Ich weiß, was ihr gleich sagen wollt: Cyberpunk 2077 ist in erster Linie ein Rollenspiel und ein Vergleich mit Doom, CoD & Co. wäre deshalb unfair. Und ihr habt Recht! Cyberpunk bietet so viel mehr als nur Geballer.
Ich kann mich aus Situationen herausreden, Hacken, Schleichen, eine fantastische Open World erkunden und vieles mehr. Trotzdem habe ich mich speziell für diese Analyse auf die Schusswaffen konzentriert und mir die Frage gestellt: Wie gut spielen sie sich für einen Shooter-Liebhaber?
Waffen-Inspektion
Was als erstes auffällt, sobald man eine Waffe aufhebt oder zieht, ist eine besondere Animation: Das Schießeisen wird nämlich erstmal gründlich inspiziert! Diese Nuance wird gern übersehen, zeigt aber die große Detailverliebtheit der Entwickler:
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Für jedes Waffenmodell gibt es eine eigene Animation, etwa wird der Gewehrschaft umgeklappt oder der Füllstand des Magazins gecheckt - das wirkt nicht nur cool, sondern stellt sofort einen engeren Bezug zwischen Spieler und seinem neuen Werkzeug her und demonstriert gleichzeitig die aufwändigen Feinheiten beim Design der Waffen, wie zum Beispiel ein beweglicher Schlitten bei Pistolen. Insgesamt gibt es über 100 Waffen. Da kann die Wahl der passenden schwer fallen. In unserem Waffen-Guide für Cyberpunk 2077 erfahrt ihr, welche Waffen besonders stark sind und wo ihr sie findet.
Mit der Waffe-Inspizieren-Funktion hat Call of Duty übrigens ein sehr ähnliches Feature, das sich größter Beliebtheit erfreut und sogar auf Drängen der Fans bei Modern Warfare nachgeliefert wurde. Übrigens haben wir haben für euch weitere Details aus Cyberpunk 2077 zusammengetragen, die ihr nicht verpassen solltet:
Nachladen, aber richtig
Ein Auge fürs Detail beweisen die Cyberpunk-Macher auch bei den Nachlade-Animationen. Die sehen nämlich nicht nur authentisch und wunderbar flüssig aus, sondern unterscheiden auch zwischen einem taktischen Reload und einem leergeschossenen Magazin: Haben wir alle Kugeln verschossen, arretiert bei der Pistole der Schlitten und wird beim Nachladen wieder gelöst, um eine neue Patrone ins Lager zu befördern. Laden wir dagegen zwischendurch nach, wird lediglich das Magazin gewechselt.
Der Unterscheid ist nicht nur optischer Natur: Taktisches Nachladen geht schneller, weil wir Ladehebel nicht betätigen müssen. Sogar bei einer doppelläufigen Schrotflinte wird die Mechanik berücksichtigt: Feuern wir nur eine Patrone ab, wird auch nur die verschossene Hülse getauscht:
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Diesen Grad an Detail sieht man sonst nur in "echten" Ego-Shootern wie Rainbow Six: Siege oder CoD. Spiele wie Borderlands 3 unterschieden dagegen nicht zwischen taktischem und leerem Reload und bieten deshalb nur eine einzige Nachlade-Animation pro Waffe.
Gelernt von CS:GO
Insgesamt bringt Cyberpunk 2077 sein Waffen-Handling sehr glaubhaft rüber. Das trifft auch auf den Rückstoß der Waffen zu: Jeder Schuss lässt das Bild auf dem Monitor beben und schlägt die Waffen in unserer Hand nach hinten - je nach Kaliber unterschiedlich stark. Das vermittelt zusammen mit den Partikeleffekten (Rauch, Funken) einen nachvollziehbaren Eindruck von Kraft hinter dem Arsenal:
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Neben dem rein optischen Rückstoß, simuliert Cyberpunk 2077 aber auch Streuung von Waffen und orientiert sich dabei an einem bewährten Konzept aus dem Reich der kompetitiven Multiplayer-Shooter.
Jede vollautomatische Waffe folgt einem festgelegten Rückstoß-Muster, wenn wir den Abzug gedrückt halten. Ein bestimmter Typ von Maschinenpistole wird also zum Beispiel immer im gleichen Winkel nach rechts oben verziehen.
Der Clou dabei: Sind wir mit dem Verhalten dieses Waffentyps vertraut, ziehen wir einfach die Maus entsprechend nach unten und kontern so die Streuung effektiv. Hier ein Beispiel mit einem Magazin ohne und danach einem mit diesem Rückstoß-Management:
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E-Sport-Titel wie CS:GO oder Valorant setzen ebenfalls auf genau diese erlernbaren Streuungsmuster bei Waffen, weil sie eine sehr weite Lernkurve ermöglichen. Wer eine Waffe viel spielt, kann sie meistern - so das Prinzip. In geringerem Maße trifft das auch auf Cyberpunk zu: Weil die Streuung vom Waffenmodell abhängt, kann ich sie studieren, einüben und mit der Zeit treffe ich immer zuverlässiger Headshots im Dauerfeuer.
Apropos Headshots: Ein Kopfschuss garantiert im Gegensatz zu vielen Shootern keinen Kill in Cyberpunk 2077! Trotzdem richten sie zum Teil deutlich mehr Schaden an und bei Gegnern auf unserem Level-Niveau sind sie auf dem Schwierigkeitsgrad "Normal" oft direkt tödlich.
Ihr möchtet wissen, welche Schwierigkeitsstufe am besten zu euch passt? Wir erklären, wie sich die Stufen unterscheiden und worauf es besonders ankommt - mit Details, die euch das Spiel so nicht verrät!
Die Wucht lässt nach
Feinde über unserer Stufe (im Spiel durch das rote Totenschädel-Symbol markiert) mutieren aber selbst mit Kopftreffern schnell zu Kugelschwämmen und unsere Waffen verlieren gefühlt an Wucht. Gefechte gegen sehr starke NPCs erinnern deshalb eher an The Division und wollen nicht so recht in das sonst recht stimmige Gunplay passen - hier setzt der RPG-Unterbau dem Shooter-Gameplay eindeutige Grenzen:
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Beim Sound ist das Arsenal von Cyberpunk 2077 auf einem hohen Niveau und kann sich durchaus mit waschechten Ego-Shootern messen - auch wenn es nicht ganz an den Bass und den gewissen "Wumms" eines Battlefield 5 oder Insurgency: Sandstorm heranreicht. Vor allem die SMGs klingen im Vergleich etwas schwächlich.
Während wir aus allen Rohren feuern, gibt es mit der Slide-Mechanik noch ein spezielles Kampf-Manöver, das direkt aus Spielen wie CoD oder Titanfall stammen könnte: Ein Druck auf die Ducken-Taste aus vollem Sprint lässt uns über den Boden schlittern und so zum Beispiel Gegner hinter Ecken überraschen - zumindest in der Theorie. Ganz so geschmeidig sieht das allerdings nicht aus, bringt nur selten einen echten Vorteil und wirkt eher wie ein Gimmick als eine brauchbare Taktik im Kampf.
Wie ihr stattdessen im Kampf, bei der Charakterentwicklung oder beim Hacking erfolgreich seid, erklären wir euch in unserem großen Guide-Paket:
Treffer ohne Wirkung
Problematisch ist außerdem die Gegner-KI. Denn grundsätzlich verhalten sich die NPCs meist nachvollziehbar, suchen Deckung, ziehen sich zurück oder werfen Granaten. Dann fallen die regelmäßigen Aussetzer allerdings umso mehr auf. Manche Feinde rennen uns einfach blindlings vor die Flinte, andere wollen partout ihre Deckung nicht verlassen, obwohl wir neben oder hinter ihnen stehen.
In Extremfällen schalten sie gar in den Suchmodus zurück und rufen laut "Sichtkontakt verloren", während wir gerade den Kameraden direkt neben ihnen wegpusten. In solchen Momenten kann auch eine tolle Waffen-Animation die Kampfatmosphäre nicht mehr retten.
Für ein Wechselbad der Gefühle sorgt auch das eigentliche Trefferfeedback - also die Wirkung der Waffen auf unsere Gegner. Die ist nämlich einerseits manchmal wirklich satt und nachvollziehbar, etwa wenn wir ein Gang-Mitglied aus nächster Nähe mit einer Shotgun erwischen, das dann durch die Wucht meterweit durch die Luft geschleudert wird. Verstärkt wird das Gefühl von Zerstörungskraft durch heftige Splatter-Effekte, durch die NPCs gern auch mal ein Bein, den Kopf oder andere Körperteile verlieren:
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Auf der anderen Seite lassen viele Treffer auch sämtliche Wirkung beim Gegenüber komplett vermissen. Wenn Straßengangster nach einem Schuss ins Gesicht nicht mal mit der Wimper zucken, sondern stattdessen sofort das Feuer erwidern, wirkt das extrem unnatürlich - selbst unter der Prämisse, dass sie kybernetisch aufgerüstet sind.
Panzerplatten im Kopf hin oder her, eine kleine Reaktion sollte eine Kugel gegen die Stirn schon hervorrufen! Diese Inkonsistenz sorgt dafür, dass sich die Waffen nicht in jedem Gefecht gleich zuverlässig anfühlen.
Getötete Feinde klappen zudem mangels echter Todesanimationen einfach in sich zusammen, was für gemischte Ergebnisse sorgt: In manchen Fällen sieht es durchaus glaubhaft aus, wenn Feinde unter Beschuss einfach einknicken. Häufig wirkt es aber auch so, als habe das Spiel den Charakter "abgeschaltet" und er plumpst einfach wie eine Puppe zu Boden - dann wirkt das Ganze sehr künstlich.
Stark geschossen
Unterm Strich ballert es sich in Cyberpunk 2077 einfach nicht ganz so butterweich und rund wie in einem CoD: Modern Warfare oder Doom. Das macht aber nichts, schließlich haben wir es hier ja mit einem Rollenspiel zu tun.
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Insgesamt macht Cyberpunk 2077 aus der Sicht eines Ego-Shooter-Spielers trotzdem erstaunlich viele Dinge richtig und vermittelt meistens ein gutes Gefühl von Gewicht, Durchschlagskraft und Coolness in den Feuergefechten.
Überraschend ist dabei vor allem, wie detailversessen CD Projekt RED bei vermeintlichen Kleinigkeiten wie Nachlade-Animationen oder Rückstoß zu Werke gegangen ist, die in Summe unser Arsenal deutlich lebendiger und echter Wirken lassen, als in vielen anderen Spielen.
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