Star Wars: Galaxy of Heroes - Ein Jammer, dass dieses Spiel auch 2021 noch so gefährlich ist

Star Wars: Galaxy of Heroes ist für EA eine goldene Geonosis-Gans. Doch gerade der Erfolg kostet das Spiel so viel Potenzial.

Seit dem überbordenden Erfolg von Genshin Impact habe ich einen Narren an sogenannten Gacha Games gefressen - also Spielen, in denen ich coole Charaktere freischalte und sie in immer schwierigere Kämpfe schicke. Das Prinzip gibt's für alle möglichen Genres und Marken, beispielsweise Dragon Ball, Batman samt DC-Universum, One Piece, Final Fantasy - und wer schon mal irgendein Video auf YouTube angeklickt hat, kennt natürlich Raid: Shadow Legends.

Aber kennt ihr auch Star Wars: Galaxy of Heroes? Dafür wurde schon Werbung gemacht, als ich für das allererste Dice-Battlefront 2015 auf der Star Wars Celebration in Anaheim war. Seit knapp 7 Jahren scheffelt EA mit der Gacha-Variante des Kriegs der Sterne Unmengen an Profit.

Denn das Prinzip klingt einfach gut: Sammelt eure liebsten Helden und Schurken aus dem Star-Wars-Universum, beispielsweise die gesamte Truppe aus »The Mandalorian« oder ganz klassisch Luke, Leia, Han und Chewie - und kämpft euch damit durch rundenbasierte Rollenspielkämpfe, um noch coolere Figuren einzusacken. Wahlweise auch mit Raumschiffen. Klasse! Gerade PC-Fans freuen sich über das Ensemble aus Hunderten Figuren aus den besten Star-Wars-Spielen aller Zeiten, darunter auch Revan, Bastila Shan und Darth Malak aus Knights of the Old Republic.

Und weil lange nicht jedes Gacha Game in die Kategorie Pay2Win-Schrott fällt, habe ich mir mutigen Herzens gesagt: Das probiere ich als Star-Wars-Fan mal aus. Star Wars: Galaxy of Heroes muss sich seit Jahren den Vorwurf gefallen lassen, die Leute durch horrende Mikrotransaktionen abzuzocken, doch hier soll sich gerade für 2021 durch Updates viel getan haben. Aber hat es das? Die Antwort: Ja, aber vor allem nein.

Der Autor: GameStar-Redakteur Dimi hat bloß ein paar Mal in seinem Leben auf dem Handy gezockt, weil seine dicken Finger mit Touchscreens ähnlich überfordert sind wie Homer Simpson mit dem Festnetz-Telefon. Aber hey, in Temple Run war er echt nicht schlecht. Doch nach zig Jahren der Abstinenz brachte ihn Genshin Impact zurück - weniger als Spieler und viel mehr als Beobachter der spannenden Entwicklungen, die da auf mobilen Geräten stattfinden. Denn Mobile Games sind mittlerweile viel mehr als Minispiele oder Abzock-Schrott. Es gibt sie, die Geheimtipps, die auch für ein anspruchsvolles PC-Publikum Spaß bringen können. Und Galaxy of Heroes könnte fast dazugehören.

Wie funktioniert Star Wars: Galaxy of Heroes? Und wieso macht das so viel Spaß?

Star Wars: Galaxy of Heroes ist ein richtig spaßiges Spiel. Ja, wirklich. Das Tutorial führt mich Schritt für Schritt in die Materie ein, der Einstieg ist kostenlos, ich werde beworfen mit Ingame-Währung (dahinter steckt natürlich ein Plan) und bastle mir schnell eine Truppe aus coolen Charakteren und Kylo Ren zusammen. Eine Änderung zu früher: Wo Galaxy of Heroes mir vor ein paar Jahren bloß generische, namenlose Popel-Jedi, Klontruppen und Co. als Anfangshelden gab, führe ich jetzt Obi-Wan, Ahsoka Tano, Luke und Anakin Skywalker in die ersten Schlachten.

Star Wars: Galaxy of Heroes lockt mit dem Traum, eure liebsten Star-Wars-Figuren zu sammeln und sie zu spielen. Star Wars: Galaxy of Heroes lockt mit dem Traum, eure liebsten Star-Wars-Figuren zu sammeln und sie zu spielen.

Meinen Trupp aus Lieblingsfiguren jage ich dann durch zwei Kampagnen - helle wie dunkle Seite - und absolviere Hunderte von Kampfszenarien. Mal ballern wir Sturmtruppen über den Haufen, mal bekämpfen wir einen Zirkel aus Jedi-Meistern. Je mehr Szenarien ich bewältige, je mehr Level ich erklimme, desto umfangreicher wird Galaxy of Heroes. Es gibt Gilden-Raids, PvP-Arenen, Challenges, Raumschiffkämpfe und zig andere Spielmodi. Wer will, kann Hunderte Stunden ins Spiel buttern, ohne je alles zu sehen (ich rede gleich drüber, warum diese Zahl relativ ist).

Doch selbst wenn ich mich nur auf die regulären Kampagnen konzentriere: Bei Wattos Doppelkinn, machen diese Kämpfe Laune! Jede Figur hat eigene Fertigkeiten, die ich taktisch klug einsetzen muss. Der alte Obi-Wan debufft Feinde mit Machttrick, Anakin kann seinen Macht-Rundumschub wie in Battlefront 2, Farmboy Luke snipert aus der Distanz mit dem Tatooine-Gewehr, das er im Film nie einsetzt - und Imperator Palpatine brutzelt natürlich wie ein Grillmeister. Wer Rundenkämpfe schon auf dem PC mag, fühlt sich in Galaxy of Heroes direkt zu Hause.

Ich verkürze hier natürlich sehr viel, denn Figuren lassen sich leveln, ausrüsten, spezialisieren, es gibt zig Varianten von Luke, Kylo Ren und Co., Squad-Synergien, Schwierigkeitsgrade und, und, und. Aber mir geht's um den Kern von allem: In Galaxy of Heroes steckt ein wirklich schönes Star-Wars-Spiel - wäre es nur nicht so gefährlich. Gerade für Kinder.

Was ist gefährlich an Galaxy of Heroes?

Bevor jetzt die doch zahlreichen Fans von Galaxy of Heroes direkt zornig nach mir beißen: Man kann dieses Spiel auch komplett kostenlos spielen. Auf YouTube findet ihr haufenweise Grind-Pläne für Free2Play-Naturen, die erklären, wie man theoretisch ganz ohne echtes Geld an legendäre Charaktere kommen kann. Aber meine Fresia, ist das ein mühsames Unterfangen. Wie in den meisten Gacha-Spielen habt ihr pro Tag nur ein gewisses Pensum an Tokens, um Ressourcen zu grinden.

Und in diesem Spiel braucht man für alles Ressourcen. Ihr müsst Shards sammeln, um beispielsweise die Helden aus »Star Wars Rebels« zu bekommen. Dann müsst ihr die wiederum mit Shards und Erfahrung aufleveln, Ausrüstung grinden - und mit den richtigen Figuren weitere Shards sammeln, um stärkere Helden zu bekommen und, und, und.

Galaxy of Heroes ist ein absurder Zeitfresser, falls ihr keinen Tausender auf die Theke legen wollt. Wäre halb so schlimm, falls diese Zeit für spaßiges Gameplay draufginge, aber der stumpfe Grind zweckentfremdet die eigentlich guten Seiten des Spiels. Um die erste legendäre Figur freizuschalten - Supreme Leader Kylo Ren - müsst ihr laut YouTube-Guides als Free2Play-Spieler bis zu einem Jahr täglich (!) grinden:

Link zum YouTube-Inhalt

Alternativ empfehlen andere Guides selbst sparsamen Leuten, am besten direkt das Hyperdrive-Bundle zu kaufen. Das spart euch knapp ein Jahr an Grind, gibt euch eine beträchtliche Zahl an Helden, Schiffen und Währung. Kostenpunkt? 110 Euro. So viel würde es euch auch kosten, Star Wars Squadrons, Battlefront 2 und Jedi: Fallen Order zum jetzigen Vollpreis zu kaufen.

Es ist ein Jammer

Da stellt sich natürlich wie so oft die Frage: Dimi du Tor, warum tust du dir das an? Ein Mobile Game im Star-Wars-Universum mit Gacha-Mechanik - da braucht man keine fiesen Vorurteile gegenüber EA, um die Kostenfalle zu wittern. Aber wie bei Darth Plagueis dem Weisen ruht auch hier die Tragödie: Die Entwickler haben sogar schon Änderungen am Spiel vorgenommen, um es fairer zu machen.

Die Rate an potenziellen Charakter-Ressourcen pro Mission wurde verdoppelt (gut, von eins auf zwei und ich brauche Dutzende Shards pro Figur, aber mei), ich bekomme früher coole Charaktere, es finden sich überall Bestrebungen, das Spiel ein bisschen weniger gierig erscheinen zu lassen - aber das reicht einfach nicht. Und es ist ein Jammer.

Viele Star-Wars-Figuren gibt's in mehrfacher Ausführung, beispielsweise einen Sturmtruppen-Han. Viele Star-Wars-Figuren gibt's in mehrfacher Ausführung, beispielsweise einen Sturmtruppen-Han.

In Star Wars: Galaxy of Heroes steckt echt ein gutes Spiel, eine spaßige Erfahrung, gerade für langjährige Star-Wars-Fans. Aber es gibt mittlerweile so viele Gacha- und Mobile-Spiele, die aus den Fehlern der Vergangenheit lernen, sich bis ins Endgame problemlos ohne Echtgeld-Transaktion spielen lassen, stattdessen dann oft eher auf Battle Passes setzen wie die großen Multiplayer-Shooter. Auch im Mobile-Sektor wird Gaming an vielen Stellen fairer, weil man bei guten Spielen gar keine Pay2Win-Manipulation braucht, um Kohle zu machen.

Galaxy of Heroes bleibt alte Schule. Es will nicht nur bei sogenannten Wale abkassieren, die Tausende von Euro ausgeben, sondern auch Gelegenheitsspielern an jeder Ecke ein bisschen Kohle aus der Tasche locken. Was ihr im Spiel für 20 Euro bekommt, ist ein schlechterer Scherz als das »Star Wars Holiday Special« von 78. Und das bei einem Spiel, das garantiert von unzähligen Kindern gespielt wird, weil a) leicht zugänglich, b) Star Wars, c) bunt, laut, spaßig und d) drücken Eltern ohne Gaming-Erfahrung Kids gerne mal das Tablet in die Hand.

Klar, letztlich liegt die Verantwortung bei den Eltern, aber meiner Meinung nach ist der ahnungslose Papa hier mal nicht der Darth Vader der Geschichte. Wäre Galaxy of Heroes kein solcher Geld-Sarlacc, würde ich an dieser Stelle sagen: Hey, es ist definitiv kein Mobile-Schrott, probiert's unbedingt aus. Stattdessen warne ich wie beim Endgame-Grind von Genshin Impact davor, nicht leichtfertig den Geldbeutel zu zücken - und kauft euren Kids von den 110 Euro lieber Jedi Knight 2 und genug Eis für zehn Sommer.

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