigenen Festplatte haben wollen, stellt sich mir noch eine andere Frage: Zwar ist durch Ubisofts System gewährleistet, dass ich überall auf meine Fortschritte in Prince of Persia und Co. zugreifen kann. Aber auch jederzeit? Was ist, wenn die Ubisoft-Server gewartet werden (was regelmäßig gemacht werden MUSS) oder in Problemfällen erst gar keine Verbindung zustande kommt? Dann sitze ich vor einem teuer erkauften, aber nicht lauffähigen Spiel. Und diesen Gedankengang weitergesponnen: Wenn es künftig in Ubisofts Verantwortung liegt, Spielstände zu Abermillionen abzulegen, wird es dann Einschränkungen geben? Wenn ich an meinen Savegame-Ordner von Dragon Age: Origins denke, der satte 300 MByte wiegt, ist es durchaus im Bereich des Wahrscheinlichen, dass Ubisoft Grenzen zieht beziehungsweise ziehen muss, schließlich kosten Server Geld. Heißt es dann: Sie dürfen zehn Spielstände pro Spiel anlegen, mehr nicht? Zumal es angesichts solcher Datenmengen durchaus sein kann, dass ich weit länger auf das Laden meines Fortschritts warten muss, als wenn die Daten lokal gespeichert wären.
Abseits dieser Speicherstand-Gängelei stört mich, dass nach Electronic Arts und Activision Blizzard nun auch Ubisoft durch den Start eines eigenen Aktivierungssystems den Weiterverkauf von Spielen erschwert oder gar komplett unmöglich macht. Denn ist ein Programm erstmal mit meinem Konto verknüpft, werde ich es nicht mehr los. Private LAN-Parties dürften ebenfalls bald ausgestorben sein, und Spieler ohne Internetanschluss (soll es auch im Jahr 2010 tatsächlich noch geben) lässt die französische Firma ebenfalls außen vor. Ich bezweifle, dass Ubisofts Verkaufszahlen durch solche Methoden wieder ansteigen werden. Zum einen ist bislang jeder Kopierschutz rasend schnell ausgehebelt worden. Zum anderen dürften ehrliche Käufer einmal mehr von einem Hersteller vor den Kopf gestoßen werden.
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