Mehr als ein Walking Simulator
Egal welchen Charakter wir spielen, das Gameplay von What Remains of Edith Finch ist minimalistisch. Das Adventure ist mehr als ein Walking Simulator, bietet aber dennoch keine Rätsel außerhalb der einzelnen Geschichten. Die größte Herausforderung ist es, die wechselnde Steuerung zu verstehen und herauszufinden, was wir eigentlich tun müssen, denn das Spiel nimmt uns nicht an die Hand. Es gibt keine Tutorials und keine Erklärungen. So wie Edith sind wir auf uns gestellt.
Hinzu kommt, das wir auf dem PC hin und wieder mit den unterschiedlich aufklappenden Türen, Scharnieren und Klappen zu kämpfen haben. Was sich mit dem Controller sehr intuitiv steuert, kann so schnell mal fummelig werden. Wirklich lästig war die Steuerung aber zu keinem Zeitpunkt. Auch wenn die Entwickler den Controller empfehlen, kann man guten Gewissens zu Maus und Tastatur greifen.
Dass man uns kaum etwas erklärt, passt gut zu Handlung und Atmosphäre des Spiels, ist gleichzeitig aber auch das Element, das uns am ehesten aus ihr heraus reißt. Während wir als Teenager Gus einen Drachen am Himmel steigen lassen ist es beispielsweise nicht immer klar, was wir als nächstes tun müssen. In Ego-Perspektive blicken wir in den Himmel und lassen das Spielzeug durch die Luft gleiten, während wir mehr oder weniger darauf warten, dass etwas passiert.
Die Situation bietet zwar wenige Möglichkeiten, trotzdem ist nicht immer offensichtlich, wann wir den Drachen an welche Stelle steuern müssen, um die Handlung voranzutreiben. So zieht sich das Kapitel durch Rumprobiererei unnötig in die Länge und was ein emotionaler Moment hätte sein sollen, verliert seine Stärke.
Es geschieht zum Glück nicht oft, dass What Remains of Edith Finch sich selbst so im Weg steht. Das abwechslungsreiche Gameplay unterstreicht ansonsten nahezu perfekt die unterschiedlichen Persönlichkeiten der Charaktere und lassen jede Geschichte einzigartig werden.
Horrorspiel oder nicht
Seit seiner Ankündigung wurde What Remains of Edith Finch oft als Horrorspiel bezeichnet. Obwohl es sicher kein klassischer Genrevertreter wie Outlast oder Amnesia ist, erzeugt es dennoch einen subtilen Grusel. Die dichte, beklemmende Atmosphäre des Hauses und die konstante Präsenz des Todes werfen einen bedrückenden Schatten über die Erfahrung. What Remains of Edith Finch schafft es auf eine ungewohnt persönliche Art für Anspannung zu sorgen, ganz ohne Splatter und Jumpscares.
Keiner der Tode ist plakativ dargestellt. Vielmehr sind es kleine Tragödien, die sich vor uns entfalten, während wir nicht mehr machen können, als sie zu beobachten und die Charaktere in ihren unweigerlichen Tod zu schicken. Egal, was wir tun, Sams Jagdunfall oder Barbaras Verschwinden liegen Jahrzehnte zurück. Es gibt nichts, was wir noch dagegen unternehmen könnten.
Der Familienfluch scheint eine selbsterfüllende Prophezeihung, der wir nicht entkommen können. Wir wissen, worauf jedes Kapitel hinauslaufen wird, noch bevor wir es beginnen. Und dennoch nimmt das What Remains of Edith Finch nicht die Wirkung. Ganz im Gegenteil, so wird das Erlebnis nur umso intensiver. Ein bisschen wie bei der aktuellen Netflix-Serie 13 Reasons Why wird durch diese ausweglose Situation und das Wie und Warum nämlich umso wichtiger. Wir lernen die Finches nicht nur als Opfer zu sehen, sondern als das, was sie vor ihrem Tod waren.
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