Zwanzig Minuten - viel Zeit für einen Strategen. Das reicht locker, um in Age of Empires 3 selbst die dicksten Festungsmauern zu durchbrechen, in Warcraft 3 sämtliche Upgrades zu erforschen oder eine komplette Mission in Dawn of War zu erledigen. Und genügt gerade mal so, um in Supreme Commander einen Panzer von der Heimatbasis zur Feindfestung zu bewegen - kein Wunder bei einer simulierten Schlachtfeldgröße von bis zu 6.400 Quadratkilometern.
Die Maßstäbe der Genre-Konkurrenz wirken im Vergleich zum Echtzeit-Strategiespiel von Gas Powered Games (Dungeon Siege 2) geradezu kümmerlich. Hier spucken Dutzende Fabriken Hunderte von Panzern, Schiffen und Kampfflugzeugen aus, die gleichzeitig an mehreren Fronten in gewaltigen Massenschlachten aufeinanderprallen.
Cyborgs gegen Fanatiker
Wer große Armeen ins Feld führt, braucht ein angemessenes Ziel. Dementsprechend kämpfen die drei Fraktionen von Supreme Commander im Jahr 3844 um nichts Geringeres als die Herrschaft über das Universum, jede mit ihren eigenen nachvollziehbaren Motiven: Die United Earth Federation (UEF), eine Art Nato der Zukunft, will schlicht alle Planeten unter einem Banner vereinen. Eine ausgesprochen schlechte Idee in den Augen der Cybrans, eine ursprünglich von den Menschen erschaffene Cyborg-Rasse, die nach Unabhängigkeit strebt. Die Folgen sind Krieg und Zerstörung, was wiederum die menschliche Separatistengruppe der Aeon auf den Plan ruft. In deren religiös-verklärten Augen können nur Liebe und Frieden das Universum retten - und weil UEF und Cybrans das offensichtlich anders sehen, müssen sie eben »bereinigt« werden.
Eine Frage der Perspektive
Jede Partei erzählt ihre Sicht auf die Geschehnisse in einer eigenen Kampagne. Dieser parallele Handlungsverlauf erscheint auf den ersten Blick eine nette Idee, hat jedoch zwei Nachteile: Zum einen bleibt die Geschichte bei gerademal sechs linearen Missionen pro Rasse sehr oberflächlich.
Zum anderen fehlt die Zeit, um behutsam in die komplexen strategischen Zusammenhänge von Supreme Commander einzuführen - jeweils schon im zweiten Einsatz müssen Sie riesige Armeen und Stützpunkte verwalten. Eine durchgehende Kampagne mit Fraktionenwechsel wie in Warcraft 3 hätte die steile Lernkurve erheblich geglättet und der Geschichte mehr Raum zur Entfaltung gegeben.
Mein Freund, der Roboter
Zentrale Figur im Kriegseinsatz ist die so genannte ACU (Armored Command Unit). Dieser turmhohe Roboter ist quasi Ihr Alter Ego auf dem Schlachtfeld.
In der Theorie verfügt die ACU über die stärksten Waffensysteme des Spiels, die Sie sogar in mehreren Stufen ausbauen dürfen. In der Praxis werden Sie den Blechkameraden jedoch vor allem gut behütet in der heimischen Basis einsetzen. Denn sobald die ACU zerstört wird, verlieren Sie die Partie. Außerdem beherrscht der Kollege nicht nur die Waffengewalt, sondern auch den Gebäudebau und die Rohstoffgewinnung - zwei äußerst wertvolle Talente. Denn obwohl es mit Masse und Energie nur zwei Ressourcen gibt, fordert das Managen einer effizient operierenden Basis viel logistisches Fingerspitzengefühl. Nur ein Stützpunkt mit Dutzenden Kraftwerken und Masse-Extraktoren ermöglicht die erforderliche Fließbandproduktion von Kriegsgerät in den Fabriken und den Aufstieg in die nächste der drei Technologiestufen, um neue Einheiten freizuschalten. Per gedrückter Umschalttaste hängen Sie deshalb Einzelbauaufträge zu ganzen Befehlsketten zusammen, die Ihre Ingenieure und die ACU in der vorgegebenen Reihenfolge abarbeiten.
Dennoch will jeder Mausklick wohlüberlegt sein, da selbst die Bautätigkeiten Ressourcen kosten. Einsteiger landen deshalb frustrierend schnell in der Schuldenfalle. Haben Sie das System jedoch erstmal kapiert, macht das Jonglieren von Rohstoffen, Verteidigungsmaßnahmen und Einheitenproduktion eine Menge Spaß - auch wenn Gebäude und Ressourcengewinnung bei allen Fraktionen nahezu identisch funktionieren.
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