Kontroverse um Atomic Heart: Die Vorwürfe gegen Entwickler Mundfish erklärt

Das kürzlich veröffentlichte Atomic Heart musste schon vor Release Kritik einstecken. Wir erklären, woher die Vorwürfe gegen die Entwickler kommen.

Dem russischen Entwicklerstudio Mundfish wird viel Skepsis entgegengebracht. Dem russischen Entwicklerstudio Mundfish wird viel Skepsis entgegengebracht.

Kurz nach der viel diskutierten Veröffentlichung von Hogwarts Legacy erscheint mit Atomic Heart ein Shooter, der im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg ebenfalls immer wieder für Diskussionen sorgt. Worum sich die Kontroverse in diesem Fall dreht und welche Vorwürfe gegen das Entwicklungsstudio Mundfish geäußert werden, fassen wir euch hier zusammen:

Den generellen Umgang unserer Redaktion mit kontrovers diskutierten Spielen erklärt euch Chefredakteur Heiko in seiner Kolumne.

Ein russisches Entwicklerstudio

Auf der offiziellen Website von Mundfish ist zu lesen, das Studio sei im Jahr 2017 auf Zypern gegründet worden. Tatsächlich ist es ein offenes Geheimnis, dass die Gründungsmitglieder und auch das Studio eigentlich aus Russland stammen. So haben beispielsweise CEO Robert Bagratuni und Art Director Artem Galeev zuvor bei Firmen in Moskau gearbeitet. Noch 2019 stellte außerdem ein YouTube-Video das Studio in Moskau vor, bei Minute 3:27 wird der Standort explizit erwähnt:

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Zu ihren Investoren zählen die Entwickler neben der chinesischen Firma Tencent außerdem Gaijin Entertainment (Publisher von War Thunder) und Gem Capital. Bei letzteren handelt es sich ebenfalls um russische Firmen. Gaijin Entertainment wurde 2021 die indirekte Finanzierung pro-russischer Separatisten im Donbass vorgeworfen. Der Publisher hatte Videos eines YouTube-Kanals gesponsort, der über die von Russland unterstützte, völkerrechtlich nicht anerkannte Volksrepublik Lugansk berichtete. Die entsprechenden Videos wurden schließlich offline genommen.

Ein führender Mitarbeiter von Gem Capital, Anatoliy Paliy, soll zuvor für den Konzern Gazprom gearbeitet haben. Gazprom wird wiederum von der russischen Regierung kontrolliert, die einen Anteil von über 50 Prozent am Unternehmen hält.

Insgesamt lässt sich also feststellen, dass Entwickler Mundfish stark in seinem Heimatland Russland verwurzelt ist, diesen Fakt aber lieber unerwähnt lässt. Außerdem deuten sich Verbindungen der Investoren zur russischen Regierung an, die aber nicht endgültig nachgewiesen werden können. Spätestens seit dem russischen Angriff auf die Ukraine weckt jedoch alleine schon die Herkunft des Studios Skepsis bei einigen Spielerinnen und Spielern.

Einen ausführlichen GameStar-Report zum Thema mit der Einschätzung eines Wissenschaftlers lest ihr hier:

Was sagt Mundfish?

Doch was sagen die Entwickler selbst zu dem Thema? Wenig überraschend hält sich Mundfish ziemlich bedeckt, sah sich aber wegen vieler Nachfragen gezwungen auf Twitter eine Stellungnahme zu veröffentlichen, die jedoch sehr diffus bleibt:

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Man sei ein Entwicklerstudio mit einem globalen Team und sei unwiederlegbar eine Pro-Friedens-Organisation, die sich gegen Gewalt gegen Menschen richte. Weiterhin wird ausgeführt, man wolle weder Politik noch Religion kommentieren. Die Aussagen lassen sich natürlich irgendwie als Stellungnahme gegen den Ukraine-Krieg verstehen, bleiben aber völlig unkonkret.

Angesichts der Folgen, die es für russische Bürgerinnen und Bürger haben kann, den Ukraine-Krieg zu kritisieren, bleibt es natürlich nachvollziehbar, dass ein russisches Unternehmen sich nicht öffentlich als Kriegsgegner zu erkennen geben will. Gleichzeitig ist auch die auf die Stellungnahme folgende Kritik verständlich, viele Fans hätten sich hier wohl eine eindeutigere Aussage gewünscht.

Ist Atomic Heart sowjetische Propaganda?

Doch was kommuniziert Atomic Heart über das Spiel selbst? Von mancher Seite ist zu hören, das Spiel würde die Sowjetunion glorifizieren, da es eine utopische Version der kommunistischen Diktatur erschaffe. Die Wiedererrichtung der Sowjetunion sei schließlich auch Putins Ziel, außerdem spielt man sogar einen KGB-Agenten, also einen Vertreter des damaligen Regimes.

Atomic Heart: Actionreicher Trailer zeigt neues Gameplay und Endbosse Video starten 2:46 Atomic Heart: Actionreicher Trailer zeigt neues Gameplay und Endbosse

Sieht man sich genauer Trailer, Bildmaterial und Lore an, lässt sich der Eindruck eines Propaganda-Spiels aber nicht unbedingt teilen.

Schon zu Beginn der Story wird die scheinbar utopische Gesellschaft von ihren eigenen Kreationen, den Robotern, angegriffen. Es handelt sich vielmehr um eine Dystopie, die mögliche negative Folgen gesellschaftlicher Entwicklungen oder neuer Technologien darstellt. Auch in unserem Test gewinnen wir den Eindruck, dass Atomic Heart nicht die Sowjetunion verherrlicht:

Spielerdaten für die russische Regierung?

Ein Bericht von der Website ain behauptete Anfang 2023, dass Mundfish laut seinen eigenen Datenschutz-Bestimmungen auf der Website des russischen Stores Benutzerdaten sammeln und sie möglicherweise an Russische Behörden wie den Geheimdienst FSB weitergebe.

Gegenüber Gamesradar widersprachen die Entwickler dieser Behauptung: Die zitierten Bestimmungen seien veraltet und falsch, man würde weder im Spiel noch auf der Website Nutzerdaten sammeln. Der Shop wurde außerdem abgeschaltet, um die Fans von der Integrität des Studios zu überzeugen.

Allerdings ging Mundfish in der Stellungnahme nicht darauf ein, ob zu einem früheren Zeitpunkt Daten gesammelt wurden.

Verdient Russland an Atomic Heart?

Auch wenn Mundfish keine direkten Verbindungen zum russischen Staat nachgewiesen werden können, ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Profite aus dem Verkauf von Atomic Heart teilweise auch in den Taschen der dortigen Regierung landen.

Das gilt etwa für die Verkäufe in Russland, wo das Spiel über die Plattform VKPlay vertrieben wird. Diese gehört zum Unternehmen VKontakte, das wiederum effektiv von Gazprom kontrolliert wird. Gazprom gehört schließlich zu über 50 Prozent dem russischen Staat.

Möglich ist ebenfalls, dass Russland über Verbindungen zu den Investoren von Mundfish von den internationalen Verkäufen profitiert. Hier ist die Lage allerdings uneindeutig.

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