Die Kämpfe müssen fummelig sein, das ist doch geil, wirklich, sag ihm das!
, richtet mir Kollegin Géraldine von Kollege Fabiano aus, nachdem Kollege Fabiano mitbekommen hat, dass ich wiederum Kollegin Géraldine von meinen Gameplay-Eindrücken zum Silent Hill 2 Remake erzählt habe - also richte ich wiederum Géraldine aus, sie solle Fabiano sagen, dass ... Hallo, nicht einschlafen hier!?
Was ich euch damit zeigen will: Silent Hill 2 macht etwas mit den Menschen, und das schon seit 23 Jahren. Du findest kaum einen Silent-Hill-Veteranen ohne starke Gefühle zu Teil zwei. Silent Hill 2 gilt als ungeschlagenes Meisterwerk des Psychohorrors, war wegweisend für das Genre, wurde fortgesetzt, diskutiert und analysiert. So viele Drei-Stunden-Essayvideos findet man sonst nur zu Kojimas Spielen.
Kein Wunder, dass die ersten Trailer zum Remake von Entwickler Blooper Team Wellen schlugen; wahrscheinlich höher, als die Devs es sich gewünscht hätten. Hauptfigur James sehe jetzt ganz anders aus, die neue Kamera stinke gegen die alte ab, da werde viel zu viel gekämpft - dieses Silent Hill 2 hat nichts mehr mit Silent Hill 2 zu tun, bis auf das Aussehen, zitierten viele wütende Fans einen legendären Philosophen.
Ich habe den kompletten Anfang des Spiels drei Stunden lang gespielt und kann euch mit aller rhetorischen Gewandtheit meiner zehnjährigen Journalismus-Karriere sagen:
Chillt. Alles gut.
Das Remake von Silent Hill 2 punktet im ersten Schritt genau dort, wo es punkten muss: bei der Atmosphäre, der Erkundung dieser schaurigen Welt, bei seiner Geschichte. Ich kehre mit sehr, sehr positiven Gefühl zurück - obwohl auch ich Dinge kritisieren muss.
Was bietet Silent Hill 2 Remake?
Es gibt solche und solche Remakes. Konamis anderes großes Pferd im Rennen - Metal Gear Solid Delta - restauriert in erster Linie die Stärken des Originals, bleibt dem Gameplay-Gerüst treu, verwendet sogar die Original-Tonspur. Als Zyniker könnte man munkeln: Ist das nicht eigentlich eher ein Super-Remaster?
Silent Hill 2 macht es hingegen wie Capcoms Resi-Remakes: Story und Szenario des Originals bleiben erhalten, aber das Spiel wird von Null auf neu gebaut. Alles hat Vor- wie Nachteile, der Vorteil hier: Die Devs können beispielsweise mühelos Gebiete erweitern, zusätzliche Story-Kapitel einflechten, aber klar, auch Elemente streichen, wie es das Remake von Resident Evil 3 getan hat.
Die ersten drei Stunden von Silent Hill 2 fühlen sich in erster Linie wie eine Erweiterung an. Der Einstieg bleibt fast unverändert: Der Witwer James Sunderland reist ins verschlafene US-Städtchen Silent Hill, nachdem er einen Brief seiner eigentlich verstorbenen Frau erhalten hat, die ihn dort hinzitiert. James erkundet den Friedhofsweg zur Stadt, trifft auf die geistesabwesende Angela Orosco - und wer das Original gespielt hat, hakt jetzt gerade im Kopf Checkboxen ab und freut sich darüber, wie fantastisch das jetzt aussieht.
Spätestens in Silent Hill selbst macht sich das Make
in Remake
dann aber bemerkbar: Die Stadt ist größer als damals, große Weitsicht gibt's dank des dicken Nebels zwar immer noch nicht (gut so), aber ich kann deutlich mehr Lädchen und Gebäude betreten, löse Rätsel, die es im Original gar nicht gab.
Die wichtigsten Stärken von Silent Hill 2
Ich will euch aber gar nicht zu viel von der Erfahrung spoilern, denn: Das Erkunden von Silent Hill 2 macht unglaublich viel Spaß. Nicht nur der dicke Nebel erzeugt so eine dichte Atmosphäre, hinter jeder Ecke warten spannende Details oder auch Gefahren, die ganze Welt wirkt jetzt ein bisschen interaktiver. Und das ist sie de facto auch, James schlägt beispielsweise Fenster oder Autoscheiben mit seinem Nagelknüppel ein, um an Gegenstände zu gelangen.
Die neue Verfolgerkamera empfinde ich eher als Plus-, denn als Minuspunkt. Der Wechsel fühlt sich ganz ähnlich an wie beim Remake von Resident Evil 2. Ja, die klassische feste Von-Oben-Ansicht hat auf jeden Fall ihren Charme, aber weil ich jetzt immer recht nah an James Schulter klebe, sehe ich, was er sieht. Deshalb treiben mir gerade in Innenräumen die toten Winkel dieser Sicht die Nackenhaare in die Höhe, schließlich lauern überall Gefahren.
Apropos Gefahren: Die Monsterdesigns von Silent Hill 2 bleiben absolute Spitzenklasse - von bizarren Zwangsjackenkreaturen bis zum furchterregenden Pyramid Head. Aber - und hier kommt das Eingangszitat von Fabiano beziehungsweise Géraldine ins Spiel - die Kloppereien spielen sich fummelig.
Streitpunkt Kämpfe
Jetzt könnt ihr sagen: So will ich das. Völlig in Ordnung. Ich persönlich sehe aber einen Unterschied zwischen einer bewusst sperrigen Bedienung und holprigem Design. Für mich fällt Silent Hill 2 eher in die zweite Kategorie: Jedes Zwangsjackenviechi lässt sich mit derselben Kombination aus Schlag, Schlag, Ausweichen besiegen, die Angriffsmuster bleiben stets gleich, das Kollisionsgefühl transportiert nicht wirklich viel Wucht gemessen daran, dass ich gerade wen mit einem Nagelbrett verhaue.
Doch zumindest kann ich Entwarnung geben: James wird definitiv nicht - wie von manchen befürchtet - zum Supersoldaten, der alles wegballert. Zwei oder drei Gegner reißen mich in Windeseile in Stücke, Munition ist rar gesät, Weglaufen oft die beste Strategie. Silent Hill 2 bleibt Survival Horror, daran ändert sich auch im Remake nichts.
Generell behält das Remake viele Stärken des Originals. Die Rätsel erfordern auf Standardschwierigkeit erfreulich viel eigenständiges Denken, auch die Navigation durch die Spielwelt muss ich selbst auf die Kette kriegen. James markiert wichtige Punkte zwar auf seiner Übersichtskarte, aber die korrekten Schlussfolgerungen muss ich schon selbst ziehen.
Wahlweise kann ich zwischen drei Kampf- und Rätselhärtegraden wählen, die Hilfen an- oder abschalten. Aber schon auf normaler Stufe war ich nach drei Stunden mit Silent Hill 2 völlig ausgelaugt - auf die gute Art und Weise. Die schaurige Atmosphäre des nebligen Örtchens kroch mir tief ins Mark, ich bin mehrfach halb vom Stuhl gehopst, aber vor allem will ich wissen, wie es weitergeht. Und dank der neuen Enden (zusätzlich zu den ursprünglichen) wird das auch Serienveteranen so gehen.
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