Von Jon Irenicus aus Baldur's Gate 2 bis hin zu Gaunter O'Dimm in The Witcher 3 - wir Spieler haben schon so manchen denkwürdigen Bösewicht niedergerungen. Aber wie entsteht eigentlich ein Spieleschurke, der uns noch über Jahre im Gedächtnis bleibt?
Diese Frage haben wir einer ganzen Reihe der besten Entwickler der Branche gestellt. Autoren und Designer bei BioWare und CD Projekt Red, Rollenspiel-Legenden wie Chris Avellone und Brian Fargo, führende deutsche Entwickler wie Björn Pankratz von Piranha Bytes: Sie alle plaudern für uns aus dem Nähkästchen und erklären, was denn nun einen herausragenden Spieleschurken ausmacht.
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Die Entwickler führen eine Bibel über ihn
Philipp Weber, Quest Designer, CD Projekt Red
(The Witcher 3, Hearts of Stone, Blood and Wine)
Helden von Rollenspielen wie der Witcher-Reihe brauchen oft einen starken Antagonisten, der ganz am Ende der Reise steht. Ein Ziel, auf das man hinarbeiten muss. Der Charakter des Spielers muss stärker und stärker werden, um überhaupt eine Chance zu haben. Da wir unsere Story sehr wichtig nehmen, fließt viel Arbeit in die Entwicklung unserer Bösewichte. Arbeit, die oft nicht das Licht des Tages im fertigen Spiel erblickt, aber nichtsdestotrotz wichtig ist.
The Witcher 3: Hearts of Stone - Screenshots ansehen
Wie bei den meisten Charakteren überlegen wir uns vorher oft woher dieser Charakter kommt und was ihn antreibt. Was ist seine Geschichte? Und was hat ihn dazu getrieben, Taten zu begehen, die einen Hexer wie Geralt dazu bringen würden, diesen Charakter zu bekämpfen? Wir denken uns all diese Dinge aus und schreiben sie in unserer Entwicklungsbibel nieder, erzählen dem Spieler aber oft nur wenige Details, denn ein Charakter, der uns beim ersten Treffen seine traurige Vergangenheit erklärt, ist in den wenigsten Fällen interessant.
Doch eine solche durchdachte Hintergrundgeschichte nachschlagebereit zu haben erlaubt es uns, keine logischen Fehler in der Story des Bösewichts zu haben. Jeder Quest Designer und Autor weiß, woher dieser Charakter kommt, also können wir uns automatisch vorstellen, wie er sich in jeder Situation verhalten würde. Da unsere Geschichte von vielen Autoren und Quest Designern erschaffen wird, ist diese Konsistenz unglaublich wichtig.
Er hat frustrierend oft Recht
Patrick Weekes, leitender Autor, BioWare
(Dragon Age: Inquisition, Mass Effect 1 bis 3)
Die Schurken, die ich wirklich zu schätzen weiß, sind die, deren Motivation ich als Spieler verstehen kann. Wenn ich sehe, dass ihre Ziele und Ansichten Sinn ergeben und ich vor allem erkenne, wo unsere Meinungen auseinandergehen, dann kann ich zu dem Schurken eine persönliche Beziehung entwickeln. Ich kann mit ihm mitfühlen, weil ich vielleicht auf ganz ähnliche Weise auf die schiefe Bahn hätte geraten können. Oder ich bin wütend auf ihn für den einen fatalen Fehler, der ihn zu dem gemacht hast, was er jetzt ist.
Im Trespasser-DLC für Dragon Age: Inquisition nahm die Viddasala, eine Spionin der Qunari, die Schurkenrolle ein. Wir wollten mit ihr den Spieler dazu zu zwingen, sich mit der Frage zu befassen, wie die bislang so beliebte Inquisition aus der Sicht anderer Völker erscheinen könnte. Aus der Perspektive des Spielers hat die Viddasala die Inquisition sabotiert und plant, die Regierungen der Welt zu stürzen und die Qunari an die Macht zu bringen.
Dragon Age: Inquisition - Screenshots aus dem DLC »Trespasser« ansehen
Aber aus der Sicht der Viddasala hatten die Regierungen die ganze Welt in Gefahr gebracht, indem sie der Magie keinen Riegel vorgeschoben haben, und ihre extreme Aktionen waren der einzige Weg, wieder Sicherheit zu schaffen. Genauso musste die Inquistion aufgehalten werden, weil die Viddasala (korrekterweise) der Meinung war, dass fremde Agenten sie kompromittiert hatten.
Die Spieler gingen natürlich gegen die Viddasala vor, waren aber gleichzeitig frustriert, dass sie so oft recht hatte. Ein Schurke, der immer nur eine Emotion auslöst, wird schnell langweilig, weil die Spieler sich an das Gefühl gewöhnen wie beim Waten in kaltes Wasser. Ein Schurke mit unterschiedlichen Aspekten, die allesamt wahr sind - wütend, monströs, trotzig und sogar sympathisch - hält die Spieler auf Trab und bleibt ihnen länger im Gedächtnis.
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