Kartenhaus
Doch auch bei systematisch getesteten Produkten überleben zwangsläufig Bugs bis in die Verkaufsversion hinein. Das ist nicht immer eine schlechte Sache, sagt Keith Lee, der Geschäftsführer von Booyah. Lee entwickelte das iPhone-Spiel Mytown und leitete außerdem Projekte wie etwa Diablo 3und Insomniacs Ratchet & Clank. Seiner Schätzung nach konnten 95 % der festgestellten Bugs bis zum Verkauf des Handyspiels behoben werden. Die restlichen 5 % waren ein paar hundert oder tausend Kosmetik-Bugs. Diese können zwar nerven, es gibt aber mindestens einen guten Grund, warum Entwickler bei solchen Fehlern gerne ein Auge zu drücken: Bugs vermehren sich manchmal. »Wenn der Veröffentlichungstermin eines Spiels näher rückt, kann es riskant sein einen niedrig eingestuften Bug zu fixen, weil dieser Eingriff eine Reihe von neuen, eventuell auch schwereren Fehlern verursachen könnte«, beschreibt Lee.
Aber wodurch entstehen Bugs überhaupt? Die Antwort ist simpel: Durch eine schlampige Programmierung. »Ein Programmiercode ist mit einem Kartenhaus zu vergleichen«, sagt Wyatt. »Wenn du eine Karte berührst, stürzt das ganze Haus ein.« Aber auch im Rahmen einwandfreier Entwicklungsstandards können Probleme auftreten. Wenn zum Beispiel zu viele Programmierer am gleichen Code arbeiten, sind Konflikte im wahrsten Sinn des Wortes vorprogrammiert. Auch ein relativ harmloser Programmcode kann schwerwiegende Bugs in das Spiel einschleusen. Lee: »Ich kann das Feuerwerk in dem Hintergrund einer Szene programmieren und damit einen Fehler einbauen, der das gesamte Spiel zerstört.« Dazu kommt, dass manchmal nicht einmal Standardverfahren für die Programmierung existieren, weil Computerspiele oftmals auf dem neusten Stand einer noch unerprobten Technik sind, die nicht immer funktioniert.
Da Bugs dem Anschein nach zufällig auftauchen, kann es eine echte Herausforderung sein, ihren wahren Ursprung herauszufinden. Ein systematischer Ansatz der Bug-Bekämpfung hilft den Entwicklern demnach, die einzelnen Schritte von dem beobachteten Fehler bis zu seinem Ursprung im Programmcode nachzuvollziehen und seine Weiterverbreitung zu verhindern.
Kehren wir zum Abschluss zum Multiplayer-Bug von Warcraft zurück. Patrick Wyatt brauchte insgesamt vier Wochen, um herauszufinden, welche Spielaktionen die seltsame Abweichung in den Online-Spielen verursacht hatte. Dazu schrieb er sogar eigene Diagnose-Tools. Zu guter Letzt waren es jedoch seine Intuition, seine Beobachtung und etwas Glück, die Wyatt den entscheidenden Geistesblitz bescherten.
Er schaute damals vielen Testern über die Schulter, während Sie online Warcraft spielten. Dabei bemerkte Wyatt, dass einige Spieler die Maustaste länger gedrückt hielten, manchmal für Sekunden, während sie bestimmte Aktionen ausführten. Damit hatte er endlich die Wurzel des Problems gefunden: Es war ein »Sync Bug«, der die Ereignisse auf dem Spielfeld für jeden Spieler anders beeinflusste, während er die Maustaste gedrückt hielt.
»Nachdem wir den Bug gefunden hatten, war es ein Kinderspiel, ihn zu beheben«, sagt Wyatt. »Allerdings hätte ein einziger Fehler im Spiel beinahe die Geschichte des Unternehmens beeinflusst, vermutlich zum Schlechteren.« Wenn Wyatt und sein Team den Bug damals nicht genau analysiert und konsequent zu seinem Ursprung zurück verfolgt hätte (und das in wochenlanger Arbeit), hätte sich die Geschichte demnach wegen eines Mausklicks verändert.
Hinweis: Dieser Artikel erschien ursprünglich in englischer Sprache und stammt von unserem US-Kollegen Oliver Chiang von GamePro.com.
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