Der 27. Juni 2019 war für das ukrainische Entwicklerstudio Frogwares ein bittersüßer Tag: Einerseits erschien endlich das Thriller-Rollenspiel The Sinking City, an dem die Frauen und Männer vier Jahre lang hart gearbeitet hatten. Andererseits erreichte den CEO von Frogwares noch am gleichen Tag eine Mail ihres Publishers BigBen Interactive mit einer schockierenden Nachricht: Frogwares werde keinen Cent der Verkäufe ihres Spiels erhalten. Der komplette Profit wandere einzig und allein in den Geldbeutel des Publishers.
Das Team war am Boden, frustriert, traurig, wütend, aber nicht überrascht. Denn das ukrainische Studio verband zu diesem Zeitpunkt bereits eine dramatische, zweijährige Geschichte mit dem französischen Publisher Nacon und seinem Partner BigBen Interactive. Eine Geschichte, die von zerstörtem Vertrauen, ignorierten Mails, vorenthaltenen Honoraren, Schuldenbergen und Existenzangst geprägt war - und die im Sommer 2020 schließlich einen dramatischen Höhepunkt erreichen sollte, als The Sinking City aus allen Online-Stores verschwand. Wie konnte es soweit kommen?
Wir haben den Publisher Nacon/BigBen Interactive um eine erweiterte Stellungnahme gebeten, aber bis zum Erscheinen des Artikels keine Rückmeldung erhalten. So beleuchtet dieser Report insbesondere die Perspektive von Frogwares, die uns vom CEO Waël Amr, Community Manager Sergey Oganesyan und Head of Publishing Olga Ryzhko geschildert wurde.
Update vom 03.03.2021: Dieser Artikel erschien ursprünglich im September 2020. Wir haben ihn auf Basis der neuesten Entwicklungen um Diebstahlsvorwürfe zu The Sinking City aktualisiert (ihr findet das Update am Ende des Texts) und neu veröffentlicht.
Ein Traditionsunternehmen spielt auf Risiko
Im Jahr 2000 gründeten sechs französischer Aussiedler Frogwares und richteten gleich zwei Firmensitze ein, im irischen Dublin und im ukrainischen Kiev. Der Name des Studios spielt auf das Ursprungsland der ersten Frogwares-Mitarbeiter an, die von englischen Kollegen und Freunden wegen ihrer französischen Herkunft »Froggies« gerufen wurden - eigentlich eine diskriminierende Beleidigung, die von den ersten Frogwares augenzwinkernd zum Studionamen erhoben wurde. Und dann machten sie sich an die Arbeit.
Ihr erstes Spiel Sherlock Holmes: Das Geheimnis der Mumie erschien 2002 und zementierte eine enge Verbundenheit mit dem »Sherlock Holmes«-Universum, die bis heute anhält und acht weitere Spiele mit dem Meisterdetektiv in der Hauptrolle hervorgebracht hat. Finanziell stand Frogwares von Anfang an auf sicheren Beinen, wie CEO und Studiogründer Waël Amr im Interview mit GameStar stolz bescheinigt: Die Detektivspiele waren kommerziell erfolgreich, das Entwicklerteam wuchs kontinuierlich von sechs auf später 80 Mitarbeiter im Jahr 2018.
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