Starke KI, doofe KI
Die verbesserte KI erhöht obendrein die Herausforderung für Singleplayer-Strategen. Sie greift jetzt stärker und konsequenter an. Manchmal sogar übertrieben: In der zweiten Griechenmission überfiel uns früher nach einigen Minuten mal der erste Axtkämpfer, jetzt rückt beinah sofort eine riesige Horde an! Wir müssen ab der ersten Sekunde frenetisch Soldaten ausspucken, sonst geht's übel aus - das wirkt frustrierend und nicht zu Ende gedacht.
Solche Extreme bleiben aber die Ausnahme. Insgesamt leistet die KI einen ordentlichen Job und setzt uns stetig unter Druck. Sie leidet aber auch immer wieder unter befremdlichen Anwandlungen. In einer Mission verheizte sie beharrlich Dorfbewohner, um Wirtschaftsgebäude in unsere eigene Basis zu setzen. In anderen sendet sie ihre Jungs zum Ressourcensammeln sinnloserweise über die komplette Karte.
Ich fühl mich zehn Jahre jünger
Aber während die KI nicht immer effizient spielt, tun wir uns damit leichter als je zuvor. Denn die Definitive Edition pflanzt dem ersten Age einige dringend benötigte Komfortfeatures aus der späteren RTS-Geschichte ein. Das Interface zeigt jetzt immer unsere aktuell untätigen Dorfbewohner und lässt uns direkt zu ihnen springen.
Aber sie sind sowieso seltener untätig, weil sie jetzt nach dem Bau eines Wirtschaftsgebäudes die Umgebung automatisch nach den passenden Ressourcen abgrasen. Unser Komfort-Highlight sind aber die frei belegbaren Hotkeys! Standardmäßig ist ein intuitives QWERTZ-Raster eingestellt, auf Wunsch springen wir zurück zur Originalbelegung oder basteln unsere eigene. All das sorgt dafür, dass sich die Definitive Edition tatsächlich viel jünger anfühlt, als Age of Empires ist - das Genre war 1997 unsäglich unhandlich, heut geht AoE überraschend angenehm von der Hand!
Quo Vadis?
An manchen Stellen hätten die Entwickler allerdings gern noch weitergehen können. Zum Beispiel dürfen wir nach wie vor lediglich einen Truppentyp pro Gebäude in die Rekrutierungsschlange reihen und Technologien erst gar nicht in Reihenfolge erforschen. Hier gibt's dann also doch etwas mehr Klickarbeit als von modernen Genrekollegen gewohnt, woran man sich aber schnell gewöhnt.
Plus-Podcast: Der Mann, der Age of Empires zurückbrachte, im Interview
Viel schwerer wiegt, dass die Entwickler die gravierendste Schwäche des Spiels auch 20 Jahre später nicht in den Griff gekriegt haben: Die Wegfindung ist ein Graus. Unsere Soldaten haben schlichtweg keine Ahnung, wie man in geordneter Formation marschiert! Reiter bleiben an langsameren Infanteristen hängen, Teile der Armee nehmen alternative Routen querfeldein und jede größere Armeebewegung degeneriert zu einer enorm angreifbaren Truppenschlange. Auch im Kampf blockieren sich Truppen immer wieder gegenseitig. Das sind die Momente, in dem Age of Empires sein wahres Alter am deutlichsten zeigt.
Alles in allem muss man der Definitive Edition dennoch Respekt zollen: Sie geht weiter als fast jede andere RTS-Neuauflage und befeuert nicht nur unsere Nostalgie - sie macht Age of Empires tatsächlich wieder so schön und so spielbar, wie wir es im Gedächtnis hatten. Genießt die Serie in eurem Herzen allerdings keinen besonderen Platz, dann wird euch diese Neuauflage nicht zum neuen Fan bekehren. Aber wir wissen schon, wie die Entwickler auch das noch schaffen könnten: Mit einer genauso aufwendigen Definitive Edition des noch viel genialeren zweiten Teils!
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