Tower of Fantasy: Macht Genshins großer Open-World-Rivale genauso viel Spaß?

Tower of Fantasy verspricht spannende Kämpfe, eine fesselnde Open World und einzigartige Charaktere - und sieht aus wie ein Klon des erfolgreichen Genshin Impact. Wie eigenständig das neue MMO tatsächlich ist, klären wir in unserer Preview.

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Der durchschlagende Erfolg des Action-Rollenspiels Genshin Impact hat den Branchenriesen Tencent offensichtlich nachdrücklich auf brachliegendes Potenzial aufmerksam gemacht: Das von Tencents eigenem Entwicklerteam Hotta Studios veröffentlichte Tower of Fantasy schlägt nicht nur optisch deutlich in dieselbe Kerbe, auch viele Gameplay-Elemente erinnern sehr an die bereits 2020 erschienene Konkurrenz.

Icons, Gacha-Mechaniken und die Charaktervielfalt lassen schnell den Eindruck einer ziemlich dreisten Kopie aufkommen. Ich habe mir daher in einer Presse-Preview für euch genauer angeschaut, was es mit Tower of Fantasy wirklich auf sich hat.

Schieb doch mal den Brüsteregler

Meine Reise in Tower of Fantasy schickte mich während der Preview auf die nach einer Katastrophe verstrahlte, im Anime-Stil gestaltete Sci-Fi-Welt Aida. Menschen können diese nur mittels Suppressoren bereisen, daneben lauern reichlich Monster, die alles Feindliche mit riesigen Waffen samt bunter Effekte zerhacken.

Mit der Blitzlanze von Simulacrum Echo teilen wir auch in Gegnergruppen ordentlich Schaden aus. Mit der Blitzlanze von Simulacrum Echo teilen wir auch in Gegnergruppen ordentlich Schaden aus.

So weit, so konventionell - und wer einmal Genshin Impact gespielt hat, entdeckt bis auf die futuristischen Gebäude und Kleidungsstücke extrem viel Vertrautes im Aufbau der Welt und ihrem Aussehen.

Wie bei allen bisherigen Spielen im Animestil scheiterte ich nach den ersten Minuten im intuitiv ablaufenden Tutorial im Charaktereditor grandios daran, mir eine Frau zu basteln, die zumindest halbwegs erwachsen wirkt. Die zwei Regler für Brustgröße und den Abstand der Brüste zueinander hätte ich zudem nicht unbedingt gebraucht, dafür lieber mehr Auswahl bei Frisuren und Kleidung!

Gloria H. Manderfeld
Gloria H. Manderfeld

Nach Azeroth, Tyria, einem Haufen Planeten in einer Galaxie weit, weit entfernt, Mittelerde und Aeternum wagte sich unsere Autorin Gloria in für sie eher ungewohnte Gefilde im Animegewand - und wurde vom spaßigen Effektgewitter ziemlich überrascht.

Dann ging's in die idyllische, farbenfrohe Spielwelt, die mich abgesehen von Genshin Impact auch ein wenig an Wildstar (wer kennt es noch?) erinnerte: Weite, comichafte Landschaft, unterschiedliches Wetter, Tag- und Nachtwechsel, wild zusammengewürfelte Gebäude aus Schrott und sehr lebendige Flora und Fauna.

Action, die uns packt

Zunächst stolperte ich noch etwas unbeholfen durch die ersten Kämpfe und die Einleitung der Hauptgeschichte. In der wurde meine Heldin von den Leuten einer kleinen Siedlung namens Astra Shelter bewusstlos aus der Wildnis geklaubt und bedankte sich für die Lebensrettung - klar! - durch einfache Hilfsdienste.

Klassische Hol-und-Bring-Missionen bestimmten die erste Spielstunde, aber dank meines langsam anwachsenden Waffenarsenals wurden selbst diese Aufgaben recht schnell zu einer ziemlich spaßigen Sache.

In den schönen Landschaften von Aida gibt es viel zu entdecken. In den schönen Landschaften von Aida gibt es viel zu entdecken.

Das actionreiche Kampfsystem verlangte nicht nur aktives Ausweichen und Zielen, sondern lud auch mit jedem Schlag, den ich meinen Gegnern übergebraten habe, die Spezialfähigkeiten meiner drei Waffen auf - zwei für den Nahkampf, eine für den Fernkampf. Sobald ich zu einer voll aufgeladenen anderen Waffe wechselte, zündete ich beim nächsten Angriff ein richtig heftiges Effektgewitter, das nicht nur gut aussah, sondern auch ordentlich Schaden machte. Richtig eingesetzt, konnte ich so schnell deutlich stärkere Gegner knacken und sackte ordentlich Erfahrung ein.

Kombinierte Effekte durch die unterschiedlichen Elementartypen meiner Waffen, wie sie in Genhin Impact gerade für den Sieg über Weltbosse benötigt werden, konnte ich bei Tower of Fantasy aber nicht beobachten. Bei den Kämpfen kommt es vor allem auf die richtige Nutzung der Fähigkeiten jeder einzelnen Waffe zum passenden Zeitpunkt an. Mit dem Erhalt meines ersten Simulacrums - und damit einer Spezialwaffe - hatte mich Tower of Fantasy dann richtig gepackt.

Vorgeschichte und Hintergrund

Die Menschheit hat in Tower of Fantasy die Erde so weit ausgebeutet, dass die verbliebenen Ressourcen samt Energiemangel nicht für ein Überleben ausreichen - da hieß es schnell neuer Planet, neues Glück. Da die Menschheit bekanntermaßen nicht viel aus früheren Fehlern lernt, versuchten Aidas Bewohner sofort, den Kometen Mara auszubeuten, auf dem die mächtige Energiequelle Omnium entdeckt wurde.

Die exzessive Nutzung von Omnium führte auf Aida zu einer neuen Blütezeit der Zivilisation bis zu einer folgenschweren Katastrophe, bei der Mensch und Tier durch die vom Omnium abgegebene Strahlung zu Monstern mutierten. Im Hauptkonflikt der Spielwelt kämpft ihr auf der Seite der Ordnungsmacht Hykros, deren Hauptquartier auf der gleichnamigen Raumstation über Aida liegt, gegen die terroristisch agierenden Erben von Aida.

Krasse Waffen, viel Bewegungsfreiheit

Ein Simulacrum ist eine Art Chip, der Zugriff auf eine einzigartige Waffe sowie Optik damit spezialisierter Kämpferinnen und Kämpfer ermöglicht. Anders als in Genshin Impact steuert ihr so statt einer Gruppe gleichzeitig immer nur einen Charakter. Durch neue Simulacra erweitert ihr lediglich euer Waffenarsenal um beispielsweise ein riesiges Frostschwert, einen Flammenwürfel, eine Flammensense oder eine kreisrunde Sägeklinge.

Die Optik eines Simulacrums pappt ihr zusätzlich als Skin auf euren Avatar. Neue Simulacra gibt's während der Hauptgeschichte oder Story-Missionen oder als Beute aus Lootkisten. Alle Waffen konnte ich zudem für mehr Schaden mit Waffenmaterialien und Matrices aus Gegnerbeute aufwerten, verbesserte Simulacrum-Waffen erhalten beim Aufwerten stärkere Zusatz-Effekte.

Mit dem schicken SciFi-Motorrad cruise ich durch die Hykros-Raumstation. Mit dem schicken SciFi-Motorrad cruise ich durch die Hykros-Raumstation.

Ein echter Pluspunkt für Tower of Fantasy wurde für mich die extreme Bewegungsfreiheit in der Spielwelt. Als ich bei einer Mission plötzlich nach einem Sprung von einem Felsen durch die Spielwelt fiel und etwa einen Kilometer vom eigentlichen Missionsziel entfernt materialisierte, war das kein Problem.

Denn zu den auch aus Gensin Impact bekannten Bewegungsoptionen wie rennen, schwimmen, klettern und Doppelsprung kommen in Tower of Fantasy noch ein Surfbrett, mit dem ihr elegant über Wasserflächen gleitet, ein Jetpack für kurze Flugstrecken in der Luft und ein stylisches Sci-Fi-Motorrad.

Nebenher hatte ich entspannt Level 20 erreicht, ohne dass ein Gefühl nervigen Grinds aufgekommen wäre. Die Mischung aus Entdecken, Gegnerumhacken, Kochressourcen sammeln, kreativen Rätseln und Minidungeons hat mich genug vom eigentlich drögen Missionsdesign abgelenkt.

Tower of Fantasy und die Monetarisierung

Wie fast alle Free2Play-Spiele hat auch Tower of Fantasy einen Ingame-Shop, in dem ihr die Premiumwährung Tanium für Echtgeld erwerbt. Für diese bekommt ihr Waffen-Aufwertungsmaterialien, drei verschiedene Sorten Lootboxen ("Kerne" in den Farben Schwarz, Gold und Rot), Outfits, Ingame-Währung und mehr.

Bei den Lootboxen greift die Gacha-Mechanik von Tower of Fantasy: Pro Kern erhaltet ihr entweder Waffenaufwertungsmaterial, eine Standardwaffe oder ein seltenes oder superseltenes Simulacrum. Habt ihr nach 80 geöffneten Kernen goldener oder roter Qualität noch kein superseltenes Simulacrum erhalten, gewährt euch die Gnadenmechanik des Systems eines. Doppelt erhaltene Simulacra werden in Aufwertungsmaterial für ihre Spezialwaffe umgewandelt.

Schwarze und goldene Kerne erhaltet ihr ohne Echtgeldeinsatz zur Belohnung fürs Einloggen oder Events oder sammelt sie durch die Erkundung der Spielwelt, aus Pflanzen und absolvierte tägliche Missionen, Kopfgelder, Levelaufgaben und Sprungrätsel. Während unserer Preview und auch nach der Spielveröffentlichung gab es angesichts der Vielzahl erhaltener Kerne in schwarzer und goldener Qualität noch keinen Grund, Echtgeld im Shop einzusetzen. Ob das System aber auch langfristig fair bleibt, können wir nach unserer bisherigen Spielzeit noch nicht final beurteilen.

Rätseln, entdecken ... und warten!

Gerade beim Rätseln und Entdecken orientiert sich Tower of Fantasy indes mehr an Zelda Breath of the Wild als Genshin Impact: Das Jetpack und Surfbrett gelten als Relikte, von denen ich einige weitere schon beim Erkunden der drei Minidungeons in der Startzone rund um den Shelter einpackte.

Reicht die Ausdauer, um den ganzen Felsen zu bezwingen?! Reicht die Ausdauer, um den ganzen Felsen zu bezwingen?!

Eine Pistole, mit der ich temporär ein Podest zum Draufspringen an Böden und Wände kleben kann, Miniraketen zur Sprengung von Hindernissen und einen Würfel, mit dem ich andere Gegenstände beiseite stoßen kann. Die halfen nicht nur im jeweiligen Dungeon beim Lösen der damit verbundenen Rätsel, sondern auch bei den Sprungrätseln in der offenen Spielwelt.

Dem grenzenlosen Sammeln und Storyspiel hat Hotta Studios allerdings eine harte Wand vorgesetzt: Manche Truhen in der Spielwelt lassen sich erst nach mehreren Tagen Wartezeit öffnen, auch die Hauptgeschichte genießt ihr derzeit nur häppchenweise. Nach etwa einer Stunde Fortschritt pro Tag ist Schluss und ihr müsst knapp einen Tag warten, bis es weiter geht.

Seit Veröffentlichung am 11. August 2022 wird zudem täglich die erreichbare Levelobergrenze um zwei Stufen angehoben, sodass zum Erscheinungsdatum dieses Artikels die höchsten Charaktere um Level 40 erreicht haben dürften. Das Maximallevel 70 wird frühestens Anfang November freigeschaltet, da ab Level 46 die Obergrenze nur um eine weitere Stufe pro Tag ansteigt.

Gesammeltes Obst, Gemüse und Fleisch basteln wir im Koch-Robo zu schmackhaften und heilenden Gerichten. Gesammeltes Obst, Gemüse und Fleisch basteln wir im Koch-Robo zu schmackhaften und heilenden Gerichten.

Das Entwickler-Team begründet die Entscheidung für eine derart krasse Levelsperre damit, dass sonst zu viele Spielende nur aufs Maximallevel hinarbeiten und den Rest der Spielwelt samt darin enthaltener Geschichten und Inhalte gar nicht kennen lernen würden.

Das Feedback aus der Community fällt angesichts so vieler Timegating-Maßnahmen ziemlich gemischt aus. Während es auf Reddit einige Stimmen gibt, die ohnehin nicht viel Zeit investieren können und wollen und sich deswegen an den Beschränkungen nicht stören, äußerten andere Fans Bedenken, dass ihnen der geringe Levelfortschritt die Lust am Einloggen nehme und Tower of Fantasy für sie maximal ein Nebenbei-Spiel bleiben würde.

Wer oder was ist Tencent?

Der Riesen-Publisher hinter Tower of Fantasy aus China taucht in immer mehr Videospielen auf - als Investor von deren Entwicklerfirmen wie Epic Games. GameStar Plus wirft deshalb einen genaueren Blick auf Bilanzen, Ziele und Gefahren von Tencent

Wie viel Langzeitmotivation in der eher klein ausgefallenen Spielwelt samt Solo- und Gruppenaktivitäten steckt, lässt sich angesichts der Levelbeschränkungen noch nicht sagen. Bisher wirkt Tower of Fantasy bis auf kleinere Bugs relativ rund und dürfte vor allem für Genrefans und Leute mit wenig Zeit einen Blick wert sein.

Auch nachts macht das Powersurfen auf dem See richtig viel Laune. Auch nachts macht das Powersurfen auf dem See richtig viel Laune.

Ob Tencents Angriff auf Genshin Impact gelingt, wird sich ebenfalls noch zeigen müssen. Zwar haben sich über vier Millionen Fans vor Veröffentlichung für das Spiel registriert, derzeit rangiert Tower of Fantasy bei Twitch unter den fünf meistgesehenen Spielen.

Das Beispiel New World zeigt aber, dass auf Anfangsbegeisterung nicht automatisch dauerhafter Erfolg folgt. Genshin Impact hat jedenfalls seit Erscheinen ordentlich Inhalte nachgelegt und veröffentlicht das nächste größere Update am 24. August 2022.

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