Ganz normaler Wahnsinn
Strukturelle Probleme erschweren währenddessen weiterhin die alltägliche Arbeit. Es gibt Kommunikationsschwierigkeiten mit den Entwicklern, man redet oft aneinander vorbei.
Im Fall von Lula 3D ist lange nicht klar, wohin die Reise genau gehen soll: Adventure, oder doch lieber Tomb Raider in nackt? Die Unternehmensführung formuliert ihre Erwartungen nicht deutlich, es geht ihr oft meh rum Details als um grundsätzliche spielerische Fragen. Zudem verwendet das unterbesetzte Entwicklerteam mit der Vulpine-Engine ein zwar leistungsfähiges, aber noch nicht marktreifes Grafikgerüst. Als Lula 3D 2005 erscheint, kann es spielerisch nicht überzeugen. Und es kommt zu spät: Die Zeiten, in denen nackte Tatsachen für großes Publikum gesorgt haben, sind längst vorbei.
Auch einweiteres großes Projekt scheitert, wenn gleich aus anderen Gründen. Ein Jahr zuvor hat sich CDV mit dem Ego-Shooter Breed ins millionenschwere Action-Geschäft vorgewagt, allerdings ohne die nötige Entschlossenheit. »Wenn man in die Blockbuster-Schiene will, muss man bereit sein, es mit aller Konsequenz zu tun. Das kostet richtig viel Geld«, urteilt der Entwicklungsleiter Martin Löhlein. »Da reicht es dann nicht, wenn der Entwickler sagt, es kostet so und so viel, und der Publisher pocht dann darauf, dass der Rahmen eingehalten wird. Man muss im Zweifelsfall Leute selbst vor Ort einsetzen, man muss bereit sein, draufzulegen.« Interne Schwierigkeiten beim Entwickler Brat Designs sorgen dafür, dass das ambitionierte Projekt letztlich unfertig veröffentlicht wird. Der Halo-Killer in spe geht trotz innovativer Ansätze im Markt unter. Einen Produzenten hatte der Publisher nur sporadisch vor Ort, die Betreuung war unzureichend. Auch Cossacks 2 kann die hohen Erwartungen nicht erfüllen. Dennoch muss CDV 2004 und 2005 keinen Verlust ausweisen und kann mit der Codename: Panzers-Reihe sogar eine recht erfolgreiche Strategieserie etablieren.
Ende und Insolvenz
2006, drei Jahre nach der ersten Krise, folgt dann ein erneuter Absturz. Weder der provokante, durchschnittliche Shooter Übersoldier noch das Aufbauspiel Die Römer kann die Erwartungen erfüllen, andere Spiele verschieben sich – die alten Probleme. CDV macht wieder Verlust, gut 8 Millionen Euro sind es diesmal. Das Unternehmen ist überschuldet, kann dies jedoch durch ein Nachrangdarlehen ausgleichen. Zuvor hat man bereits die Rechte an den vielversprechenden Titeln Panzer Tactics, Warfront: Turning Point sowie Jack Keane auf die GDD Games Development and Distribution GmbH übertragen. 2007 sinkt das Grundkapital von CDV auf ein Achtel des Ursprungswerts – der ehemals größte deutsche Publisher ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Er zieht sich endgültig in den Vertrieb zurück. Als Spieleproduzent ist CDV damit bereits Geschichte, man verdient sein Geld wieder mit dem Etikettieren von Datenträgern.
Zwar kann sich das zurechtgestutzte Unternehmen in den Jahren darauf kurzzeitig erholen und ausgerechnet mit der Konsolenfassung von Sacred 2, dem Sargnagel des 2009 geschlossenen Konkurrenten Ascaron, einen Erfolg feiern. Mit der kreativen Arbeit früherer Tage hat das neue CDV jedoch nicht mehr viel gemein. Nachdem es 2009 mit Cryostasis, Necrovision und Men of War gute, aber wenig erfolgreiche Titel auf den deutschen Markt brachte, wird es schließlich von der Vergangenheit eingeholt. Der US-Publisher Southpeak Interactive hat Forderungen gegen CDV erworben, um damit eigene Verpflichtungen, die 2009 Gegenstand eines Rechtstreits mit CDV waren, auszugleichen. Am 12. April 2010, nach 21 Jahren, meldet CDV Insolvenz an. Die Aktie liegt bei 50 Cent.
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