So, aufpassen: Trackmania hat keinerlei Nummer oder Namenszusatz im Titel, ist aber eigentlich schon die 16. Auflage des Rennspielbaukastens. Es handelt sich auch nicht um ein Remake des ersten Teils von 2003, sondern um eine Neuinterpretation des kostenlosen Esport-Ablegers Trackmania Nations, das 2006 über 30 Millionen Downloads anhäufte und sich vor allem über Werbung finanzierte.
Verwirrt? Dann pfeift euch erstmal die Details zum Bezahlsystem rein (siehe Kasten), das ungefähr so durchschaubar ist wie eine Steuererklärung von Uli Hoeneß und bereits für mächtig Community-Wirbel sorgte, einschließlich eines veritablen Zurückruderns seitens Publisher Ubisoft.
Dabei ist die Idee eigentlich ganz simpel: Entwickler Nadeo möchte mit Trackmania den Neustart als Free2Play- und Service-Rennspiel schaffen. Es gibt Seasons, Events, Clubs und mächtige Community-Funktionen. Allerdings vergisst Trackmania dabei, dass die meisten Rennspielfans einfach nur fahren wollen.
Das Preismodell: Drei Lizenzen, maximale Verwirrung
Trackmania lässt sich grundsätzlich kostenlos downloaden und spielen. Ihr könnt aber zusätzlich zwei unterschiedliche Abo-Modelle erwerben, die euch Zugriff auf weitere Funktionen verschaffen. Da es insgesamt 65 Features gibt, die entweder zur Verfügung stehen oder eben nicht, beschränken wir uns hier auf die wichtigsten.
- Starter Access | kostenlos: Die kostenlose Starter-Edition enthält Solo- und Multiplayer-Rennen auf 25 Strecken von Nadeo, die alle drei Monate durchwechseln. Zusätzlich könnt ihr den Arcade-Channel nutzen, bei dem es jede Stunde eine andere user-generierte Kampagne gibt, die aus mehreren Kursen besteht. Den Editor gibt's lediglich in der abgespeckten Version, und ihr müsst mit Werbe-Einblendungen leben.
- Standard Access | 10 Euro / Jahr: Die Standard-Lizenz verschafft euch vor allem Zugriff auf die die Vollversionen der Editoren (für Strecken und Replay). Ihr dürft die täglich wechselnden und von Nadeo kuratierten »Track of the Day«-Kampagnen spielen, und sämtliche Strecken bleiben verfügbar - auch wenn sie nicht mehr Teil der Rotation sind.
- Club Access | 30 Euro / Jahr: Nur mit der Club-Lizenz erhaltet ihr Zugriff auf sämtliche Trackmania-Features. Ihr könnt Clubs erstellen und verwalten sowie dedizierte Online-Server einrichten. Auch die Modding-Funktionalität - etwa für Texturen oder 3D-Blöcke - ist exklusiv für Club-Mitglieder reserviert
Immer noch genial: Das Spielprinzip
Am Grundprinzip von Trackmania hat sich seit 17 Jahren nichts geändert. Auf irren Achterbahnkonstruktionen kämpft ihr gegen die Uhr um Bronze-, Silber- und Goldmedaille. Die Herausforderung liegt allein im Beherrschen von Auto und Strecke. Wer online spielt, tritt zwar gegen bis zu 99 Konkurrenten an, diese bügeln allerdings nur als Geister über die Kurse, es gibt also keine Kollisionen.
Klingt simpel, entfacht aber binnen Minuten einen Motivationssog wie kaum ein anderes Arcade-Rennspiel. Es gibt nur Gas geben, Bremsen und Lenken sowie ein einziges Auto. Aber dessen Fahrmodell ist dermaßen griffig, perfekt ausbalanciert und nachvollziehbar, dass ihr buchstäblich spürt, wie ihr mit jedem Run besser werdet - selbst wenn ihr zum zehnten Mal gegen die gleiche Säule kracht.
Fluchen gehört genauso zu Trackmania wie der Jubel, wenn ihr auf der einstmals unmöglich erscheinenden Strecke die Goldmedaille holt. Dank Online-Ranglisten seht ihr zudem jederzeit, wie ihr euch im weltweiten Vergleich oder auch nur in eurer Stadt schlagt.
Das verändert Trackmania entsprechend nur in Nuancen, dafür aber an entscheidenden Stellen. Bei Neustarts nach einem Fehler werdet ihr nicht mehr im Stand am letzten Checkpoint abgesetzt, sondern in voller Fahrt, was im wahrsten Sinne des Wortes deutlich mehr Tempo ins Spiel bringt.
Außerdem seht ihr jetzt am Heck eures Autos das jeweils aktuelle Tempo. Klingt nach einer Kleinigkeit, macht eure Runs aber signifikant planbarer. Beim Sprung über die Strecke gehüpft? Dann probiere ich's beim nächsten Lauf eben 10 km/h langsamer!
Ein echtes Monster: Der Editor
Neben dem eigentlichen Fahren gehört auch der Strecken-Baukasten seit 17 Jahren zur Trackmania-Faszination. Und auch die treibt das neue Trackmania auf die Spitze. Mit über 1.500 Bauteilen sind eurer Fantasie wirklich keine Grenzen mehr gesetzt.
Hinzu kommt, dass es neben den Asphalt- und Offroad-Varianten des Original Trackmania Nations nun auch Eis-Elemente gibt - mit entsprechend radikalen Auswirkungen aufs Fahrverhalten. Der Launch-Trailer vermittelt davon einen guten Eindruck.
Spezial-Bauteile lassen euch die Lenkung blockieren, den Motor abwürgen oder einen Zeitlupenmodus aktivieren. Allerdings müsst ihr das gewünschte Streckenelement erstmal ausfindig machen, was angesichts von 1.500 Teilen und arg verschachtelter Menüs leichter gesagt ist als getan.
Mangels Tutorials oder Komfortfunktionen müsst ihr mit einigen Stunden Einarbeitungszeit rechnen, bis ihr euer erstes, wirklich spaßiges Strecken-Ergebnis am Start habt.
Alte Trackmania-Hasen freuen sich hingegen über die Fülle an Möglichkeiten, die sogar das Einbinden eigener Grafiken ermöglicht - schon jetzt finden sich Nachbauten von Formel-1- oder Super-Mario-Karte-Kursen auf den Servern.
Zwar gibt es auch eine abgespeckte Editor-Variante, die Ergebnisse fallen hier aber entsprechend unspektakulär aus. Und wer will schon mit Duplo spielen, wenn es auch Lego Technik gibt? Im Quasi-Vorgänger Trackmania Turbo gab es noch einen coolen Zufallsgenerator, der euch die Arbeit abnahm und für unendlichen, editierbaren und gut spielbaren Streckennachschub sorgte. Der fehlt dieses Mal aus unerfindlichen Gründen, womit wir beim großen Problem des neuen Trackmania wären.
Der Umfang: Ist das wirklich alles?
Trackmania Turbo lieferte vor rund vier Jahren satte 200 Strecken in vier optisch und fahrerisch enorm abwechslungsreichen Gebieten mit jeweils eigenem Auto: Canyon, Valley, Lagoon und Stadium. Im neuen Trackmania bekommt ihr zum Release das Stadion und 25 Strecken. 25!
Es dauert keine 60 Minuten, bis ihr die alle mal durchprobiert habt … und euch fragt, ob das wirklich schon alles war, zumal das Streckendesign unserer Meinung nach weitaus ideenärmer ausfällt als in sämtlichen Vorgängern.
Ja, alle drei Monate soll es eine neue Season mit 25 weiteren Kursen von den Entwicklern geben, aber selbst 100 Kursen in der stets gleich Umgebung bleiben ein klarer Rückschritt gegenüber den Vorgängern. Auch bei den Spielmodi wurde im Vergleich zu Turbo der Rotstift angesetzt: Egal ob die Micro-Machines-Hommage Monoscreen, Stunt-Modus oder der bekloppte Double Driver, bei der zwei Spieler das gleiche Auto steuern - alles weg.
Trackmania-Puristen mögen diese Spielvarianten nicht vermissen, wir hatten mit ihnen in angemessen bierseliger Stimmung durchaus unseren Spaß. Zumindest Hotseat und Splitscreen bleiben am Start, und auch die Unterstützung lokaler Netzwerke ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. Nur galt das alles auch schon für die Vorgänger. Schaut euch einfach mal zum Vergleich das Testvideo des vier Jahre alten Trackmania Turbo an:
Der Online-Service: Ausbaufähig
Wo die Entwickler nicht liefern, soll es eben die Community richten: Im Map Review testet ihr Strecken anderer Spieler oder ladet eure eigenen Konstruktionen hoch - die am besten bewerteten Entwürfe landen im sogenannten Arcade-Channel oder noch prominenter als »Track of the Day« im Spielmenü. So oder so schwanken hier Anspruch und Qualität noch stärker als bei den Kursen von Nadeo.
Auch ansonsten bombardiert euch Trackmania mit Community-Funktionen. So könnt ihr Clubs beitreten oder selbst gründen, an Turnieren teilnehmen oder sie ausrichten und im Auto-Editor aufwändige Lackierungen entwerfen oder mit anderen teilen. Das Problem dabei: Nichts davon fühlt sich wirklich intuitiv an, ihr müsst sogar mit Dateipfaden hantieren, damit Trackmania bestimmte Inhalte überhaupt finden kann. In unserer Screenshot-Galerie könnt ihr euch das genauer anschauen.
Trackmania - Screenshots ansehen
Und so lässt uns das neue Trackmania auch als Spiel so verwirrt zurück wie sein Name oder sein Preismodell. Als Free2Play-Neustart liefert es schlicht zu wenig Inhalte und Komfort, um neue Spieler für sich zu begeistern. Serienveteranen mögen sich vielleicht über die mächtigen Community-Funktionen freuen, bekommen unterm Strich aber abseits von Turnieren auch keine wirklich stichhaltigen Gründe, um sich regelmäßig einzuloggen.
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