Seite 3: Die Akte Ascaron - Große Hits, große Reinfälle

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Ascaron geht Pleite

Auch Ballerburg war in der Entwicklung viel zu teuer. Auch Ballerburg war in der Entwicklung viel zu teuer.

Als Ascaron 2001 zum ersten Mal Pleite geht, kursieren zwei Theorien zu den Gründen. Die eine stammt von Holger Flöttmann, und sie deutet auf Infogrames. Der Vertriebspartner kaufte um die Jahrtausendwende Firmen auf, schluckte Hasbro Interactive, Melbourne House, Psygnosis, blähte sich auf. »Als vergleichsweise kleiner deutscher Publisher«, sagt Flöttmann, »kamen wir bei Infogrames unter die Räder.« Als die Franzosen Rückzahlungen von Entwicklungsvorschüssen einforderten, habe das Ascaron das Genick gebrochen.

Die andere Theorie besagt, dass Ascaron sein Kapital in schlecht geführten Projekten verbrannt habe. Angeblich verschlingt Anstoss Action zwei Millionen Mark, das simple Ballerburg immer noch eine Million, beides viel zu teuer. Es reicht nicht für groß.

Im Oktober 2005 zieht Ascaron in Gütersloh vom Stammsitz in der Dieselstraße in ein neues Gebäude in der Verler Straße. Alle Büros bekommen eine neue Einrichtung. In Aachen erfährt Franz Stradal, dass die alten Schreibtische, Schränke und Stühle für den Sperrmüll bestimmt sind. Er mietet sich einen Laster und fährt nach Gütersloh, um die weggeworfenen Möbel für Studio 2 einzupacken. Eine neue Büroausstattung für Aachen war in Gütersloh nie Gesprächsthema.

Ascaron braucht dringend Geld

Ganz am Anfang, bei Der Patrizier und Anstoss, ist Holger Flöttmann noch Produktionsleiter. Doch seine Rolle verschiebt sich bald dauerhaft auf ein anderes Feld: »Ich hatte nach Anstoss nur noch ein ›Hobby‹, und das war Geldbeschaffung.«

Wie alles begann: Die Handelssimulation Der Patrizier war Ascarons erste Eigenproduktion. Wie alles begann: Die Handelssimulation Der Patrizier war Ascarons erste Eigenproduktion.

Es ist in Deutschland nicht leicht, Kapital für die Entwicklung von Unterhaltungssoftware aufzutreiben, man muss überzeugen, oft überreden, manchmal betteln. Das geht den meisten Softwarefirmen so. Bei Ascaron ist es über die Jahre ein Dauerzustand. »Die Geschichte von Ascaron«, fasst der ehemalige Projektleiter Guido Eickmeyer zusammen, »ist die Geschichte finanzieller Nöte.« Manchmal bekommen die Angestellten ihr Gehalt erst mit Verspätung. Rund um die Insolvenz 2001 erhält das Team über Monate gar keinen Lohn. »Zum Teil wusste ich am 20. des Monats nicht, wovon ich am 25. die Gehälter bezahlen sollte«, erinnert sich Holger Flöttmann. »Die Kohle war immer knapp.« Rechnungen von externen Firmen zahlt Ascaron nur auf den letzten Drücker.

Dass es schwer ist, in Deutschland Investoren zu finden, ist die eine Seite der Medaille. Was man mit dem Geld macht, die andere. »Generell standen bei Ascaron Investments in Entwicklungen und vertriebliche Erwartungen selten in einem gesunden Verhältnis zueinander«, urteilt Eickmeyer. Im Klartext: Ascaron plante schlecht.

Irgendwann 2006 lädt sich Holger Flöttmann eine Testversion von Sacred 2 vom internen Netzwerk und beginnt zu spielen. Er läuft stundenlang durch leere Gebirge. Als er mit dem Team spricht, stellt sich heraus: Was er gesehen hat, ist nur ein Bruchteil der ganzen Welt. Irritiert wendet er sich an den Projektleiter Stradal: »Okay Jungs, ihr habt fantastisches Gelände, aber wo ist das Spiel?« Weil der ursprüngliche Erscheinungstermin längst unerreichbar ist, pumpt Flöttmann das Team auf. Aus 20 Leuten werden 40, am Ende arbeiten mehr als 60 Leute an Sacred 2. Über Monate sind in Aachen alle erfahrenen Fachkräfte nur damit beschäftigt, neue Mitarbeiter anzulernen.

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