Sherlock Holmes: Chapter One könnte ein überraschend tolles Open-World-Spiel werden

Nach dem eher enttäuschenden The Devil's Daughter wird das neue Holmes-Adventure ein Open-World-Spiel, das auf diesem Weg zu alter Stärke finden könnte.

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Kann das neuste Adventure rund um Sherlock Holmes wieder an Qualität gewinnen? Wir haben es gespielt. Kann das neuste Adventure rund um Sherlock Holmes wieder an Qualität gewinnen? Wir haben es gespielt.

Kein Watson. Kein London. Und dann sieht Sherlock Holmes auch noch aus, als wär er Leadsänger einer auf Massenmarkt getrimmten Pop-Rock-Band. Ja, Sherlock Holmes: Chapter One sorgte mit seinen ersten Trailern und Screenshots nicht unbedingt für Jubelstürme.

Und das zum Teil eben auch, weil sich Fans des genialen Detektivs nach dem enttäuschenden The Devil's Daughter wieder eine Rückkehr zu alten Tugenden gewünscht haben. Weniger Action-Einlagen, wieder mehr echte Detektiv-Arbeit. Wie dereinst beim grandiosen Crimes and Punishment.

Auch wenn die Entwickler bei Frogwares bereits Besserung versprachen, zeigten die Trailer genau das nicht. Doch mittlerweile durften wir selbst in das neue Holmes-Adventure reinzocken und können daher ein wenig besser abschätzen, was uns da genau erwartet.

Und zum Einstieg sei direkt einmal gesagt: Lasst euch von den ersten Trailern noch nicht die Vorfreude komplett verderben. Denn Chapter One scheint tatsächlich die richtigen Rückschlüsse zu ziehen.

Der Autor

Fabiano liebt Detektivgeschichten in einem historischen Setting und ist seit vielen Jahren gerade deshalb von Sherlock Holmes begeistert. Egal ob Bücher, Serien oder Filme. Sehr selten lässt ihn die berühmteste Spürnase der Welt im Stich. Doch es kommt vor, wie etwa bei The Devil's Daughter. Seit dem sehnt er sich nach einem neuen Versuch und hofft auf Besserung. Von Chapter One war er anfangs abgeschreckt, doch das könnte ein Fehler sein.

Alte Stärken im Fokus

The Devil's Daughter eröffnete seiner Zeit mit einer dreiminütigen Sequenz, in der Sherlock panisch und verschwitzt durch den Wald rennt. Wacklige Kamera, schneller Schnitt, extreme Nahaufnahmen. Hier wurde schon klar: Frogwares denkt in eine andere Richtung als beim Vorgänger. Und es stellte sich heraus - in keine bessere.

Zu Holmes charakteristischsten Eigenschaften gehört das Observieren von Gegenständen und Menschen. Zu Holmes charakteristischsten Eigenschaften gehört das Observieren von Gegenständen und Menschen.

Chapter One zeigt hingegen sofort, dass die überflüssige Fixierung auf mehr Action an Bedeutung verloren hat. Hier eröffnet das Spiel mit einem seekranken Sherlock im Bett, der sich mit seinem besten Kumpel Jon (nicht John) in seiner Kajüte unterhält. Sie befinden sich auf der Überfahrt nach Cordona, eine fiktive Insel im Mittelmeer und in diesem Spiel sogar Sherlocks Geburtstort. Sherlock selbst ist in Chapter One sehr jung, kennt John Watson noch gar nicht und befindet sich demnach erst am Anfang seiner Karriere.

Deshalb gerät er auch eher zufällig in seinen ersten Fall. Die ersten eineinhalb Stunden verbringen wir in einem Hotel und lösen das Rätsel um einen verschwundenen Diamanten. Es werden Tatorte untersucht, Objekte analysiert, Zeugen befragt und Hinweise miteinander verknüpft. Es fühlt sich tatsächlich wieder an wie bei Crimes and Punishment - nur mit neuen Features wie der Holmes-typischen Observation jedes einzelnen NPCs und dem gedanklichen rekonstruieren des Tathergangs.

Zur Lösung eines Falles gehört auch, die Ereignisse richtig zu rekonstruieren. Dafür setzt sich Holmes auf den Boden und wir müssen Objekte richtig anordnen. Zur Lösung eines Falles gehört auch, die Ereignisse richtig zu rekonstruieren. Dafür setzt sich Holmes auf den Boden und wir müssen Objekte richtig anordnen.

Actioneinlagen, Quicktime-Events oder Minispiele suchen wir vergeblich. Im Zentrum steht der Fall, die Suchen nach Beweisen und am Ende fällen wir wieder selbst die Entscheidung, wer der Übeltäter ist, wobei wir auch daneben liegen können.

Klar, das ist erst einmal nur der Anfang und Action wird es geben. Das ist bekannt. Doch wie Devils Daughter gezeigt hat, stellt die Einleitung die Weichen und die scheinen den Zug diesmal in die richtige Bahn zu lenken.

So eine Open World ist selten geworden

Der große Fall im Hotel ist aber nur eine Facette von Chapter One. Die zweite wird experimenteller und ist auch nicht komplett risikofrei. Denn Frogwares überträgt das Open-World-Konzept aus ihrem letzten Werk The Sinking City jetzt auch auf Sherlock Holmes.

Vom Hotel aus brechen Holmes und Jon zum Grab von Sherlocks Mutter auf, die vor 10 Jahren an Tuberkulose starb. Doch am Grab finden sich Hinweise und Personen, die andeuten, dass mehr dahinter steckt. Das alles wird im Story-Trailer bereits angedeutet - der wachsamen Spürnasen sogar schon ein paar Details mehr verrät:

Chapter One wirft einen Blick auf Sherlock Holmes turbulentes Innenleben Video starten 2:11 Chapter One wirft einen Blick auf Sherlock Holmes turbulentes Innenleben

Die Aufklärung dieses Mysteriums ist Sherlocks Hauptquest und um Antworten zu finden, kann er die komplette, mediterrane Kleinstadt zu Fuß erkunden.

Man sollte hier keinen Sandkasten erwarten, in dem es dutzende Aktivitäten gibt. Aber Frogwares Open World sollte aus zwei Gründen trotzdem nicht unterschätzt werden.

  1. Cordona sieht wirklich gut aus: Auch in der aktuellen Version machte die Spielwelt von Chapter One grafisch schon einiges her. Eine tolle Lichtstimmung versprüht wahres Urlaubsambiente, die Straßen sind voller Menschen unterschiedlicher Herkunft und die einzelnen Viertel versprühen ihren ganz eigenen Charm.
  2. Chapter One lässt uns erkunden: Offene Spielwelten werden oft dafür kritisiert, dass sie uns Spieler an die Hand nehmen und mit Wegmarken von A nach B lotsen, statt uns umherstreifen zu lassen. In Chapter One müssen wir auf eigene Faust agieren. So entdecken wir vielleicht keine geheimen Höhlen voller Loot, dafür aber wichtige Indizien oder kleinere Fälle, die es zu lösen gilt.

Gerade der zweite Punkt ist interessant. Denn heutzutage finden sich kaum noch Open-World-Spiele, die es einem Spieler so schwer machen. Beispielsweise bekommt ihr in Chapter One echte Wegbeschreibungen oder müsst Orte erst auf der Karte finden und selber markieren.

Es gibt zwar einen Kompass, der zeigt aber nicht immer automatisch unser aktuelles Ziel an. Dafür müssen wir eigenständig Markierungen setzen. Es gibt zwar einen Kompass, der zeigt aber nicht immer automatisch unser aktuelles Ziel an. Dafür müssen wir eigenständig Markierungen setzen.

Zusätzlich kann jeder NPC theoretisch in einem Fall von Nutzen sein. Denn Chapter One erlaubt es uns, jeden NPC zu unseren aktuellen Fall zu befragen. Manchmal müssen wir dafür aber unsere Kleidung wechseln und uns der sozialen Schicht anpassen. Mit der Observation bekommen wir außerdem immer drei Details von jedem NPC offengelegt und können so nach bestimmten Personen in der Masse suchen.

Das macht Cordona vielleicht nicht zur interaktivsten Welt, die es jemals gab. Aber diese Open World fühlt sich einfach erfrischend anders an und passt perfekt zu einem Spiel, in dem wir uns klug fühlen wollen.

Es kann noch viel schief gehen

»The Game is afoot«, würde Sherlock nun also sagen. Und besagtes Spiel befindet sich auf einem guten Weg. Allerdings ist damit noch lange nicht gesichert, dass Chapter One wirklich den Schaden vergessen lässt, den The Devil's Daughter verursacht hat. Zumal bereits in der Demo einige Elemente nicht zu gefallen wussten.

Beispielsweise konfrontierte uns das Spiel nach dem großen Fall im Hotel in der Open World mit einer kleineren Untersuchung, die jeglicher Logik entbehrt. Ein Problem, das auch schon der Vorgänger hatte.

Kämpfe konnten wir noch nicht spielen. Die größte Schwäche früherer Frogware-Titel konnten wir also noch gar nicht testen. Es wird aber wohl darum gehen, dass Holmes mit seinem Revolver bestimmten Schwachstellen ins Visier nimmt. Kämpfe konnten wir noch nicht spielen. Die größte Schwäche früherer Frogware-Titel konnten wir also noch gar nicht testen. Es wird aber wohl darum gehen, dass Holmes mit seinem Revolver bestimmten Schwachstellen ins Visier nimmt.

In der Quest ging es darum, dass eine beraubte Schneiderin nicht zufrieden mit dem Phantombild eines Polizisten war. Also geht Holmes zu ihr und ... verkleidet sich wie der Einbrecher? Klar, das soll Holmes Verkleidungskünste vorstellen, wirkt aber einfach nur albern. Hoffentlich bleiben solche Quests eine Seltenheit.

Und wer weiß, ob das interessante Open-World-Konzept überhaupt langfristig funktioniert oder irgendwann nur noch nervt? Schon The Sinking City hatte einige nervige Längen. Und zudem auch noch mit Problemen abseits des Spiels zu kämpfen:

Über die Actioneinlagen wissen wir ebenfalls recht wenig. Noch haben wir also nicht alle Beweise beisammen, um Chapter One freizusprechen. Für einen Täter, der The Devil's Daughter nachahmt, halten wir diese neue Holmes-Abenteuer aber schon einmal nicht.

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