Fazit: Civilization 6 im Test - Krone mit Kratzer

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Fazit der Redaktion

Michael Graf
@Greu_Lich
Die Comicoptik von Civilization 6 erinnert auf den ersten Blick an den seichten Mobile- und Konsolenableger Civilization: Revolution - doch spielmechanisch kann ich Civilization 6 wenig vorwerfen. Der Umfang stimmt, die hervorragend verzahnte Mechanik strotzt vor spannenden Wechselwirkungen, und das Politiksystem sowie die Heureka-Booster laden zum Experimentieren ein. Das macht die Partien abwechlungsreicher, dynamischer. Civ 6 spielt sich vertraut und zugleich anders genug, um wieder nächtelang zu fesseln - wie ich es von einer guten Fortsetzung erwarte.

Die Bonbongrafik wiederum mag Geschmackssache sein, ihren liebevollen Detailgrad aber kann niemand abstreiten: In Städten und Distrikten erkenne ich jedes einzelne Gebäude, bei zerstörten Monumenten bricht die Spitze ab, japanische Pikeniere - eigentlich eine langweilige Standard-Einheit - sehen sogar anders aus als europäische.

Und diese Musik! Das Hauptthema ist so gut, dass ich es fast schon bereue, aus dem Hauptmenü in eine Partie zu springen - ich hab's gleich mal aufgenommen und auf mein Telefon geladen. Der individuelle Soundtrack jeder Nation passt sich ans Zeitalter an und schwillt im Verlauf einer Partie vom Steinzeitgeträller zur orchestralen Industriehymne an, aus der ich bei den Deutschen die Melodie von »Wenn ich ein Vöglein wär« heraushöre. Klar, hin und wieder fehlen Komfortfunktionen (Warum kann ich Städte nicht mehr umbenennen?). Unterm Strich sogar all das dennoch dafür, dass ich eigentlich gar nicht mehr zu Civ 5 zurückkehren will. Eigentlich.

Denn eines hat Civ 6 dann eben doch mit Civilization: Revolution gemeinsam: die schwache KI. Denn die Computergegner bringen selbst auf den höchsten Schwierigkeitsgraden wenig zustande - vor allem im Krieg ziehen sie konfus hin und her oder schließen Frieden, obwohl sie eindeutig die Oberhand haben. Das heißt nicht, dass ich automatisch gewinne, mit ihren massiven Ressourcenboni sausen die hochstufigen KI-Widersachern rasant zum Kultur- oder Technologiesieg.

Nur im Krieg sind sie eben viel zu passiv, viel zu wirr - wirrer sogar als in der Ursprungsversion von Civ 5. Da muss Firaxis dringend nachbessern. Denn mit zumindest halbwegs guten und aktiven Computergegnern könnten wir gerne über eine 90er-Wertung für Civilization 6 sprechen. Noch reicht es dafür nicht.

Maurice Weber
@Froody42
Ich konnte unsere Previewversion von Civilization 6 nur auf meinem Bürorechner installieren - und war dann jeden Feierabend richtig wehmütig, weil ich zuhause nicht spielen konnte. Bis dann die finale Testversion kam und ich prompt bis fünf Uhr nachts am heimischen Rechner hing! Damit ist eigentlich auch schon alles über das Spiel gesagt: Das neue Civ schickt sich mal wieder an, ein teuflischer Zeitfresser und eine absolute Suchtmaschine für tüftelfreudige Strategen zu werden.

Mit der neuen Comicgrafik kann ich zwar nicht so viel anfangen, aber spielmechanisch ist für mich fast jede Neuerung ein Schritt nach vorn. Immer gut durchdacht, immer sinnvoll ins Gesamtgefüge eingefügt. Es macht einfach enorm viel Spaß, über jedem einzelnen Hexfeld zu grübeln und die beste Art zu finden, daraus Nutzen zu schlagen.

Mein persönliches Highlight sind aber die Fraktionen, die diesmal deutlich mehr Persönlichkeit haben als noch im fünften Teil. Zum einen, wenn ich sie selbst spiele, dafür sorgen umfangreichere und relevantere Spezialeigenschaften. Zum anderen aber auch, wenn die KI am Ruder sitzt: Jedes Volk drückt einer Partie dank der Agenden seinen ganz eigenen historischen Stempel auf. Die Amerikaner spielen Friedenspolizei, die Engländer machen auf Kolonialmacht, Kleopatra wanzt sich an mächtigere Herrscher heran - klasse!

Blöd nur, dass die KI so unfähig ist, ihre Absicht auch mit Nachdruck durchzusetzen. Die KI ist als einziger Teil von Civilization 6 eine herbe Enttäuschung - und weil ich Civ lieber allein als im Multiplayer spiele, ist das für mich ein herbes Manko. Denn die KI ist ja nicht einfach einer von vielen Bestandteilen des Spiels, dessen Schwächen man leicht übersehen kann, wenn der Rest stimmt.

Sie beeinflusst den Spielspaß in jeder Einzelspielerpartie und bestimmt maßgeblich mit, wie strategisch ich selbst spielen muss. Ich hoffe sehr, dass Firaxis hier noch nachbessert. Denn abgesehen von diesem Problem ist Civilization 6 eins der besten Rundenstrategiespiele seit Jahren.

Martin Deppe
@GameStar_de
Civilization begleitet mich jetzt mein halbes Leben – angefangen mit dem Brettspiel von Avalon Hill, über Sid Meiers Erstlingswerk bis hin zu diesem neumodischen, bunten Civ 6. Und genau dieses Civ 6 schafft es, mich sofort wieder reinzuziehen in den unkaputtbaren Spielfluss. Die Neuerungen verwässern das bewährte Spielprinzip kein bisschen, sondern unterstützen es: Ständig habe ich Nah- und Fernziele vor der Nase, kann meine Politik feintunen, Forschung aktiv beschleunigen, durch Handel nebenbei mein Straßennetz optimieren.

Gerade im Vergleich mit Anno 2205 oder Sim City wird klar, dass man an einem bewährten Spielkonzept nicht rumdoktern sollte – genau das hat Firaxis beherzigt. Dazu kommt, dass ihr Epos auch noch verdammt hübsch aussieht, die guten alten (und neuen!) Wunder endlich wieder groß zu sehen sind, ich mich beim Städtebau austoben kann.

Und wenn ich neben dem Ruhrgebiet-Weltwunder inklusive Förderturm noch eine Pferdekoppel anlege, kriege ich sogar richtig Heimweh. Auch wenn’s nach dem abgenudelten Bond-Film-Spruch klingt: Für mich wäre Civ 6 das beste Civ aller Zeiten. Wenn nur die KI auf den höheren Schwierigkeitsgraden richtig mithalten könnte.

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