Wenn es um Diablo geht, wird es persönlich. Kaum eine andere Reihe vermittelt mir so sehr den Eindruck, dass jeder individuelle Spieler damit etwas komplett anderes verbindet. Einheitlich ist nur die Leidenschaft der Fans. Das zeigt sich insbesondere daran, dass Diablo oft auch regelrechte Orkane der Entrüstung auslösen kann. Wenn Blizzard etwa mal wieder Schindluder mit dem Bezahlmodell treibt.
Ich finde es aber auch außergewöhnlich faszinierend zu sehen, wie extrem sich die Erwartungen an ein Diablo unterscheiden können. Es gibt irgendwo zwischen all den Blickwinkeln zwar ein grundsätzliches Übereinkommen, was Diablo ausmacht, aber was der eine als Kerndisziplin eines Action-RPGs begreift, ist für den anderen womöglich gar nicht so wichtig.
Das sehe ich auch an mir selbst. Anders als die meisten verbinde ich meine schönsten Diablo-Erinnerungen nämlich nicht mit Diablo 2. Stattdessen muss ich immer wieder an das allererste Diablo denken und den Horror, den mich dieses uralte Action-Rollenspiel einst spüren ließ.
Ein atmosphärisches Meisterwerk
Dabei war Diablo 1 gar nicht mein Einstieg in die Serie. Vielmehr wurde ich erst mit Diablo 3 darauf aufmerksam und metzelte mich hier genüsslich durch Dämonenhorden, bis hoch in die Hohen Himmel wo ich Diablo höchstselbst mit meiner Magierin spektakulär weglaserte. Was ein Spaß!
, dachte ich mir. Also wollte ich mir mal ansehen, was die Vorgänger so zu bieten hatten.
Dass ich auf diese Weise Diablo auf eine komplett andere Art zu lieben lernte, hätte ich aber nicht geglaubt. Doch genau das ist passiert. Diablo 1 fühlt sich grundlegend anders an, als der 16 Jahre jüngere Nachfolger.
Ich war zuvor kein erklärter Feind des etwas comichafteren Looks von Diablo 3 und bin das bis heute nicht. Aber was mir Diablo 1 schließlich vorsetzte, hat meinen Blick auf die Welt dieser Reihe komplett verändert. Diablo 1 ist ein atmosphärisches Meisterwerk, dessen prägender Stil und schaudererregend düsterer Ton danach nie wieder auf dieselbe Art und Weise zum Tragen kam. Nein, auch nicht in Diablo 2.
Der Horror von Diablo
Bei der Stimmung von Diablo geht es immerhin nicht nur darum, wie sich die Welt präsentiert. Es geht nicht nur um die gotische Architektur, die schrecklichen Monster, den Wahn der Menschen und die blutigen Exzesse. All das bekommt Diablo 2 auch hin und in Ansätzen gibt es das selbst in Diablo 3 zu sehen. Doch der wahre Horror von Diablo kommt von seiner Struktur.
Eine Struktur, die schon in Diablo 2 komplett aufgebrochen wurde und die heute niemand mehr so richtig mit dieser Reihe verbindet. Das erste Diablo war nämlich überraschend stringent. Ich bin ein einsamer Krieger, der eines Tages im düster melancholischen Tristram eine Kapelle findet und sich entscheidet, diese von ihrem dämonischen Befall zu befreien. Ich habe ein klares Ziel: Diablo finden und vernichten.
Von hier aus geht es stetig bergab. Durchaus wortwörtlich gesprochen. Denn anders als in den Nachfolgern, bereise ich keine unterschiedlichen Gebiete, die von Dungeons gespickt sind. Ich mache mich durch die Kapelle auf den Weg in den Abgrund und steige wie Dante hinab in die Hölle. Mit jeder neuen Ebene wird es nur noch schlimmer und schlimmer.
Diese klare Richtung in Verbindung mit den finsteren Gängen, der geringen Sichtweite und der Gewissheit, dass in den Schatten seltsam unwirklich wirkende Monster geifern, sorgt für ein enorm beklemmendes Gefühl. Bis heute bekomme ich Gänsehaut, wenn ich daran denke, wie ich mich nachts im Dunkeln durch die schaurigen Hallen von Diablo klickte.
Diablo 1 erschien mir so abstrakt, so ungelenk, so unheimlich. Das erste Diablo war ein waschechtes Horrorspiel. Obwohl ich als Rollenspiel-Held mit magischen Waffen und mächtigen Schriftrollen dutzende Dämonen zu Asche verbrannte, lebte ich in permanenter Angst.
Was ich von Diablo erwarte
Diese Atmosphäre hat mich nachhaltig geprägt, vielleicht sogar geschädigt. Wann immer von Diablo die Rede ist, stellen sich bei mir die Nackenhaare auf.
Dabei erwarte ich gar nicht, dass neue Diablos diese Atmosphäre nachahmen. Das erste Diablo hat diese Wirkung, weil es sich noch nicht so sehr auf eine elaborierte Lootspirale, Machtfantasien oder epochale Zwischensequenzen verlassen konnte. Nichts davon würde ich in einem neuen Diablo missen wollen. Allerdings bereitet Diablo 1 für mich eine Welt auf, die ohne dieses Spiel viel von ihrer Faszination verliert. Kollege Peter befürchtet gar, dass diese Art Diablo zu genießen, gar nicht mehr gewünscht wird.
Das erste Diablo fühlt sich noch sehr viel geerdeter an und der Schrecken der Höllen erscheint grausiger, da er nicht allgegenwärtig ist. Weil noch nicht große Teile der Welt von Monstern übersät sind. Es ist diese Kapelle, diese Stadt, dieser Hort des Bösen, der mich schaudern lässt. Diese Mischung aus okkultem Horror, Mittelalter und christlicher Symbolik wirkt auf diese Art viel stärker.
In meinem Fall wirkt der hier vermittelte Eindruck von Sanktuario sogar so stark, dass ich ihn selbst in den späteren Ablegern noch fühle und die Welt ganz anders einordne. Das erste Diablo macht die Welt auf eine Art und Weise verständlich, wie es kein Lore-Gespräch mit Deckard Cain, kein Monolog eines alten Übels und keine geheime Schriftrolle jemals könnte.
Diablo 1 muss seine Welt nicht erklären, es macht sie spürbar.
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