Ancaria sucht den Superclown
Aber warum eigentlich die ganze Kämpferei? Natürlich aus dem gleichen Grund, der fast jeden Fantasy-Helden zum Schwert greifen lässt: Ein böses Imperium - in diesem Fall das Ashen-Imperium des Dunkelelfen-Herrschers Zane - marschiert in das friedliche Land Ancaria ein und hat sich ein nur schwurbelig erklärtes Artefakt, das Herz von Ancaria, geschnappt. Wie so viele Actionspiele erzählt Sacred 3 seine Story vor allem als Vorwand für immer neue Gemetzel und gibt sich wenig Mühe, eine fesselnde Handlung zu spinnen.
Mühe haben die Schreiber nur in eine Sache gesteckt, und zwar uns ohne Unterlass mit einer peinlichen Witzelei nach der anderen zu bombardieren. Ausnahmslos jede Figur hält sich in einer tragischen Fehleinschätzung für einen großen Komiker und wird nicht müde, uns das auch beweisen zu wollen. Da schwadronieren etwa die finsteren Generäle des Imperiums über ihren Speiseplan (Fischstäbchen und Nachos, haha), und wenn es Feuerbälle vom Himmel regnet, fühlen sich unsere Helden an ein spaßiges Dodgeball-Wochenende erinnert.
Je mehr wir dabei die Augen rollen, desto mehr solcher Sprüche schleudert uns das Spiel mit zunehmender Verzweiflung um die Ohren. Jeder Kollege, der während des Tests von Sacred 3 auch nur an unserem Zimmer vorbeispazierte und ein paar Zeilen aufschnappte, steckte danach den Kopf rein und wollte wissen, was wir da für einen Unfug am Laufen haben. Mehr als einmal waren wir versucht, einfach den Ton auszuschalten - Fantasy-Stimmung kam jedenfalls keine auf. Und witzig war's auch nicht.
Helden niemals auf Abwegen
Die nächste Storymission wählen wir auf einer Weltkarte. Jeder Einsatz ist für einen bestimmten Heldenlevel ausgelegt; wenn uns noch ein wenig Erfahrung fehlt, gibt es immer auch noch kleinere Zwischeneinsätze wie Arenakämpfe. Oder wir stürzen uns todesmutig höherstufige Schlachten, wir können von Beginn an sogar fast jede Mission auswählen - wer gleich mit den schwierigeren Kämpfen loslegt, überspringt zwar einen Teil der Handlung, aber die ist ja ohnehin nicht der Rede wert.
Die Missionen laufen kurz und knackig, selten sind wir länger als 20 Minuten unterwegs. Am Ende wartet meistens ein dicker Bossgegner oder ein anderes spektakuläres Finale. So will etwa ein riesiges Feuerelementar zu Fall gebracht, ein Brunnen gegen Horden von Feinden verteidigt oder ein Flaggschiff im Hafen mit Bomben versenkt werden. Abgesehen davon folgen aber alle Einsätze dem gleichen Schema: Wir kämpfen uns geradewegs von A nach B und murksen alles ab, was uns dabei über den Weg läuft. Gelegentlich will mal ein Schlüssel erbeutet werden, oder wir müssen mehrfach an einem Rad drehen und dazwischen Feindeswellen abwehren, aber darin erschöpfen sich die Missionsziele schon.
Auch Seitenwege, alternative Routen oder versteckte Geheimnisse bleiben die absolute Ausnahme. Gelegentlich werden die Kämpfe jedoch durch Abschnitte aufgelockert, in denen wir uns den Weg durch Artilleriebeschuss oder einen Fallen-Hinderniskurs bahnen müssen. Speicherpunkte sind - mit ganz wenigen frustrierenden Ausnahmen -fair und regelmäßig verteilt. Wenn wir also mal danebenlangen, werden wir nie zu weit zurückgesetzt - allerdings verlieren wir 20 Prozent des im Level erbeuteten Goldes.
Entwicklung (fast) ohne Geist
Gold ist die Währung für alles in Sacred 3. Durch getötete Feinde sammeln wir Erfahrung, schalten mit jedem Levelaufstieg Aufwertungen für unsere Fähigkeiten frei und kaufen sie uns dann mit Gold. Komplexe Talentbäume gibt's aber keine, jedes Kampfmanöver hat eine geradlinige Kette von Verbesserungen wie etwa mehr Schaden oder mehr Reichweite. Nur an wenigen Stellen müssen wir uns mal zwischen zwei Upgrades entscheiden, zum Beispiel ob wir lieber eine höhere Chance auf kritische Treffer haben oder damit mehr Schaden anrichten wollen. Weil wir außerdem fast immer genügend Gold für alle zwei bis drei Upgrades haben, die wir am Ende einer Mission neu freigeschalten, stehen wir nur sehr selten vor schwierigen Entscheidungen.
Beschränkt sind wir lediglich darin, welche zwei unserer sieben Fähigkeiten wir in die nächste Mission mitnehmen. Außerdem kann jeder Held zwischen drei Waffen wählen, etwa einem Bogen, dessen Pfeile Feinde durchschlagen oder der alternativ zwei Geschosse auf einmal von der Sehne lässt. Jede davon rüsten wir auf die gleiche Weise wie unsere Fähigkeiten auf, allzu spannend ist das aber nicht. Deutlich lieber wär's uns gewesen, wie in Diablo 3 (und den bisherigen Sacred-Teilen) einen steten Strom neuer, interessanter Items zu finden, statt das ganze Spiel hindurch die gleichen drei Waffen aufzubohren.
Das Einzige, was wir neben Gold im Laufe der Missionen erbeuten können, sind die sogenannten Waffengeister. Immer nur einer davon darf unsere Waffe beseelen, jeder bietet eigene Vor- und Nachteile. Die Dämonin zum Beispiel setzt unsere Feinde in Brand, lässt uns aber auch mehr Schaden einstecken. Nett: Jeder Geist bringt obendrein seine eigene Persönlichkeit mit. Der feige Drache etwa hält uns immer wieder dazu an, uns einfach aus dem Gemetzel rauszuhalten - und spendiert uns passend dazu einen Schutzschild, wenn wir's dann doch nicht lassen wollen.
Genau wie alle anderen Figuren können aber selbst viele Geister nicht widerstehen, ständig dümmliche Witze zu reißen. Der Kampfmagier geht uns beispielsweise mit seinen anzüglichen Anmachsprüchen schnell auf die Nerven. Trotzdem sind die Waffengeister eindeutig der ansprechendste Teil der Charaktergestaltung von Sacred 3 - wir hätten uns mehr solcher Mechaniken gewünscht, die uns tatsächlich die Möglichkeit geben, unseren Helden individuell anzupassen. Immerhin spielt das magere Charaktersystem ungeduldige Koop-Kameraden in die Hände: Wir langweilen unsere Mitspieler nie mit allzu ausführlichen Touren durchs Inventar; unseren Helden für die nächste Mission zu rüsten, ist in wenigen Sekunden erledigt.
Comichafte Klischees
Sacred 3 gewinnt vielleicht keine Preise für die detailreichsten Charaktermodelle, doch wir sehen sie ja ohnehin immer von oben - und seine Schlachten weiß das Spiel mit ordentlichem Spektakel zu inszenieren. Jeder Angriff lässt die Funken sprühen, und jede Spezialfähigkeit haut gehörig rein. Manchmal allerdings ein wenig zu viel. Denn wenn zu viel auf dem Schirm passiert, knickt immer mal wieder die Performance ein, und das Geschehen verlangsamt einen Tick - keineswegs genug, um den Spaß zu ruinieren, aber es verpasst dem flotten Gemetzel doch einen Dämpfer.
Beim Design seiner leicht comichaften Gebiete bedient sich Sacred 3 zwar bei vielen Fantasy-Klischees, sorgt damit jedoch auch für eine ansprechende Vielfalt. Wir kämpfen uns durch belagerte Städte und Festungen, alte Zwergenbollwerke, trutzige Eisfestungen und verfluchte Friedhöfe, allesamt schick gestaltet. Dabei laufen wir Dunkelelfen und Orks genauso über den Weg wie Waldbestien und Zombies. Es ist eher die recht oberflächliche Spielmechanik, die ein wenig mehr Abwechslung vertragen könnte - Sacred 3 ist ein Spiel für spaßige Abende, aber nicht durchzockte Wochenenden.
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