Die Witcher-Serie auf Netflix tritt an, das Loch in eurem Herzen zu füllen. Egal, ob ihr nun ein Game-of-Thrones-Fan seid, der nach dem miserablen Finale dringend eine neue düstere Fantasy-Serie braucht, oder ein Witcher-Fan, der seit dem vorläufigen Ende der Spielereihe auf dem Trockenen sitzt. Ich bin beides und war entsprechend richtig heiß auf die Serie.
Jetzt ist sie da und ich verrate euch, ob sie die hohen Hoffnungen erfüllen kann. Übrigens komplett spoilerfrei, ich will nur mal ganz kurz die grobe Prämisse umreißen für alle, die bislang noch gar nichts mit dem Witcher am Hut hatten.
Worum geht's in der Witcher-Serie?
Die Serie dreht sich um Geralt von Riva, der als Hexer brutalen Mutationen unterzogen wurde, um zum perfekten Monsterjäger zu werden. Aus den Intrigen von Königen und Zauberern hält er sich eigentlich am liebsten raus, aber als sich seine Pfade mit der ehrgeizigen Magierin Yennefer und der verfolgten Prinzessin Ciri kreuzen, ist das auf einmal gar nicht mehr so einfach.
Für Spiele-Fans heißt das: Die Serie erzählt die Vorgeschichte der Spiele oder - wenn man so will - sogar die wahre Hexer-Story. Denn die Serie basiert auf den ursprünglichen Büchern, in denen diese Figuren erstmals eingeführt wurden. Die Spiele kamen erst danach und hängten ihre eigene Story an diese eigentlich abgeschlossene Saga dran.
Was die Spiele großartig machten, aber eben auch mit einigen Freiheiten - zum Beispiel spielten Yen und Ciri erst in The Witcher 3 eine große Rolle. Hier erleben wir quasi ihre »Origin Story«. Was uns auch gleich zur wichtigsten Frage für die Serie bringt: Wie gut bringt sie die ikonischen Witcher-Figuren auf den Bildschirm?
Ein toller Geralt
Ohne einen starken Geralt könnte man das ganze Projekt direkt in die Tonne kloppen - aber zum Glück ist Henry Cavill ein fantastischer Geralt! Ich geb's zu, ich war von dem Casting ursprünglich nicht begeistert - warum denn der Typ aus den lahmen Superman-Filmen? Aber ich lag falsch: Cavill verkörpert die verschiedenen Gesichter des Hexers durch die Bank genau richtig.
Sowohl den scheinbar emotionslosen und regelrecht furchteinflößenden Monsterschlächter als auch den deutlich nachdenklicheren und von Selbstzweifeln geplagten Mann, der immer wieder hinter dieser Fassade aufblitzt. Fans der Spiele dürften sich außerdem darüber freuen, dass Cavills Geralt sehr wohl an den von CD Projekt Red erinnert.
Nicht komplett, im Kampf wirkt er beispielsweise eine ganze Spur animalischer als der Hexer aus Witcher 3.Aber er klingt überraschend ähnlich - und das liegt daran, dass Cavill ein Riesenfan der Spiele ist und sich tatsächlich vom englischen Sprecher Doug Cockle inspirieren ließ.
Eine komplexe Yennefer
Anya Chalotra hat mit Yennefer wohl die anspruchsvollste Rolle der Serie. Die Zauberin ist nicht unbedingt im klassischen Sinne sympathisch, oder wie es der Autor der Bücher mal sagte: Ich wollte es für Geralt kompliziert machen. Ich erschuf eine weibliche Figur, die sich weigert, ein Fantasy-Stereotyp zu sein oder dem Leser zu gefallen.
Yennefer ist manipulativ und machthungrig, versteckt aber ganz ähnlich wie Geralt eine sensiblere Seite. Und weil wir hier mehr von ihrer Hintergrundgeschichte sehen als je zuvor, muss Chalotra sehr unterschiedliche Versionen der Figur darstellen und glaubwürdig verbinden.
Dass das nur teilweise klappt, ist nicht ihre Schuld: Sie spielt eine charismatische und überzeugende Yennefer, aber teils macht der Charakter zwischen zwei Folgen so einen Sprung, dass es schwer wird, dem emotional zu folgen. Der Zuschauer muss hier einige Lücken selbst füllen.
Eine Ciri mit Luft nach oben
Freya Allan als Ciri war für mich das schwächste Glied der drei Hauptfiguren. Was aber auch daran liegt, dass sie mit Abstand die schwächste Story in der ersten Staffel hat und viel weniger Momente bekommt, in denen sie mal richtig glänzen kann. Sie ist oft mehr Spielball der Ereignisse bleibt dadurch lange Zeit recht blass.
Wo Geralt und Yennefer schon erwachsen und recht nah an den Versionen aus den Spielen sind, ist die junge Ciri noch weit entfernt von der taffen Kriegerin, die sie später mal wird. Überhaupt haben sich die Macher - mal abgesehen von Cavill - ausdrücklich nicht an den Spielen orientiert.
Sie wollen ihre eigene Adaption der Bücher liefern. Genauer gesagt vor allem der Kurzgeschichtenbände. Denn vor den fünf Romanen der großen Geralt-Saga trat der Hexer in einer Reihe von kleineren Geschichten auf, und die bilden einen großen Teil des Fundaments für die erste Staffel.
Was man der Serienstruktur klar anmerkt: Gerade die ersten Folgen sind weitgehend ein klassisches "Monster der Woche", ein in sich geschlossenes Abenteuer, in dem sich Geralt mit einem bestimmten Auftrag herumschlägt. Was keineswegs etwas schlechtes ist: Ich mag die Kurzgeschichten sogar lieber als die Hauptsaga, gerade weil sie straffer und prägnanter erzählt sind.
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