Ich habe riesiges Glück und bin umgeben von wunderbaren Menschen, die gerne Pen & Paper spielen. Schon zur Schulzeit habe ich mit anderen Nerds viele Stunden im Keller zwischen den Schließfächern verbracht, Zettel vor uns auf dem Boden ausgebreitet, Würfel und Taschenrechner in der Hand. Was von außen wie Mathehausaufgaben aussah, war in Wahrheit eine Reise in ferne Welten, wo ich gegen Monster kämpfe und Verschwörungen aufdecke.
Aber nicht alle haben Gleichgesinnte, um gemeinsam in das wundervolle Universum von Pen & Paper-Spielen einzutauchen. Doch keine Sorge, wenn ihr dazu gehört, das heißt keinesfalls, dass ihr DnD, DSA und Co. nicht erleben könnt. Es gibt zwei Möglichkeiten:
1. Ihr sucht euch online eine Gruppe (kann super laufen oder ganz, ganz schlimm).
2. Ihr wagt euch ans Solo-Spiel.
Wie bitte, Solo-Spiel?! Wie soll das denn gehen, man braucht doch mindestens noch einen Spielleiter, der die Regeln erklärt und NPCs verkörpert? In diesem Guide stelle ich euch mehrere Wege vor, alleine Pen & Paper zu spielen und verrate, warum ich das manchmal sogar bevorzuge.
- Warum alleine spielen?
- Was braucht ihr fürs Solo-Abenteuer?
- Die einfachste Methode: fertige Solo-Abenteuer
- Die beste Methode für kreative Geister
- Solo-Abenteuer am PC spielen
Warum es richtig viel Spaß macht, alleine Pen & Paper zu spielen
Der größte Feind der Pen & Paper-Runde ist der Terminkalender. Es ist unheimlich schwierig, drei, vier oder noch mehr Leute regelmäßig für mehrere Stunden an einem Tisch zu versammeln, die Arbeit, Schule, Studium, Familie oder alles zugleich jonglieren müssen. Beim Solo-Spiel fällt dieser Faktor komplett weg, ihr entscheidet einfach selbst, wann ihr Zeit und Lust habt.
Ebenfalls cool: Ihr müsst euch nicht mit einer kompletten Gruppe absprechen, welche Art von Abenteuer ihr erleben wollt und welchen Charakter ihr dafür erstellt. Euer Szenario könnt ihr selbst aussuchen oder gleich ganz allein entwerfen und es muss niemandem Spaß machen außer euch selbst!
Außerdem bringt das Solo-Spiel auch etwas, wenn ihr später doch mal klassisch mit einer Runde spielen wollt. Ihr lernt die Regeln und die Welt eures gewählten Systems kennen und habt gleich einen Charakter (oder mehrere!) zur Hand, mit dem ihr schon vertraut seid und in dessen Haut ihr dann später leicht schlüpfen könnt.
Was ihr fürs Solo-Abenteuer braucht
Grundsätzlich braucht ihr für Pen & Paper ziemlich wenig: Ein paar Zettel, einen Bleistift, einen Radiergummi, ein Set Würfel (unterschiedlich je nach System, mit einem DnD-Set seid ihr auf der sicheren Seite). Leckere Snacks sind optional, aber dringend empfohlen.
Es schadet ferner nicht, wenn ihr euch schon mal ein bisschen durch das Grundregelwerk eures gewählten Systems schmökert. Es gibt auch viele Solo-Abenteuer, die keinerlei Vorwissen voraussetzen, aber eure Auswahl wird ungleich größer, wenn ihr zumindest die wichtigsten Regeln kennt. Hier nützliche Links:
- Das Schwarze Auge 4 Basisregelwerk als PDF bei Ulisses (10 Euro, auf dieser Version basierten zum Beispiel die Drakensang-Spiele)
- Das Schwarze Auge 5 Regelwerk als PDF bei Ulisses (10 Euro, die aktuellste Spielversion)
- Dungeons & Dragons Einsteigerset Regeln als PDF (aktuelle 5. Edition, kostenlos von Wizards of the Coast bereitgestellt)
Die einfachste Methode: Fertige Solo-Abenteuer
Es gibt massenhaft vorgefertigte Solo-Abenteuer zu DSA, DnD und anderen Systemen, ich konzentriere mich in diesem Guide auf die beiden Fantasy-Universen (weil ich mich damit am besten auskenne). Stellt euch das so ähnlich vor wie diese alten »Wähle die Geschichte selbst«-Bücher: Wenn euer Charakter nach links geht, dann lest ihr auf Seite 23 weiter. Wenn ihr die Sinnesschärfe-Probe versemmelt, dürft ihr nicht anschauen, was im folgenden Info-Kasten steht und so weiter.
Die Vorteile: Ihr habt einen Spielleiter in Buchform dabei, der euch die Regeln erklärt und durch die Geschichte führt. Dort steht drin, was passiert und was genau ihr tun könnt (oder müsst). Meistens ist mindestens ein vorgefertigter Charakter dabei, den ihr übernehmen könnt, wenn ihr keine Lust auf lange Generierung habt.
Die Nachteile: Eure spielerische Freiheit ist natürlich beschränkt, ihr könnt nur Dinge tun, die im Buch stehen. Oft eignet sich auch nur ein bestimmter Charaktertyp für das ausgesuchte Abenteuer. Wiederspielwert gibt’s nur selten.
Einige dieser Abenteuer stammen vom offiziellen Publisher, andere wurden von fleißigen Fans erstellt. Die Qualität schwankt sehr stark, aber wir leben ja in Zeiten der Internet-Rezensionen. Hier ein paar ausgesuchte Solo-Abenteuer, von denen ich glaube, dass sie euch Spaß machen könnten:
- DSA 5 – Der Vampir von Havena: Super für Einsteiger, kein Vorwissen nötig, vorgefertigter Charakterbogen liegt bei. Schöner Mix aus Kämpfen und Rätseln. Die PDF-Version gibt's kostenlos, wenn ihr die volle Version des PC-Spiels Wolves on the Westwind kauft, in der gedruckten Version 18 Euro.
- DSA 5 – Sternenspitze: Fan-gemachtes Solo-Abenteuer, das sich komplett kostenlos im Browser spielen lässt. Mit rund zwei Stunden ziemlich kurz, also genau richtig zum Reinschnuppern. Proben werden automatisch gewürfelt, wenn ihr auf die entsprechende Option klickt. Hier gibt’s den Link.
- DSA 4 – Die Schwarze Eiche: Etwas anspruchsvoller, aber immer noch sehr einsteigertauglich. Am besten für kämpferische Charaktere geeignet. Wenn es euch gefällt, gibt’s noch zwei Fortsetzungen. Als PDF für 9 Euro zu haben, die gedruckte Version wird nicht mehr hergestellt und kostet deswegen unerhört viel.
- DnD 5e – Der Knappe des Todesritters: Eins der wenigen deutschsprachigen Solo-Abenteuer für Dungeons & Dragons. Besonders geeignet für die Klassen Kämpfer, Zauberer oder Schurke, ihr müsst eure Figur selbst erstellen. Als PDF bei Pegasus Digital für circa 12 Euro verfügbar.
Die beste Methode für kreative Geister
Wenn ihr nach mehr Freiheit sucht und euch nicht davor scheut, ordentlich Arbeit in euer Solo-Erlebnis zu stecken, dann ist folgende Methode vielleicht genau richtig für euch: Ihr schreibt eure Geschichte selbst und lasst euch dabei von den Regeln des P&P-Systems leiten. Das klappt allerdings nur, wenn ihr euch in dem Setting bereits sehr gut auskennt. Klingt schwammig, lasst mich an einem Beispiel erklären.
Ich erstelle mir eine DSA-Heldin und denke mir die groben Züge einer Geschichte aus, die sie erleben soll. Also lege ich fest, woher sie kommt, was sie bisher erlebt hat und wo meine Story beginnt, ganz so, als ob ich ein Buch anfangen würde.
Vielleicht wacht sie morgens in der Taverne auf und wird verdächtigt, den netten Wirt ermordet zu haben. Aber statt mir alle Handlungen auszudenken, würfle ich Proben, wenn sie etwas versucht. Und wenn sie bei der Flucht durchs Fenster patzt, fällt sie eben auf die Nase und die Story nimmt einen anderen Verlauf.
Auch Begegnungen, Quests, NPCs oder Plottwists lassen sich ganz einfach zufallsgenerieren. Ich habe zum Beispiel meine eigenen NPC-Tabellen angelegt, weil ich die als Spielleiter eh brauche. Auch viele Regelbücher enthalten solche Tabellen. Es gibt aber online auch massenhaft kostenlose Tools für DSA, DnD und so weiter. Ich verlinke euch zwei Beispiele:
- DSA Zufallsbegegnungen (für verschiedene Gebiete, kostet euch nur eine optionale Spende bei Ulisses)
- Zufallsbegegnungen für alle Fantasy-Settings, online via Klick auswürfeln (im Browser bei Zur Schwarzen Laute)
Selbstverständlich müsst ihr euch keine Story selbst entwerfen, stattdessen könnt ihr auch einen Film, ein Spiel, eine Serie, ein Buch, einen Comic wählen und die Handlung nachspielen – aber eben mit Talentwerten, Würfelproben und so weiter. Warum so nicht mal ein Super-Mario-Level ausprobieren? Oder einen Reiter von Rohan erstellen, der bei der Befreiung von Minas Tirith kämpft? Oder das Goblin-Lager von Baldur's Gate 3 mit einer selbst erstellten Truppe ausräuchern?
Mir macht sowas unheimlich Spaß, weil es meine Kreativität kitzelt und ich manchmal in völlig unvorhergesehene Situationen gerate, die ich mir selber so nie ausgedacht hätte. Natürlich müsst ihr keinem vorgegebenen Setting folgen, ihr könnt euch auch eine ganz eigene Welt ausdenken und die Regeln ganz nach eurem Belieben zurechtbiegen. Darum geht es ja bei Pen & Paper: maximale Freiheit.
Im besten Fall kommt dabei ein selbst geschriebenes Abenteuer heraus, das sich nach einigen Überarbeitungen auch für Gruppen eignet – oder für andere Solospieler, die sich garantiert freuen, wenn ihr euer Werk online zur Verfügung stellt. Achtet dann nur unbedingt darauf, dass ihr keine Copyrights bestehender Marken verletzt!
Solo-Abenteuer am PC spielen
Es geht auch ganz ohne Würfel und Papier: Oben habe ich euch ja schon ein komplett im Browser spielbares DSA-Solo-Abenteuer verlinkt. Aber natürlich gibt es auch richtige PC-Spiele, die sehr nah an das Feeling eines Pen & Paper-Spiels herankommen. Hier ein paar Empfehlungen:
- Forgotten Fables: Wolves on the Westwind: Ein Adventure mit Rollenspielelementen, super für DSA-Neulinge geeignet. Ihr wählt einen von zwei Charakteren und reist ins nordische Land Thorwal.
- Baldur's Gate 3: Kaum ein anderes Spiel kommt so nah an eine echte Runde DnD ran. Inklusive virtueller Spielleiter, umfangreicher Charaktererstellung, hunderten Stunden Inhalt und sehr viel Entscheidungsfreiheit. Bonus: Ihr lernt automatisch die wichtigsten Regeln der 5. Edition.
- Roadwarden: Textbasiertes Rollenspiel mit simplen, aber stimmungsvollen Illustrationen. Ihr wählt einen von mehreren Charakteren, trefft wichtige Entscheidungen, erkundet, kämpft und rätselt. Ziemlich düsteres und spannendes Setting.
Weitere Spiele, die in diese Kerbe schlagen, sind zum Beispiel Disco Elysium, Tiny Tina’s Wonderlands, Gamedec, The Lamplighters, Pathfinder: Wrath of the Righteous, Sovereign Syndicate (bisher nur eine Demo verfügbar) und Wildermyth.
Wie steht ihr zu Solo-Abenteuern? Habt ihr das schon mal ausprobiert, reizt euch die Idee oder sucht ihr doch lieber weiter nach einer Pen & Paper-Gruppe? Schreibt mir gern in den Kommentaren von euren persönlichen Erfahrungen. Und falls ihr den ultimativen Trick kennt, wie man einen regelmäßigen Spieleabend plant, an dem alle können, schickt ihn mir bitte.
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