Ascaron hat Anstoss
Das erste eigene Projekt von Ascon heißt Der Patrizier. 1991 entdeckt Holger Flöttmann eine Wirtschaftssimulation für den Atari ST, entwickelt von drei Studenten, die ihrem Spiel den Titel »Die Pfeffersäcke« gaben. »Das war vielleicht nicht der beste Name«, erinnert sich Flöttmann. Er kauft das Spiel und lässt es weiterentwickeln. Der Patrizier wird Ascons erster Hit, er begründet den Ruf der Firma als Brutstätte für spaßige Historien-Simulationen. Hanse (1994) und Elisabeth I. (1996) untermauern den Anspruch.
Ascons zweites Spiel ist ein Fußball-Manager: Anstoss. Für den Atari ST gab es damals ein Hobbyprojekt eines jungen BWL-Studenten namens Gerald Köhler, das Spiel hieß Kicker. Holger Flöttmann liest das Handbuch in der Badewanne in einem Londoner Hotel. Er überredet Köhler, bei Ascon einzusteigen.
Anstoss ist ein durchdachter Fußballmanager, vor allem aber ein witziges Programm, das dem Platzhirsch Bundesliga Manager ein Augenzwinkern entgegensetzt. Das kommt gut an. Durch die WM-Edition (1994) und die Nachfolger Anstoss 2 (1997) und Anstoss 3 (2000) wird die Serie zu einem der strahlendsten Sterne am deutschen Spielehimmel.
Als Ascaron 2002 Armalion übernimmt, entpuppt es sich als technisch gut, aber inhaltlich unausgegoren. In den folgenden zwei Jahren wird es zu Sacred umgebaut. Das Programm entsteht in Aachen, kreativer Zufluss kommt vom Ascaron-Stammsitz in Gütersloh. Die räumliche Trennung ist unpraktisch. »Wenn Sacred gut läuft, dann entwickelt ihr den nächsten Titel alleine«, verspricht Flöttmann dem Leiter des Studio 2, Franz Stradal. Sacred läuft nicht nur gut, es läuft fantastisch, es wird in Deutschland zum Überraschungshit des Jahres 2004. Innerhalb von vier Wochen verkauft Ascaron 100.000 Stück, im Laufe der Jahre werden es weltweit zwei Millionen. Man plant erst ein Addon, dann eine Fortsetzung. Die Verantwortung verschiebt sich nach Aachen.
Ascaron will groß werden
Es muss irgendwann Ende der 90er sein, als Holger Flöttmann beschließt, dass Ascaron größer werden muss. Er will nach Europa. Schon das erste Patrizier und die Anstoss-Reihe hatte Ascon ins Ausland verkauft, dort hießen sie The Partician und On the Ball. Als im Jahr 2000 Patrizier 2 erscheint, läuft das Spiel nicht nur in Deutschland blendend, sondern auch international; allein in Spanien gehen 60.000 Stück weg, Patrizier 2 kommt selbst in Japan in den Handel.
Flöttmann schließt einen Vertriebsvertrag mit den französischen Infogrames, dem heutigen Atari/Namco Bandai. Ascarons Spiele sollen in die Welt. Aber mit der Größe ist das so eine Sache: Wer stark sein will, muss Muskeln haben. 2000 wird mit Gerald Köhler Ascarons wichtigster Designer von Electronic Arts abgeworben. Die Lücke, das zeigen die kommenden Jahre, wird nie mehr geschlossen.
2001 floppen die Eigenentwicklungen Anstoss Action und Ballerburg. Ascaron hatte aufs völlig falsche Pferd gesetzt, kaum jemand will die Nischentitel kaufen. 2002 verklagt Electronic Arts Ascaron wegen Lizenzverletzung bei Anstoss 4, die Spielernamen müssen geändert werden, alle Spiel-CDs werden eingestampft und neu gepresst. Ascaron posaunt eine Gegenklage hinaus, reicht sie aber nie ein. Ein Papiertiger.
In Aachen, im Studio 2, arbeitet Franz Stradal ab 2004 an Sacred 2. Stradal hat eine offene Entwicklungsphilosophie: Alle Teammitglieder sollen am Designprozess teilhaben. Rund 20 Mann sitzen am Spiel. Stradal und seine Mannschaft sichten 3D-Engines, darunter die Unreal Engine, aber verwerfen sie: ungeeignet für eine zusammenhängende Spielwelt. Man entscheidet sich für eine komplette Eigenentwicklung. Holger Flöttmann setzt 2006 als Erscheinungstermin an.
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