Kleine Balanceschwächen
Die Spezialfähigkeiten machen die Ballereien zwar zu einer wirklich grandiosen Erfahrung, den guten Jack für unseren Geschmack zumindest auf dem normalen Schwierigkeitsgrad aber auch einen Tick zu mächtig. Zwar sind die Gefechte sowie das Gegneraufkommen genau richtig dosiert, damit es nicht zu Abnutzungserscheinungen kommt, doch insbesondere die ersten Spielstunden werden Shooter-Veteranen unterfordern. Denn die eher defensiv agierende künstliche Intelligenz lässt sich leichter austricksen als ein blindes Huhn, Gegner versuchen nur selten, mich einzukesseln oder mir gar in den Rücken zu fallen.
Anspruchslos oder gar langweilig wird Quantum Break deswegen aber keinesfalls. Denn Jack verträgt zum einen nur wenige Treffer, zum anderen gibt es neben dem herkömmlichen Soldaten-Kanonenfutter auch enorm treffsichere Scharfschützen sowie Monarch-Truppen in Chrononanzügen, die ebenfalls die Zeit manipulieren können.
Spätestens die dicken Elite-Gegner, die ausschließlich am Rücken verwundbar sind, zwingen mich, auch wirklich jede einzelne Zeitfähigkeit einzusetzen - allein schon wegen der Abklingzeit der jeweiligen Superkräfte. Praktischerweise kann ich Jacks Talente im Laufe des Spiels mit im Level versteckten Chrononquellen upgraden und somit beispielsweise die Dauer oder den Schaden erhöhen. Großartige Auswirkungen auf meine Spielweise hat das zwar nicht, motivierend ist die Suche nach weiteren Chrononquellen aber allemal.
Generell macht die Lernkurve ab der zweiten Spielhälfte einen kleinen Sprung, ehe sie ein befriedigendes Niveau erreicht. In den letzten Kapiteln muss ich zum Beispiel automatischen Geschützen ausweichen oder auf die sogenannten Chronondämpfer-Maschinen achten. Letztere unterdrücken meine Fähigkeiten, sodass ich mich so lange allein auf meine Schusswaffen verlassen muss, bis ich sie deaktiviert bekomme. Trotzdem: Wer in Spielen eine Pistole auch nur annähernd gerade halten kann, sollte direkt auf dem dritten Härtegrad anfangen und in den späteren Levels gegebenenfalls auf »normal« umsteigen. Das gilt insbesondere für Maus- und Tastaturspieler, die ihre blauen Bohnen naturgemäß deutlich präziser verteilen können als Gamepad-Schützen.
Zeit für Zeitspielchen
Abgesehen von kleineren Balanceschwächen gelingt den Entwicklern ein exzellenter Spagat zwischen feurigen Schusswechseln sowie angenehmen Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen. Da muss ich etwa im richtigen Moment über die in einer Zeitschleife gefangenen Trümmer einer einstürzenden Brücke springen oder durch das Wrack eines riesigen Schiffes kraxeln.
Hin und wieder kommen sogar cool inszenierte Zeitmanipulationen ins Spiel. Ich soll etwa auf das Dach eines mit Graffitis verzierten Gebäudes steigen, finde aber keine Kletterhilfe. Drehe ich die Zeit zurück, bemerke ich, dass in der Vergangenheit allmählich das Graffiti verschwindet, an der Fassade aber nun ein Müllcontainer steht, der in der Gegenwart bereits weggeschoben wurde - logisch, die Sprayer müssen ja auch irgendwo hinaufgekommen sein.
Diese simplen, aber nett gemachten Minirätsel sind wunderbar unaufdringlich und dienen als Verschnaufpause zwischen den schweißtreibenden Gefechten. Echte Kopfnüsse fehlen aber, Quantum Break wird zu keiner Zeit zu einem Action-Adventure oder gar Rätselspiel, sondern bleibt wie schon die Max-Payne-Reihe immer ein story-lastiger Shooter.
Doch in dieser Disziplin macht Quantum Break vieles richtig. Die Schießereien sind ebenso spaßig wie spektakulär, die Story unterhält bis zum befriedigenden Finale, kleine Rätsel- und Geschicklichkeitseinlagen sorgen für genau die richtige Dosis Abwechslung, und die Präsentation setzt vor allem in Sachen Physik- und Spezialeffekten neue Maßstäbe bei Deckungs-Shootern. Allerdings ist das Spektakel je nach Spielweise bereits nach acht bis zehn Stunden vorbei - die TV-Episoden mit eingerechnet. Doch diese acht bis zehn Stunden haben es in sich, versprochen!
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