- No One Lives Forever ist heute 20 Jahre alt, aber immer noch einzigartig.
- Der Ego-Shooter von Monolith Productions ist besonders in Deutschland wahnsinnig beliebt, war aber nur leidlich erfolgreich.
- Harald Fränkel hat das Spiel, das manch ein Tester damals besser als Half-Life bewertete, noch einmal durchgespielt und erklärt, woran die irre James-Bond-Parodie scheiterte
Wenn ich, ein typischer fränkischer Miesepeter, an den November 2000 denke, kommen mir viele Schicksalsschläge in den Sinn: Ich verschleuderte ganze zwölf Deutsche Mark für den Kinofilm »Blair Witch 2«, aus dem Radio quäkte ständig die Kakophonie eines Ex-Big-Brother-Insassen (»Es ist geil, ein Arschloch zu sein!«) und mein Personalausweis teilte mit, dass ich ab sofort alt bin. Sie grinste mich förmlich hämisch an, die böse 3 vorne.
Es sollte aber noch schlimmer kommen. Ja, altersmäßig auch, hauptsächlich jedoch, weil ich beruflich bedingt Tomb Raider: Die Chronik spielen musste. Das viel bessere No One Lives Forever (kurz: NOLF) aus dem Hause Monolith Productions (F.E.A.R.) holte ich erst für diesen Rückblick nach. Für Lara Croft, seit 1996 zur Ikone gereift, geriet der November 2000 zum Tiefpunkt ihrer Karriere: Der fünfte Teil der Reihe war der internationalen Presse gerade mal durchschnittlich 57 von 100 Punkten wert. Ein Desaster!
Als die britische Geheimagentin Cate Archer ab 9. November desselben Jahres im Ego-Shooter NOLF ihr erstes Abenteuer erlebte, schien der kommerzielle Erfolg im wahrsten Sinn des Wortes programmiert. Die NOLF-Protagonistin hätte den Platz der schwächelnden Frau Croft einnehmen können – wenn nicht müssen. Aber es sollte anders kommen - und das war unvermeidlich.
Der Autor
Der einstige PC-Action-Redakteur Harald Fränkel, in Verschwörungskreisen als Agent 08/15 bekannt, war nie ein besonders großer James-Bond-Fan. Die Filme »Der Spion, der mich liebte«, »Moonraker«, »Oktopussy« und »Sag niemals nie« gehörten eher zum jugendlichen Pflichtprogramm. Außerdem besaß er den weißen Lotus Esprit S1, der sich in ein U-Boot verwandelt, als Spielzeugauto. Für diesen Artikel qualifizierte er sich aus einem anderen Grund: Er gilt als Deutschlands Geheimdienst-Koryphäe, weil er alle Yps-Hefte mit Agenten-Gimmicks besitzt, unter anderem die Doppel-Lupe und das Fingerabdruck-Pulver, den Taschen-Tresor mit Geheimkombination, das Handbuch für Geheimagenten, die Geheim-Schreibstifte und natürlich das Pistolen-Buch mit Doppelschuss. Alles originalverschweißt. Natürlich.
Monolith machte mit NOLF eine gute Figur
Gut, mit den Maßen der Tomb-Raider-Reckin hält Cate Archer, eine Art Jane Bond, nicht mit. Was sogar ich als Mann besser finde! Immer wenn »Germany's Next Topmodel« läuft, renne ich aufgrund einer Übersprunghandlung zu einem Ententeich und werfe mit Brot. Die Online-Seite Bulimia.com hat die Figur von Lara Croft mal in die Realität übertragen und kam auf einen grotesken Brust-Taille-Hüfte-Wert von 99-46-84. Da lobe ich mir Agentin 85-60-95! (Übrigens ebenfalls geschätzt von einem anerkannten Fachkomitee, meiner Gattin nämlich.)
NOLF hat massenhaft Preise eingeheimst. Nicht wenige Journalisten sahen es anno 2000 auf einer Stufe mit dem bahnbrechenden Ego-Shooter Half-Life (1998), dem Vorzeige-Schleichspiel Dark Project: Der Meisterdieb (ebenfalls 1998) und Deus Ex. Das zuletzt genannte Cyberpunk-Meisterwerk erschien ganz kurz vor NOLF am 22. Juni 2000. Die Medienlandschaft eskalierte wegen Fräulein Archer (nachzulesen im Kasten »Das sagte die Presse«) und erhob das Spiel mit durchschnittlich 91 von 100 Punkten in den Adelsstand.
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