The Division 2, Anthem & Co: Kommt mir nicht mit Endgame - Meinung: Lasst Spiele einfach enden!

Ein Spiel muss über 100 oder gar 1.000 Stunden lang unterhalten, wochen- oder gar monatelang, als Game-as-a-Service mit immer neuen Inhalten und unendlichem Endgame? Peter findet: Nein, muss es nicht.

The Division 2 hat einige coole Kniffe im Endgame - aber Peter wird die wohl nie zu sehen bekommen. Denn das Ende der Geschichte ist für ihn auch das Ende eines Spiels. The Division 2 hat einige coole Kniffe im Endgame - aber Peter wird die wohl nie zu sehen bekommen. Denn das Ende der Geschichte ist für ihn auch das Ende eines Spiels.

Ich habe keine Zeit. Arbeit, Pendeln, Netflix, ab und zu ein Buch lesen, Freundin treffen, zwischendurch mal waschen/bügeln/staubsaugen und dann und wann auch noch was essen - um das alles unter einen Hut zu bringen, muss ich mich ganz schön anstrengen, denn auch mein Tag hat nur 24 Stunden. Seit ich 30 bin, hat er gefühlt sogar nur noch 18. Und Zeit zum Spielen bleibt dabei immer weniger.

Deshalb bin ich so irritiert über die Berichte von Spielern, die 600, 800 oder über 1.000 Stunden in einziges Spiel stecken - und schon kurz nach Release eines neuen Titels wie Anthem oder The Division 2 über das Endgame motzen, das solche kolossalen Stundenzahlen erst möglich macht.

Endgame? Hallo, ich würde mich viel mehr freuen über ein »End Game«! Ich hätte gerne wieder die Möglichkeit einen definitiven Schlussstrich unter meine Spiele zu ziehen. Einen Punkt, an dem ich sie geschafft habe, deinstallieren darf und meine kostbare Freizeit einem der vielen, vielen anderen Titel opfern kann, die um meine Aufmerksamkeit und mein begrenztes Stundenkontingent buhlen.

Assassin's Creed 100 Stunden gespielt - Dafür macht Peter eine Ausnahme

Der Autor
Für Peter Bathge ist's irgendwann halt auch mal gut: Er möchte nicht, dass Spiele nie zu Ende gehen und als Games-as-a-Service ewig weiter bestehen. Spiele mit eingebautem Taschenrechner (also alle Loot-Häcksler und -Shooter) findet er auf Dauer langweilig - ihm reicht es, die Story-Kampagne von Anthem oder The Division 2 einmal durchzuspielen und sich dann gleich ins nächste Abenteuer zu stürzen. Oder auf seine Couch. Netflix, Buch, Freundin und so.

Endloses Endgame in The Division 2? Brauch ich nicht!

Bereits das Wort stößt mir sauer auf: Das Ende eines Spiels sollte ... nun ja, das Ende sein - und nicht eine zeitlich unbegrenzte Phase, in der ich noch weiterspielen kann. Beziehungsweise: in der ich alles nochmal spielen muss. Denn Endgame, das bedeutet auch Recycling: Fast alle Loot-Shootern und Action-Rollenspiele der letzten Jahre (Destiny, Diablo 3, Anthem, The Division) setzten zumindest zum Release darauf, dass Spieler die bestehenden Inhalte erstmal fröhlich wiederkäuen.

Ich soll die immer gleichen Missionen absolvieren, die ewig gleichen Gebiete abgrasen, um für marginal bessere Items zu grinden, Charakterwerte im Nachkommastellenbereich zu erhöhen und meine Schadenszahlen in neue Höhen zu schrauben. Wozu? Damit ich die ewig gleichen Missionen in einem höheren Schwierigkeitsgrad nochmal spielen kann, mit etwas stärkeren Gegnern, für deren Abschuss ich wieder etwas stärkere Gegenstände bekomme, um schließlich die gleichen Missionen ... und so weiter.

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Manch ein Spieler schwört auf diesen Loop der Content-Wiederverwertung, meinen Geschmack trifft die Spieleindustrie damit schon lange nicht mehr. Ja, auch ich habe damals Diablo 2 gespielt und Loot gesammelt. Genau zwei Mal - als das Hauptspiel erschien und dann später nochmal mit dem Add-on. Aber höhere Schwierigkeitsgrade, Grind, Optimierung meines Charakters, kurz gesagt Endgame? Damit kann ich überhaupt nichts anfangen.

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The Division 2 bevölkert seine Welt im Endgame mit einer neuen Gegnerfraktion. Die bekannten Missionen absolviert ihr erneut, nur diesmal schießt ihr eben auf die Soldaten von Black Tusk. The Division 2 bevölkert seine Welt im Endgame mit einer neuen Gegnerfraktion. Die bekannten Missionen absolviert ihr erneut, nur diesmal schießt ihr eben auf die Soldaten von Black Tusk.

Bin ich zu alt fürs intensive Spielen?

Vielleicht ist es eine Frage des Alters? Als ich jünger war, hatte ich gefühlt mehr Zeit. Und ich hatte weniger Auswahl bei der Freizeitgestaltung: Das Taschengeld war knapp, die Spiele teuer, für den Vorschlag eines Free2Play-Modells wären damalige Entwickler ausgelacht worden und überhaupt - wer nicht gerade in Heften wie der GameStar nach Spieletests Ausschau hielt, bekam ohne die heutige Allgegenwärtigkeit des Internets ja gar nicht mit, was für neue Spiele diesen Monat auf den Markt gekommen waren.

Aber heute? Da habe ich Geld (so oft wie mich EA schon bestochen hat) und praktisch grenzenlosen Zugriff auf neue Spiele. Aber die einst so reichhaltige Zeit, die ich in meiner Jugend mit beiden Händen ausgegeben, geradezu verschwendet habe, die ist nicht nur knapper geworden, sondern auch kostbarer. Und ich will sie nicht mit für mich sinnlosem Gegrinde in Spielen verbringen, die in ihrem Endgame nichts Neues zu erzählen haben.

Richtig Schlussmachen mit Petra:
Collectibles, Nebenmissionen und Co. - Lasst es mich beenden

Ich bezweifle nicht, dass das Design eines motivierenden Endgames eine sehr anspruchsvolle Aufgabe ist. Knöpfe in meinem Gehirn müssen gedrückt, Gegnerstärken ausbalanciert, Loot-Verteilungsschlüssel feingetunt werden - alles, damit der Anblick von grünen, lila oder goldenen Items die richtigen Glücksgefühle bei mir auslöst und ich dem Spiel treu bleibe. Egal ob es mir grundsätzlich überhaupt noch Spaß macht oder nicht. Denn Endgame ist auch ein Stück weit Gehirnwäsche.

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Der Spaß kommt VOR dem Endgame

Was mich an Spielen fasziniert, das sind toll geschriebene Geschichten, atmosphärische Welten, neue Ideen. Ich bin ein Fan von Triple-A-Singleplayer-Spielen. Und ja, das Gameplay ist mir natürlich auch sehr wichtig. Im Kampf, auf der Rennstrecke, im Weltall muss es einfach flutschen. Aber selbst das beste Gameplay wird mir nach einer gewissen zwei- bis dreistelligen Stundenzahl schlichtweg fad.

Okay, zugegeben, Rocket League hat inzwischen Lootboxen und man verdient sich mit jedem Match neue (rein kosmetische) Items. Aber dabei von Endgame zu sprechen, wäre überzogen. Okay, zugegeben, Rocket League hat inzwischen Lootboxen und man verdient sich mit jedem Match neue (rein kosmetische) Items. Aber dabei von Endgame zu sprechen, wäre überzogen.

Da lobe ich mir die Unberechenbarkeit von menschlichen Gegenspielern, den Nervenkitzel einer Multiplayer-Partie, die jedes Mal anders verläuft. Das ist es, was mich in Rocket League wieder und wieder zurück in die Stadien mit den ferngesteuerten Miniaturautos zieht - die Ungewissheit, ob mein Gegenspieler nach rechts oder links lenkt, ob er den Ball mit einem Aerial aus der Luft pflückt oder einen wahnwitzigen Torwartfehler begeht.

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Aber das ist kein Endgame in der Art, wie Ubisoft, Bioware oder Bungie es propagieren und wie es von Videospielern, Journalisten und Branchenbeobachtern in den vergangenen Jahren immer wieder gefordert wurde. Alle wollen sie, dass das Spiel auch ohne Mitspieler eben nicht zu Ende geht, dass man es ewig spielen kann, die immer gleichen KI-Widersacher immer wieder umholzen muss und dafür immer bessere Items bekommt. Aber gerade das ist für mich eine Horrorvorstellung.

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Denn erstens kann kein Entwicklerstudio der Welt genügend Inhalte erschaffen, um diese Gier nach mehr zu befriedigen (auch wenn Zufallselemente wie die Nephalem-Portale aus Diablo 3 die Sache erleichtern und das Endgame in The Division 2 in die richtige Richtung geht). Und zweitens habe ich doch gar keine Zeit dafür, wochen- oder monatelang am selben Spiel zu hängen!

Hier also mein Aufruf an die Entwickler, in Englisch, damit es auch alle verstehen: »Don't give me an endgame, just end your game!«

Und jetzt ist Schluss mit dieser Kolumne. Aber wenn ihr wollt, könnt ihr sie nochmal lesen. Für einen höheren Schwierigkeitsgrad empfehle ich, dabei ein Auge zu schließen. Als Belohnung winkt mein Respekt. Das ist journalistisches Endgame!

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