Es dauert keine 30 Sekunden, bis ich mich in Planescape: Torment wieder wie zu Hause fühle. Und das, obwohl ich in einer Leichenhalle liege und von einem schwebenden Totenschädel angequatscht werde: »Hey Meister. Bist du okay?«
Verdammt ja, und wie ich das bin! Denn ich weiß, dass ich jetzt mit Planescape: Torment ein weiteres Mal eins der besten Rollenspiele aller Zeiten erleben und in ein nachhaltig beeindruckendes Universum abtauchen werde, das selbst 19 Jahre nach dem ersten Erscheinen nichts von seiner Faszination eingebüßt hat.
Um diese Faszination soll es in der ersten Hälfte dieses Reviews gehen, die zweite Hälfte beschäftigt sich mit den Verbesserungen der Enhanced Edition. Wer Planescape: Torment bereits kennt, kann also gleich zur zweiten Seite springen.
Ein unvergessliches Abenteuer
Okay, Sie sind noch da. Also interessiert Sie vermutlich, was an einem derart pixeligen Rollenspiel-Opa in Zeiten von Fallout 4 und The Witcher 3 so faszinierend sein soll. In einem Satz zusammengefasst: Planecape: Torment ist auf allen Ebenen ein erzählerisches Meisterwerk, das jeder Freund komplexer Geschichten einmal erlebt haben sollte.
Das einzig Klassische dabei ist die Ausgangssituation: Als Namenloser erwache ich ohne Gedächtnis in einer Leichenhalle. Während sich aber die meisten Rollenspiele darum drehen, was ich tun werde, um die Welt zu retten und dadurch mehr oder weniger wörtlich unsterblich zu werden, muss ich in Planescape: Torment die Heldenreise quasi umgekehrt beschreiten. Was habe ich in meinen vergangenen Leben getan? Und wie kann ich meine Sterblichkeit zurückerlangen?
Planescape: Torment - Enhanced Edition - Screenshots zur HD-Version ansehen
Auf der Suche nach Antworten durchstreife ich die namensgebenden Ebenen und erforsche ebenso skurrile wie faszinierende Orte. Etwa das »Bordell zur Befriedigung intellektueller Gelüste« oder eine Hinterhofgasse mit einer schwangeren Mauer. Dabei schließen sich mir nicht weniger kuriose Gefährten an. Zum Beispiel der eingangs erwähnte fliegende Totenschädel Morte oder der psychopathische Magier Ignus, der permanent in Flammen steht und entsprechend mehr tot als lebendig ist.
Die wichtigsten Verbesserungen der Enhanced Edition
- Unterstützung von Auflösungen von bis zu 4k, Fenster-Modi und sämtlichen Bildschirmformaten
- Überarbeitung der Texte durch Planescape-Lead-Designer Chris Avellone
- optionale grafische Optimierungen wie eine Zoom-Funktion, Charakter Outlines für bessere Sichtbarkeit und Lineare Skalierung
- Komfortoptimierungen wie verbesserte Wegfindung, reduzierte Ladezeiten, Questlog-Suchfunktion, Lebenspunkteanzeige, Alles-Einsammeln- und Objekt-Hervorhebungs-Funktion
Gravierende Entscheidungen, gravierende Konsquenzen
Jeder meiner Begleiter hat seine ganz eigenen und stets nachvollziehbaren Gründe, warum er mir folgt. Um ihre und meine Geheimnisse aufzudecken mache ich in vor allem eines: reden. Planescape: Torment ist ein enorm dialoglastiges Rollenspiel. Klingt ermüdend, aber die Texte gehören nach wie vor zum Besten, was je für Rollenspiele geschrieben wurde. Entsprechend kann ich viele Quests komplett gewaltfrei abschließen, das komplexe Charaktersystem erlaubt fast immer mehrere Lösungswege.
Wer vor allem kämpfen möchte, sollte allerdings die Finger von Planescape: Torment lassen. Denn die pausierbaren Echtzeitgefechte waren schon damals nicht die Stärke des Rollenspiels und sind es auch heute nicht. Trotz prinzipiell interessanter Fähigkeiten und Waffen enden viele Schlachten im unübersichtlichen Getümmel - meist reicht das Abspulen der immergleichen Lieblings-Skills.
Trotzdem habe ich Planescape: Torment anno 2017 genauso sehr genossen wie damals 1999. Welt, Charaktere und Geschichte haben nichts von ihrer Faszination verloren - vor allem, weil ich hier meine Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes selber schreibe. Es gibt kein Gut oder Böse, sondern nur das, was ich in der Situation für richtig halte.
Plus-Report: Zum Nachfolger gequält – Von Planesape zu NumeneraAngesichts von hunderten gravierenden Entscheidungen mit ebenso gravierenden Konsequenzen gleicht deshalb kein Spieldurchgang dem anderen. Und auch, wenn ich eigentlich schon wusste, warum mir ein schwebender Totenschädel folgt, saß ich bei der Auflösung auch dieses Mal wieder sprachlos und schockiert vor dem Monitor.
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