China nimmt modernstes Speicherkraftwerk für grünen Strom in Betrieb und bricht damit gleich drei Rekorde auf einmal

Überschüssige nachhaltig erzeugte Energie für licht- und windlose Zeiten zu speichern, ist eine Kernaufgabe des 21. Jahrhunderts. China vermeldet hier gleich mehrere Weltrekorde, es geht um viel (heiße) Luft.

CAES-Anlagen wie die in China könnten in Zukunft eine wichtige Ergänzungsrolle zu den eigentlichen regenerativen Energiequellen einnehmen. Denn sie speichern grünen Strom für Mangelzeiten bei Dunkelheit und Windflaute.
(Bildquelle: Adobe Firefly, generative KI) CAES-Anlagen wie die in China könnten in Zukunft eine wichtige Ergänzungsrolle zu den eigentlichen regenerativen Energiequellen einnehmen. Denn sie speichern grünen Strom für Mangelzeiten bei Dunkelheit und Windflaute. (Bildquelle: Adobe Firefly, generative KI)

Die Provinz Hubei beheimatet nach chinesischen Angaben seit Anfang 2024 einen dreifachen Weltrekordhalter: Nengchu-1, ein sogenanntes Druckluftspeicherkraftwerk. Seine Aufgabe ist einfach erklärt, hat aber weitreichende Bedeutung für das Potenzial erneuerbarer Energien.

Wir erklären, weshalb Einrichtungen wie Nengchu-1 erst der Anfang sind und wie sie helfen können, der globalen Energiekrise zu begegnen.

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Dreifacher Weltrekord dank viel, viel Luft

Nach Angaben des chinesischen Staatsunternehmens China Energy Engineering Group Co. Ltd. (CEEC) ist Nengchu-1 in seiner technischen und wirtschaftlichen Umsetzung einzigartig. Als erste Anlage dieser Art nutzt sie eine neue Technologie, um Druckluftspeicher in Kombination mit Turbinen besonders effektiv einzusetzen. Das Ergebnis seien drei Rekorde:

  • den höchsten Energieertrag
  • die größte Speicherkapazität
  • die effizienteste Umwandlung von Strom zu Druckluft und wieder zurück in elektrische Energie

Druckluftspeicher, im Englischen als Compressed Air Energy Storage (CAES) bekannt, stellen eine industrielle Lösung für ein Hauptproblem der erneuerbaren Energien dar: Die Sonne scheint nachts nicht, und auch der Wind weht nicht ständig. Gerade deswegen sollte Ökostrom möglichst vollständig gespeichert werden.

In CAES-Anlagen wird überschüssiger Strom genutzt, um Kompressoren zu betreiben. Die verdichten Luft und leiten sie in unterirdische Hohlräume. Bei Strombedarf wird die gespeicherte Druckluft freigesetzt, strömt unter hohem Druck zurück und treibt eine Turbine an. Man kann es also gewissermaßen als eine Art Luftbatterie bezeichnen.

Nengchu-1 könne auf diesem Wege 300 Megawatt (MW) Leistung freisetzen. Die maximale Speicherkapazität beträgt etwa 1.500 Megawattstunden, was bedeutet, dass 300 MW für fünf Stunden bereitgestellt werden können. Danach müssten die Tanks neu befüllt werden. Zur Einordnung: Die größten Windräder der Welt, wie dieses Monstrum, leisten 20 MW, aber natürlich beliebig lange ohne vorherige Stromzufuhr.


Eine verwandte und deutlich verbreitetere Technologie sind Pumpspeicherkraftwerke. Im Prinzip funktionieren sie ähnlich wie Staudämme, wobei Wasser mit überschüssigem Ökostrom in höher gelegene Speicherbecken gepumpt wird.

Anlagen dieser Art halfen erst kürzlich entscheidend dabei, Spanien rasch nach dem Blackout wieder Strom zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus forschen deutsche Wissenschaftler an einer innovativen Variante, die am Meeresgrund Betonkugeln als Vakuumspeicher einsetzt, um so bei Bedarf elektrische Energie freizusetzen.

So funktionieren Druckluftspeicher

Um möglichst viel Umgebungsluft als nutzbare Energiequelle in den unterirdischen Speicher zu bekommen, muss sie komprimiert werden. Wie wir uns aus dem Physikunterricht erinnern, erwärmt sich ein Gas oder ein Gemisch aus Gasen (wie unsere Atemluft), wenn es komprimiert wird. Diese entstehende Wärme ist in einem Druckluftspeicher unerwünscht, da sie dazu führt, dass sich die komprimierte Luft ständig zusätzlich ausdehnen möchte, was den Speicher beschädigen und potenzielle elektrische Energie verschwenden könnte. Daher ist eine Kühlung notwendig.

Um jedoch Strom zu erzeugen, muss die Druckluft wieder entweichen und die Turbinen antreiben. Hierfür wird der Speicherinhalt erhitzt. Die Wiedererwärmung der komprimierten Gase erfüllt dabei zwei Zwecke:

  • Höherer Druck, der die Luft durch die geöffneten Ventile hin zur Turbine strömen lässt.
  • Schutz der Anlage vor Vereisung.

Um diesen energetischen Prozess mit den Luftmassen möglichst effizient zu gestalten, werden zwei verschiedene Verfahren eingesetzt (via Siemens Energy):

Die sognenannte diabatische Variante (D-CAES) leitet die bei der Kompression entstehende Wärme in die Atmosphäre ab.
Für die notwendige Wiedererwärmung wird in der Regel eine geringe Menge Erdgas verbrannt. Die zwei bis vor Kurzem größten CAES-Kraftwerke in Huntorf (Deutschland) funktionieren nach diesem Prinzip. Allerdings ist der Wirkungsgrad relativ gering. Dieser Wert gibt an, wie viel des ursprünglich eingesetzten elektrischen Stroms zurückgewonnen werden kann – bei D-CAES nur etwa die Hälfte.

Bei der sogenannten adabiatischen Variante (A-CAES) wird die der Luft durch Kühler entzogene Wärmeenergie in einem Wärmespeicher konserviert. Soll der Strom wieder ins Netz eingespeist werden, nutzen die Techniker die gespeicherte Wärme, um die zurückströmende Luft wieder aufzuheizen. Die chinesische Anlage Nengchu-1 setzt auf dieses modernere Verfahren und kann so einen Wirkungsgrad von bis zu 70 Prozent erreichen.

Nengchu-1 ist dabei erst der Anfang. Kurz vor der kommerziellen Inbetriebnahme vor einigen Monaten gab China bekannt, mit dem Bau der nächsten, noch größeren Anlage begonnen zu haben. Die bringt eine Leistung von 700 MW und eine Speicherkapazität von 2.800 Megawattstunden. Darüber hinaus plant das Unternehmen CEEC bereits Anlagen mit einer Leistung von 1.000 MW.

Die Frage liegt nahe, warum ausgerechnet China in diesem Bereich eine führende Rolle spielt. Eine einfache Antwort darauf: Aufwand und Kosten. Experten zufolge ist die Bauzeit ein geringeres Problem und oft sogar kürzer als bei Pumpspeicherkraftwerken für Wasser.

Bei traditionellen Druckluftspeicherkraftwerken, unabhängig davon, ob es sich um diabatische (D-CAES) oder adiabatische (A-CAES) Verfahren handelt, dienen natürliche unterirdische Hohlräume wie Salzkavernen zur Speicherung der Druckluft. Die natürlichen Speicher müssen bestimmte Anforderungen erfüllen, um sowohl den Umweltschutz als auch die technischen Notwendigkeiten zu gewährleisten.

Aktuell arbeitet China zudem an einer 300-MW-Anlage, bei der erstmals künstlich in den Fels getriebene Tunnel als Druckluftspeicher dienen sollen. Die neue Erschließungstechnik könnte die potenzielle Zahl geeigneter Standorte für solche Speicherkraftwerke deutlich erweitern.

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