Team 17: Nach Ärger um NFTs sprechen Mitarbeiter über Missstände beim Studio

Die Website Eurogamer hat mit mehr als 12 Mitarbeitern von Team 17 über die Probleme an ihrem Arbeitsplatz gesprochen, wir fassen das Wichtigste zusammen.

Es ist für uns und viele andere inzwischen zur traurigen Gewohnheit geworden, regelmäßig über neue Berichte zu Missständen in der Gaming-Industrie zu lesen. Eine Recherche von Eurogamer legt jetzt nahe, dass auch der Publisher und Entwickler Team17 einen teils problematischen Umgang mit seinen Mitarbeitern pflegt.

Wir haben die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht von Tom Phillips zusammengefasst. Dabei berichten wir ausschließlich auf der Grundlage des Artikels von Eurogamer, wir konnten die Primärquellen nicht selbst überprüfen, haben zum Zeitpunkt dieses Artikels aber keine Zweifel an der Echtheit der Aussagen.

Worms-Debakel als Auslöser

Was ist passiert? Offenbar haben sich mehr als ein Dutzend Angestellte von Team17 dazu entschlossen, sich nach der Ankündigung der NFT-Pläne des Studios an das englische Videospielmagazin Eurogamer zu wenden. Ziel dieser Kontaktaufnahme war es, ihre Sorgen und Bedenken über die Missstände an ihrem Arbeitsplatz zu teilen - allerdings anonym, um ihre Karriere nicht zu gefährden.

Team17 hatte vor kurzem angekündigt, Bilder aus der Worms-Serie als NFT verkaufen zu wollen. NTFs (Non-Fungible Token) sind, wie der Name schon sagt, nicht austauschbare, digitale Objekte. Oftmals sind damit digitale Bilder gemeint, die quasi nur eine Person besitzen kann (also eine Art digitales Unikat).

Der Kauf und Verkauf von NFTs wird im Internet heiß diskutiert und trifft vor allem unter Videospielfans auf Ablehnung. So auch bei der Ankündigung von Worms-NFTs, als der Publisher eine Menge Kritik von Spielern und Entwicklungs-Partnern einstecken musste. Der Entwickler AggroCrab ging sogar so weit, damit zu drohen, die Zusammenarbeit mit Team 17 aufzukündigen, wenn der Publisher an den Plänen festhalte. Kurze Zeit später kündigte dann Team17 an, den Verkauf von NFTs nicht weiter zu verfolgen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle findest du einen externen Inhalt von Twitter, der den Artikel ergänzt.
Du kannst ihn dir mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir Inhalte von Twitter angezeigt werden.

Personenbezogene Daten können an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Link zum Twitter-Inhalt

Aber auch innerhalb des Studios müssen die NFT-Pläne für einigen Ärger gesorgt haben. So wurden die NFT-Pläne laut den berichtenden Angestellten etwa ein Jahr lang im Stillen von der Führungsebene des Studios verfolgt. Mehrere Teams wurden gar nicht über die geplante Ankündigung informiert.

Von den Angestellten, die von den Meta-Worms wussten, gab es offenbar auch teils deutliche Kritik - die wurde laut den Aussagen der Angestellten gegenüber Eurogamer aber geflissentlich ignoriert. Als man schließlich bekanntgegeben hatte, auf die kontroversen NFTs zu setzen, wurden die Angestellten davor gewarnt, die Pläne öffentlich zu kritisieren. In einem Schreiben hieß es laut den Eurogamer-Quellen, öffentliche Kritik könne Disziplinarmaßnahmen zur Folge haben.

Als die Ankündigung der NFT-Worms dann auf Ablehnung und Unverständnis stieß, mussten die Mitarbeiter anscheinend die Folgen ausbaden: Ein Angestellter machte im Gespräch mit Eurogamer seinem Ärger Luft:

[...] und das alles, weil die Manager eine solch monumentale Dummheit begangen haben, ohne auch nur einen Gedanken an diejenigen zu verschwenden, die die ganze Last zu tragen haben. Sie haben sich nicht bei den Angestellten entschuldigt, nicht einmal bei den Community-Managern, die deswegen einer Menge Anfeindungen ausgesetzt wurden.

Der Umgang mit den Folgen der Ankündigung brachte bei einigen Angestellten wohl das Fass zum Überlaufen. Sie berichteten Eurogamer nicht nur von der misslungenen Kommunikation bei dem Worms-Debakel, sondern auch von weiteren Problemen mit niedrigen Löhnen, hoher Arbeitsbelastung und sexueller Belästigung bei Team17. Einige Angestellte haben wohl aus diesen Gründen auch schon den Arbeitsplatz gewechselt.

Kundenservice, Conventions, Crunchtime

Schlechte Arbeitsbedingungen

Zu viele Projekte: Offenbar haben sich die Zustände bei Team17 über die letzten Jahre fortwährend verschlechtert. Auf der einen Seite habe man versucht, immer mehr Spiele zu veröffentlichen, was dazu führte, dass schlicht nicht genug Entwicklungszeit für die Projekte aufgewendet werden konnte. Mitarbeiter mussten viele Überstunden machen und Spiele wurden übereilt und unfertig veröffentlicht - auch da zum Teil feste Deadlines vorgegeben waren.

Vor allem Mitarbeiter der Qualitätssicherung seien davon betroffen. Im Gespräch mit Eurogamer geben sie an, zu verzweifeln, da ihre Bedenken wegen Entwicklungsproblemen ignoriert und Bugs erst verspätet nach dem Release gefixt werden.

Das beschädige die Moral der Angestellten, die eine Menge Arbeit und Herzblut in ihre Projekte stecken und dann dabei zusehen müssen, wie ihr Spiel unfertig in Spielerhände gegeben wird.

Überstunden: Gleichzeitig leiden die Mitarbeiter wohl wie auch in anderen Studios unter exzessivem Crunch. Es ist von einem Team die Rede, dass wegen eines Projekts monatelang jeden Tag Überstunden machen musste. Teils wurden Mitarbeiter wohl nicht einmal für die zusätzliche Zeit bezahlt.

Hinzu kam, dass ein bisher obligatorischer Weihnachtsbonus für 2021 ohne Vorwarnung gekürzt wurde, obwohl Team17 im gleichen Jahr Rekord-Profite vermeldete. Als Grund gab man dann auf Nachfrage den mangelnden Erfolg einiger Spiele an.

Schlechte Bezahlung: Außerdem klagen Mitarbeiter der Qualitätssicherung über die schlechte Bezahlung bei Team17. Laut Aussagen von Angestellten, die zu einem anderen Entwickler gewechselt haben, verdient man bei Team17 in einer vergleichbaren Stelle etwa 10.000 Pfund weniger pro Jahr - das sind etwa 12.000 Euro.

Angestellte berichten davon, dass sie teils auf Mahlzeiten und neue Kleidung verzichten müssten, um von ihrem Gehalt leben zu können. Deshalb haben sich auch schon einige von ihnen gemeinsam um eine Gehaltserhöhung bemüht - bisher allerdings erfolglos.

Sexuelle Belästigung: Im Büro in Nottingham fielen wohl auch einige männliche Mitarbeiter durch ihr übergriffiges Verhalten auf: So verschickten sie teils entwürdigende Nachrichten an weibliche Kolleginnen. Als diese sich wegen dieses inakzeptablen Verhaltens an die Personalabteilung wandten, wurde ihnen erklärt sie müssten diese Dinge unter sich klären. Die mutmaßlichen Täter wurden hingegen nur milde verwarnt.

Das Vertrauen in die Personalabteilung sei aufgrund dieser Vorfälle stark gesunken. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätten nun Angst, sich wegen Problemen an diese zu wenden.

CEO gerät in Kritik

Einige der Vorwürfe der Angestellten beziehen sich auch direkt auf die CEO und Mitgründerin von Team17, Debbie Bestwick. So habe sich auf ihren Impuls hin die Angewohnheit verbreitet, trotz Krankheit am Arbeitsplatz zu erscheinen. Außerdem wird berichtet, Bestwick habe mehrere Male Angestellte dazu verpflichtet, ihre Weihnachtsgeschenke einzupacken.

Bestwick sei außerdem dafür bekannt, Angestellte so anzugehen, dass sie aufgelöst und weinend aus Meetings kämen, was eine entwürdigende und beschämende Erfahrung sei. Teils drohe man Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einem Gespräch mit Debbie, wenn sie ihre Arbeit nicht rechtzeitig erledigen.

Weiterhin kritisieren die Angestellten Bestwick teils als selbstgerecht und kritikunfähig. So schriebe sie auf Social Media Kanälen viel darüber, wie es ist, eine Frau in der Spiele-Industrie zu sein und bestünde auf ihrer moralischen Integrität. Gleichzeitig würden in ihrer eigenen Firma Belästigung am Arbeitsplatz unter den Teppich gekehrt und Angestellte schlecht bezahlt.

Stellungnahme von Team17

Eurogamer hat auch um eine Stellungnahme des Studios zu den Problemen gebeten und diese auch bekommen. Wir haben sie für euch übersetzt:

Team 17 Digital nimmt die Verantwortung für seine Beschäftigten sehr ernst. Wir überprüfen regelmäßig unsere internen Regeln und unsere Arbeitspraxis. Dabei bringen wir in Erfahrung, wie wir am besten unsere Angestellten unterstützen können, etwa durch Mitarbeiterbefragungen und das direkte Gespräch mit dem Team und neuen, von Mitarbeitern geführten Arbeitsgruppen.

Unsere Bemühungen umfassen unter anderem Vergütung, Betriebsklima und Arbeitsumgebung, die ständig zugunsten der Erfahrungen unserer Angestellten verbessert werden sollen. Im Januar haben wir deshalb neue Verbesserungen angekündigt, die die Bezahlung und Belohnung unserer Teammitglieder betreffen. Unsere Angestellten liegen uns am Herzen und unser Ziel ist es, sicherzustellen, dass sie sich wertgeschätzt und verbunden fühlen, und außerdem Zugehörigkeit und Sinnhaftigkeit empfinden. Sie sollen auch weiterhin stolz auf Team 17 sein und die Produkte, die wir entwickeln und veröffentlichen.

Angestellte wünschen sich Verbesserungen

Trotz allem betonen die Angestellten im Gespräch mit Eurogamer immer wieder, dass sie ihre Arbeit eigentlich sehr schätzen. Sie bringen die Hoffnung auf Verbesserungen zum Ausdruck und wollen trotz der Probleme weiter bei Team17 arbeiten.

zu den Kommentaren (56)

Kommentare(50)
Kommentar-Regeln von GameStar
Bitte lies unsere Kommentar-Regeln, bevor Du einen Kommentar verfasst.

Nur angemeldete Benutzer können kommentieren und bewerten.