Eins müssen wir gleich zu Beginn klären: The Witcher: Blood Origin ist keine gute Serie. In so gut wie jeglichen Belangen. Die Netflix-Produktion ist meiner Ansicht nach völlig zurecht eine absolute Niete, was User-Reviews und Abrufzahlen anbelangt. Grauenhafte Dialoge, langweiliges Set-Design, eine unnötige Stimme aus dem Off, die alles erklärt - es ist wirklich alles dabei. Ein Punkt stört mich aber an der Serie besonders: Es ist eine Origin-Story.
Origin-Geschichten oder Prequels, also allerlei Geschichten, die vor dem Geschehen der Hauptstory stattfinden, sind meistens tiefe Griffe in die Kloschüssel. Ich und mein geniales Hirn sind dabei auf zwei Punkte gestoßen, wieso Prequels das stille Örtchen so oft besuchen. Die will ich euch heute anhand von Blood Origins näher bringen.
Die Zerstörung des Geheimnisvollen
Stellt euch vor, ihr schreibt eine Geschichte. Ihr erschafft eine pulsierende Welt voller Leben, historischer Ereignisse und Mysterien. Immer wieder streut ihr kleine Mythen und Legenden ein, von denen niemand weiß, ob sie jemals wirklich geschehen sind. Eure Leserschaft munkelt und rätselt, erschafft aberwitzige Theorien, von denen manche erstaunlich plausibel klingen. Die Geheimnisse der Vergangenheit sind in eurer Welt genau so ein Teil von ihr, wie die eigentliche Hauptstory. Und dann kommt jemand rotzfrech daher und verrät eurer Community alles bis ins kleinste Detail, was wirklich geschehen ist.
All die kleinen Theorien, das Rätselraten, die geheimnisvolle Aura eurer eigens erschaffenen Welt ist futsch. Ich wäre ja persönlich stinkbeleidigt, wenn das mir passieren würde. Ich frage mich, ob sich Witcher-Autor Andrzej Sapkowski nach Blood Origin auch so fühlt.
Die vierteilige Serie erzählt uns nämlich die Geschehnisse der Sphärenkonjunktion. Das sagenumwobene Ereignis, welches sich 1500 Jahre vor Geralts und Ciris Geschichte ereignete. Ein Spektakel, durch das die Monster als auch die Menschen in die Welt der Elfen und Zwerge kamen. Außerdem sehen wir, wie der erste Hexer mit seinen markant orangenen Augen das Licht der Welt erblickte.
Das klingt natürlich im ersten Moment nach einer tollen Idee, immerhin könnte das Ereignis genug Story und Action für eine Serie bieten. Aber auf welche Kosten? Jetzt gibt es keine Theorien mehr, wie und warum das alles passiert ist. Jetzt wissen wir es ganz genau. Das Mysterium ist kaputt, die geheimnisvolle Welt dahin und all die Theorien völlig umsonst. Letztlich leidet also nicht nur die eigene Story, sondern auch das Hauptwerk darunter.
Vergangene Ereignisse sind ja gerade deshalb so spannend, weil sie geheimnisvoll bleiben. Ich kann ja auch nicht einfach mit meiner Zeitmaschine ins antike Rom reisen und weiß dann exakt, was wirklich geschehen ist – es gibt Theorien, Möglichkeiten, vielleicht sogar einzelne Beweise. Je mehr wir uns damit beschäftigen, desto mehr erfahren wir. Aber ganz sicher können wir nie sein, wir waren nicht dabei. Bei der Sphärenkonjunktion und der Erschaffung des ersten Hexers wissen wir jetzt aber alles, das haben wir gesehen.
Cameos und Easter Eggs
Die Zerstörung des Geheimnisvollen ist ja eigentlich schon schlimm genug, das reicht den vermaledeiten Origin-Geschichten aber offenbar nicht. Sie haben nämlich noch ein weiteres immenses Problem: Sie sind faul. Eine sinnvolle Geschichte mit spannenden, intelligenten Dialogen finden sich nur selten unter ihnen. Stattdessen werden Fans mit Anspielungen bei Laune gehalten, um sich zu denken: Ohhh, das ist der Vorfahre von Person X aus der Hauptgeschichte! Dort ist Gegenstand Y, der wird später noch wichtig. Und das da ist eine Anspielung auf Ereignis Z, welches noch geschehen wird.
Um Blood Origin hier als perfekt schlechtes Beispiel zu bringen: Ohh, hier ist Rittersporn, den kenn ich aus der Serie! Ahh, der Brokilon-Wald wird erwähnt, den hat doch Ciri besucht! Apropos, das ist also die Vorfahrin von Ciri? Und die Monolithe kenn ich doch auch schon! Und so ist also der Anführer der Wilden Jagd zu seiner Maske gekommen, das wollte ich ja schon immer mal wissen ... wobei, eigentlich nicht. Ich wollte das alles nicht wissen. Vor lauter Anspielungen soll offenbar gleich vergessen werden, wie wenig Inhalt die eigentliche Serie hat – so kommt es mir jedenfalls vor.
Das nimmt ähnliche Züge an wie bei den Marvel-Filmen. Nur, wer jegliche Filme und Serien gesehen hat, versteht die etlichen Easter Eggs, Cameos und all den Mumpitz. Die Post-Credit-Szenen sind dann auch noch zusätzlich exklusiv, die können nämlich oft nur Comic-Leser dechiffrieren.
Sind also alle Origin-Geschichten Grütze?
Weil sich beide Punkte auf so ziemlich jedes Prequel anwenden lassen, sind auch die meisten in meinen Augen nicht unbedingt die Crème de la Crème der Unterhaltung (X-Men Origins: Wolverine, Ringe der Macht, ein paar Star-Wars-Filme und Serien).
Es gibt aber, wie nun mal fast überall, Ausnahmen. Eine dieser Ausnahmen ist für mich persönlich House of the Dragon, das Prequel von Game of Thrones. Ein Paradebeispiel, es setzt nämlich beide Punkte perfekt um. Die Buchvorlage Feuer und Blut erzählt die Geschehnisse aus Sicht von zwei völlig verschiedenen Personen, die unterschiedliche Versionen der Ereignisse darlegen. Was also wirklich passiert ist, wusste niemand – bis die erste Staffel House of the Dragon erschien. Außerdem strotzt die Serie nur so vor Anspielungen. Viserys spricht von der kommenden Bedrohung aus dem Norden, Aryas Dolch wird öfters in Szene gesetzt als in der Hauptserie und von Familiennamen fange ich lieber gar nicht erst an.
Und trotzdem mag ich House of the Dragon. Es ruht sich nämlich nicht auf diese Anspielungen aus, sondern schafft es mit packenden Dialogen und interessanten Charakteren, mich zu begeistern. Und es gibt noch genügend Mysterien und Geheimnisse der Vergangenheit in Game of Thrones, über die sich spekulieren lassen. Bei all den geplanten Spin-Offs könnte das aber auch noch zum Problem werden.
Den Trailer zur Serie könnt ihr euch gleich hier ansehen:
The Witcher: Blood Origin hat sich solch einen Platz in meinem Herzen aber nicht verdient. Es ist für mich das Paradebeispiel einer schlechten Origin-Geschichte und der Inbegriff, wieso Prequels meistens für die Tonne sind. Da spiel ich lieber noch einmal The Witcher 3, da gibt's ja jetzt das Next-Gen-Update. Was da neben der aufgehübschten Grafik noch drin steckt, könnt ihr euch hier durchlesen:
Was haltet ihr von Blood Origin und allgemein Prequels? Ein spannender Blick in die Vergangenheit oder habt ihr wie ich einen Groll gegen diese Geschichten? Schreibt es mir gerne in die Kommentare!
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