Cyberpunk 2077 in Japan doch nicht geschnitten? Es ist kompliziert!

Cyberpunk 2077 ist Japan zu nackt und gewaltvoll und wird deswegen geschnitten. Die Lage bei der PC-Version ist jedoch nicht ganz so einfach.

Spieler von Cyberpunk 2077 in Japan müssen auf so manche Gewaltdarstellung verzichten. Spieler von Cyberpunk 2077 in Japan müssen auf so manche Gewaltdarstellung verzichten.

Update vom 3. Juli: Cyberpunk 2077 ist in Japan uncut und doch wieder nicht - die Situation ist also komplizierter als zunächst angenommen. Mittlerweile haben diverse japanische Medien das Thema aufgegriffen. So erklärt die Seite Gamespark, dass nur die Konsolenversion von den Kürzungen betroffen ist, die PC-Version jedoch uncut erscheint.

Viele Spieler gehen davon aus, dass CD Projekt Red vorgeht wie bereits bei Witcher 3: Dort wurde auf Steam ausschließlich die japanisch-sprachige Version geschnitten. Stellt man das Spiel hingegen auf Englisch, dann kann man es auch in Japan ohne Kürzungen spielen. Genauso verhielt es sich zudem bei Wolfenstein: The New Order.

Das könnte gleichzeitig auch Auswirkungen für all jene haben, die den Titel wegen persönlicher Vorlieben auf Japanisch spielen wollen. Wer die Sprache auf Japanisch stellt, muss dann möglicherweise auch mit den Kürzungen leben - selbst wenn man in Deutschland ansässig ist.

Originalmeldung vom 1. Juli 2020: Cyberpunk 2077 wird zensiert! Allerdings nicht in Deutschland, sondern in Japan. Schuld daran sind vor allem zwei Dinge: Unbekleidete Charaktere und ein zu hoher Gewaltgrad. Und es ist bei weitem nicht das erste Spiel, bei dem die Schere angesetzt wird. Doch wieso stören sich die Japaner daran?

Was wird in Cyberpunk 2077 geschnitten?

Das Rollenspiel von CD Projekt Red wird sehr erwachsen und geizt weder in Sachen Nacktszenen noch Sexualität. Zudem wissen wir, dass auch in Sachen Gewalt nicht gespart wird und so manch brachiale Szene vorkommen wird.

Ganz zum Leidwesen der Japaner: Dann für deren Version wird das alles entfernt oder abgeändert. Nach Informationen der Webseite Press-Start.com sollen folgende Änderungen geplant sein:

  • Nackte Charaktere tragen Unterwäsche
  • »Implizit sexuelle Inhalte« werden geändert
  • Abgetrennte Gliedmaßen und Gedärme werden teils angepasst
  • Graffiti und Reklamewände, die Genitalien zeigen, werden geändert

Die drei großen Tabus Japans

Ob ein Spiel geschnitten werden muss oder nicht, entscheidet in Japan die Computer Entertainment Rating Organization, kurz CERO genannt. Bei ihr handelt es sich um das japanische Pendant zur deutschen USK. Die stört sich vor allem an drei Aspekten:

  • Nuklearwaffen
  • Obszönes Material
  • Abgetrennte Gliedmaßen

1. Bitte keine Atombomben

Wieso man in Japan nur ungern den Einsatz von Nuklearwaffen in Spielen sieht, sollte selbsterklärend sein. Wer nicht darauf kommt, dem empfehlen wir dringend ein Geschichtsbuch zur Hand zu nehmen und das Kapitel aufzuschlagen, das sich um das Jahr 1945 dreht.

Das sorgte schon dafür, dass beispielsweise Fallout 3 gekürzt wurde. Im fernen Osten wurde die gesamte Questreihe geschnitten, in der ihr Megaton City mit einer Atombombe in die Luft sprengen könnt. Zudem wurde der Fat Man genannte Miniatur-Atomraketenwerfer umbenannt.

Hier nutzt ihr stattdessen den »Nuka Launcher«. Wahrscheinlich in Anlehnung an eine zu stark geschüttelte Cola-Dose, die ein ähnlich großes Zerstörungspotential besitzt.

2. Hier obszön, da voll okay

Es ist schon ein Klischee, dass Japan in seinen Pornos stets den Intimbereich verpixelt. Allerdings müssen wir dem Vorurteil hier ein Ende setzen: Gegen Glieder hat Japan nichts. Ganz im Gegenteil: Auf dem shintoistischen Kanamara Matsuri - übersetzt bedeutet das "Fest des stählernen Penis" - in Kawasaki transportiert man gar öffentlich einen riesigen Phallus durch die Stadt!

Dass japanische Pornos hingegen aussehen wie ein Videospiel aus den frühen 80er Jahren, liegt an einem Gesetz aus der Meiji-Zeit im Jahre 1907. Artikel 175 des Strafgesetzbuches verbietet so die Darstellung von »obszönen Material«, definiert das aber nicht genauer. Dadurch bestimmen Gerichte stets aufs neue, welche Werke sie entsprechend einordnen. Und manchmal reichen dafür einfach Schamhaare aus.

Das sorgte gar dazu, dass manche Menschen für unzensiertes Material auf Kinderpornographie auswichen. Deren Besitz war bis zum Jahr 2014 nicht illegal. Zuvor war lediglich die Produktion und deren Vertrieb verboten. Entsprechende Darstellungen in Anime und Manga zählen nach wie vor jedoch nicht dazu, um Missbrauch des Gesetzes vorzubeugen.

3. Das Problem mit der Gewalt

Das auch abgetrennte Gliedmaßen und Gedärme teilweise verschwinden, hängt maßgeblich mit zwei tragischen Ereignissen zusammen. Namentlich den Kindermorden in Kobe von 1997 und dem Schulmassaker von Osaka im Jahr 2001.

Bei beiden mussten Videospiele zum Teil als Sündenbock herhalten. Und das kurz vor der Gründung der CERO im Jahr 2002. Der Täter in Kobe hinterließ gar eine Nachricht:

"Das ist der Beginn eines Spiels ... Versucht mich zu stoppen, wenn ihr könnt, blöde Polizei ... ich will wirklich Leute sterben sehen und einen Mord zu begehen ist ein Nervenkitzel [...]."

Seitdem nehmen viele Entwickler wie zum Beispiel Capcom selbstständig eine Zensur ihrer Spiele vor - manchmal in sehr merkwürdigen Ausmaßen. Das Remake von Resident Evil 2 erschien beispielsweise in zwei unterschiedlichen Versionen: Einer CERO D (ab 17) Version und einer CERO Z (ab 18) Version. Komplett ungeschnitten ist jedoch keine von beiden.

Mathias Dietrich
Kawaraban

Was macht der Dietrich eigentlich, wenn er gerade nicht für die GameStar schreibt? Er schreibt auf seiner eigenen Seite vor allem über Japan und dessen Kultur! Die ist gerade in Zusammenhang mit Videospielen interessant. Wusstet ihr zum Beispiel, dass im Land von JRPGs und androgynen Charakterne mit Kulleraugen ausgerechnet Rainbow Six: Siege so beliebt ist, dass man gar im Laden versucht, PCs damit zu bewerben?

Dass Cyberpunk 2077 in meiner Wahlheimat jedoch nur geschnitten erscheint, ärgert mich etwas. Immerhin hoffte ich etwas darauf, hier vor den üblichen Zensuren sicher zu sein! Und da der PC-Markt im Land der aufgehenden Sonne wesentlich kleiner ist als in Deutschland, könnte sich auch die Suche nach Mods als etwas problematisch erweisen.

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