Steam: Adult-Only-Spiele plötzlich im deutschen Store gesperrt, was steckt dahinter?

Auf Steam in Deutschland sind Spiele mit sexuellen Inhalten plötzlich mit einer regionalen Sperrung versehen. Wir erklären, was es damit auf sich hat.

Steam sperrt deutsche Nutzer vom Kauf von Adult-Only-Spielen aus. Steam sperrt deutsche Nutzer vom Kauf von Adult-Only-Spielen aus.

Update vom 29. Dezember 2020:

Der konkrete Grund für die Sperrung von Spielen mit sexuellen Inhalten war eine Beschwerde der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein, wie der Spiegel berichtet. Stein des Anstoßes waren offenbar nicht die Spiele selbst, sondern Screenshots auf Shopseiten einiger Spiele.

Eine Pressesprecherin der Medienanstalt erklärte, man habe gegenüber Valve Verbesserungen vorgeschlagen. Valve belegte daraufhin die Inhalte auf Steam mit einer Sperrung.

Ursprüngliche Meldung:

Deutsche Nutzer können ab sofort nicht mehr auf die Store-Seite von Spielen der Steam-Kategorie Adults-Only zugreifen. Wer versucht, die entsprechende Steam-Seite aufzurufen, erhält die Botschaft »Diese Inhalte sind in Ihrem Land nicht gestattet«.

Dabei handelt es sich aber nicht etwa um ein neues Gesetz gegen Sexspiele, sondern vielmehr um eine Maßnahme von Steam. Ab jetzt existiert ein sogenannter »Region Lock«, der Nutzern einer bestimmten Region Zugang zu Spielen verwehrt. Vergleichbares kennen deutsche Spieler bereits von indizierten Spielen.

Mehr spannende Themen zum Thema Steam findet ihr übrigens auch bei GameStar Plus, wo wir beispielsweise der Frage nachgegangen sind, ob man seine Steambibliothek vererben kann:

Was könnte passiert sein?

Wir hatten zuvor gemutmaßt, es ginge um Jugendschutzbestimmungen bei sogenannten »geschlossenen Benutzergruppen«, mit denen Steam sicherstellen müsste, dass nur Erwachsene darauf Zugriff hätten, sollte es sich bei den angebotenen Inhalten etwa um Pornografie handeln.

Geschlossene Benutzergruppen benötigen nach geltendem deutschen Recht eine sichere Methode zur Altersfeststellung. Da Steam diese jedoch nicht bietet, könnte der Region Lock der Shop-Kategorie und sämtlicher darin befindlicher Spiele eine Sicherheitsmaßnahme sein, um rechtlichem Ärger vorzubeugen.

Diese Seite erwartet deutsche Steam-Nutzer, wenn sie nach Adults-Only-Spielen suchen. Diese Seite erwartet deutsche Steam-Nutzer, wenn sie nach Adults-Only-Spielen suchen.

Nach Rücksprache mit der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) und genauerer Betrachtung des Jugendmedienschutzstaatsvertrags gelangen wir aber zu einer anderen Einschätzung. Womöglich kommt eine konkrete Maßnahme seitens Steam gegen sogenannte Hentai-Spiele in Deutschland in Frage.

An dieser Stelle haben wir klarer herausgestellt, dass die Einschätzung zu den Gründen für die Sperre von uns stammt und nicht auf konkreten Aussagen der KJM beruht.

Der Jugendschutz muss sich häufiger mit Erotikspielen auseinandersetzen, in denen Minderjährige gezeigt werden oder Charaktere zumindest so aussehen, als hätten sie das Erwachsenenaltern noch nicht erreicht. Was der Jugendschutz da tut und wo genau das Problem liegt, lest ihr im Plus-Report:

Der Jugendmedienschutzstaatsvertrag (JMStV) regelt unter Paragraf 4 (1) Absatz 9 wie folgt: Demnach sind »Angebote im Internet unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit unzulässig, wenn sie Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen«.

Diese unter Paragraf 4 (1) gefassten unzulässigen Angebote sind in jedem Fall strafrechtlich relevant und dürfen in keinem Fall im Internet angeboten werden, während Absatz (2) zulässige pornografische Inhalte regelt. Letztere dürfen angeboten werden, wenn sichergestellt wird, dass nur Erwachsene Zugriff darauf erhalten (geschlossene Benutzergruppen).

Da neben Hentai-Spielen auch komödiantische Sexspiele wie »Sex with Stalin« von der Deutschlandsperre betroffen sind, kommen mehrere Ursachen in Frage. Offenbar will Valve vermeiden, sich wegen des Verkaufs von Kinderpornografie angreifbar zu machen und kann mangels wirksamer Altersverifikation auch keine Spiele mehr in Deutschland anbieten, die unter den Pornografiebegriff fallen könnten.

Was kommt als nächstes?

Zumindest bei legaler Pornografie hätte Steam die Möglichkeit, Änderungen vorzunehmen, um mit deutschem Recht konform zu gehen. Dafür müsste Valve aber eine sichere Form der Alterskontrolle integrieren, durch die sichergestellt wird, dass nur Erwachsene Zugang zu den Angeboten erhalten.

Bislang fragt Steam lediglich höflich nach dem Geburtsdatum, was natürlich nur auf der Ehrlichkeit des Anwenders basiert und nicht als sicher betrachtet werden kann.

Anscheinend geht Valve hier den einfachen Weg und sperrt deutsche Nutzer von Spielen mit explizit sexuellen Inhalten komplett aus. Ob sich das in Zukunft ändern wird, bleibt unklar. Wir haben Valve um eine Stellungnahme gebeten und werden diese Meldung bei einer Antwort aktualisieren.

Mehr Expertenwissen zum Thema gefällig? Wie sehr Zensur Spielen manchmal schaden kann, seht ihr im folgenden Video:

Die am schlimmsten zensierten Spiele - Wenn Jugendschutz zu weit geht Video starten PLUS 12:11 Die am schlimmsten zensierten Spiele - Wenn Jugendschutz zu weit geht

Sind Spiele »ab 18« gefährdet?

Spieler könnten die neuerlichen Entwicklungen als beunruhigend empfinden, was generell Inhalte für Erwachsene auf Steam betrifft. Schließlich sind Spiele »ab 18 Jahren« ebenfalls auf Steam verfügbar.

Bei Spielen mit USK-Freigabe handelt es sich aber, entgegen der unter Paragraf 4 (1) des JMStV zusammengefassten unzulässigen Angebote, lediglich um potenziell »entwicklungsbeeinträchtigende Angebote«. Hier würde schon eine weniger strenge Beschränkung ausreichen, wie uns die KJM erklärte:

"Sie dürfen verbreitet werden, wenn Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie nicht wahrnehmen können. In Telemedien sind als Zugangsbeschränkungen technische Kontrollmechanismen, etwa Jugendschutzprogramme oder technische Mittel, vorgesehen. Aber auch Zeitgrenzen können im Internet als Jugendschutzmaßnahme eingesetzt werden. Anbieter entwicklungsbeeinträchtigender Inhalte in geschlossenen Systemen können für ihre Angebote auch eigene Jugendschutzprogramme entwickeln und einsetzen. Diese können sie einer der vier anerkannten Einrichtungen der Freiwilligen Selbstkontrolle zur Eignungsprüfung vorlegen, so wie es beispielsweise Nintendo oder die Telekom für ihre Gaming-Angebote getan haben."

Das Hin und Her mit JusProg

Bereits 2019 hatte sich die Rechtslage in Deutschland bezüglich dessen vorübergehend verändert. Zuvor galt die Software-Lösung JusProg, eine Filtersoftware, die Eltern anwenden können, um Computer kindersicher zu machen, als ausreichend. Wenn JusProg auf einem PC installiert ist, wird Steam für Kinder komplett gesperrt. Damit verbreitet Steam in Deutschland nicht jugendfreie Inhalte gesetzeskonform.

Im Mai 2019 verwehrte die KJM ihre erneute Bestätigung der durch die Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter ergangenen Prüfung, da sie die Anforderungen nicht erfüllt habe. Wie die Anwälte Andreas Grünwald und Christoph Nüßing in einem Artikel erklären, monierte die KJM, dass JusProg lediglich auf Windows-PCs verfügbar gewesen sei, aber auf allen Plattformen funktionieren müsse, und beurteilte folglich die Eignung von JusProg als Jugendschutzprogramm für unwirksam. Anschließend wurde diese Entscheidung jedoch laut FSM vom Verwaltungsgericht Berlin wieder aufgehoben. Man einigte sich auf einen Vergleich, der zur Folge hatte, dass trotz der KJM-Entscheidung keine Vollziehungs- oder Vollstreckungsmaßnahmen ergriffen wurden.

JusProg hängt damit weiterhin in der Schwebe, denn die endgültige Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin steht noch aus.

Inzwischen hat die FSM JusProg auch für mobile Geräte geprüft und freigegeben. Die zuständige Kommission für Jugendmedienschutz hat gemäß des Jugendmedienschutzstaatsvertrags noch eine Frist bis Ende Februar, um ihren Segen zu geben.

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