Fünf Jahre. So viel Zeit hatte das kanadische Studio Bioware, um Dragon Age: Origins(GameStar-Wertung: 92 Punkte) zu entwickeln. Die Fortsetzung Dragon Age 2paukte Bioware in nur 18 Monaten durch. Kann man in so kurzer Zeit ein Rollenspiel ähnlich epischen Ausmaßes zaubern?
Eines, das dem grandiosen Vorgänger nicht nur gerecht wird, sondern diesen sogar überbietet? Skepsis macht sich breit. Skepsis darüber, ob Bioware genug Hirnschmalz in die Geschichte und die Charaktere steckt. Ob die Balance der nun actionreicheren Kämpfe funktioniert. Und ob Dragon Age 2 den Spieler emotional genauso zu fesseln weiß, wie sein spannend erzählter und mit jeder Menge Dramatik vollgepackter Vorgänger.
Nachdem wir jeden Winkel des Rollenspiels erkundet und uns bis zum Abspann gekämpft haben, können wir sagen: Die Zweifel der Fans sind berechtigt. Aber nur teilweise.
Gesenkte Wertung
Im Zuge unseres Tests zum Nachfolger Dragon Age: Inquistion haben wir uns entschlossen, Dragon Age 2 auf 80 Punkte abzuwerten. Die 87 Punkte, die wir im ursprünglichen Test (den Sie auf diesen Seiten lesen) vergeben haben, waren eine Fehleinschätzung. Weil wir es jedoch falsch finden, einmal gemachte Fehler für immer mit uns herumzuschleppen, haben wir die Wertung angepasst. Wer Näheren über die Gründe erfahren möchte, kann auch Michael Grafs Fazit zu Inquisition lesen.
Der Anfang: für alle gleich
Der heruntergefahrene Aufwand der Entwickler wird bereits beim Spielstart deutlich. Dragon Age 2 verzichtet auf die beliebten Origins-Intros des Vorgängers. Stattdessen wählen wir eine aus drei unterschiedlichen, nur in kurzen Filmschnipseln präsentierten Vorgeschichten, die erzählen, was im Finale von Teil 1 passiert ist. Alternativ können wir wie in Mass Effectunseren Spielstand von Origins importieren.
Auf den Einstieg von Dragon Age 2 haben die Vorgänger-Enden keinen Einfluss; das Spiel beginnt in jedem Fall mit dem neuen (männlichen oder weiblichen) Helden Hawke, der mit seiner Familie vor der Dunklen Brut in die Stadt Kirkwall flüchtet. Immerhin: Je nachdem, für welchen der drei Ausgangspunkte (oder den Charakter-Import) wir uns entscheiden, treffen wir im Verlauf von Dragon Age 2 auf andere aus dem ersten Teil bekannte Personen.
Solche besonders für Fans erinnerungswürdigen Ereignisse halten sich allerdings in Grenzen. Das Treffen mit König Alistair etwa, einer der wichtigsten Figuren aus Dragon Age: Origins, handelt das Spiel in einem zweiminütigen Gespräch ab, das zudem nichts Wesentliches zur Geschichte beiträgt.
Die Geschichte: zieht hinein
Dragon Age 2 mag seinem Vorgänger in Sachen Erzählvielfalt hinterherhinken, das Spiel zieht uns dennoch sofort in seinen Bann. Schon in den ersten Minuten hetzen wir durchs Niemandsland, schlagen Horden der Dunklen Brut zurück, legen uns mit einem Oger an, müssen den dramatischen Tod eines Menschen ertragen und staunen über einen Drachen, der uns im Moment absoluter Hoffnungslosigkeit zu Hilfe eilt und die anstürmenden Monster mit gewaltigen Feuersbrünsten in die Flucht schlägt.
Die Dialoge und Zwischensequenzen sind eindrucksvoller als im ersten Dragon Age, was vor allem an den aufwändiger gestalteten Figuren und Animationen liegt. Bei der deutschen Sprachausgabe macht das Spiel indes einen Rückschritt. Zwar hat Electronic Arts bekannte Synchronsprecher (etwa von Liam Neeson und Catherine Zeta-Jones) engagiert, doch die sind gelegentlich nicht passend auf die virtuellen Charaktere verteilt und lassen vor allem in dramatischen Szenen das benötigte Maß an Emotion vermissen.
Glücklicherweise liegt Dragon Age 2 die bessere englische Version nebst Untertitel bei. Für die müssen wir uns aber bereits vor der Installation entscheiden; im Spiel selbst lässt sich die Sprache nicht mehr umstellen.
Die Quests: vielseitig lösbar
In Kirkwall angekommen endet die lineare Einführung, und Dragon Age 2 öffnet sich. Von nun an dürfen wir selbst entscheiden, ob wir der Haupthandlung folgen oder die zahlreichen Nebenquests angehen, die an jeder Ecke auf uns warten. Die Aufgaben sind von gewohnt hoher Dragon Age-Qualität.
Wir retten entführte Damen vor ihren prügelwütigen Ehemännern, jagen einen Zauberer, der von einem Dämon besessen ist oder brechen nachts in ein Anwesen ein, um das Testament von Hawkes verstorbenem Vater zu suchen. Dabei überrascht uns das Spiel nicht nur laufend mit spannenden Wendungen, es stellt uns auch oft vor schwierige Entscheidungen. In der Kneipe »Zum gehängten Mann« etwa treffen wir einen jungen Burschen, der von der Stadtwache verdächtigt wird, verbotene Blutmagie auszuüben.
Er erzählt uns jedoch, dass er diese Geschichte nur erfunden habe, um einer Dame zu imponieren. Nun liegt es an uns: Glauben wir ihm und lassen ihn gehen, oder liefern wir ihn den Templern aus? Je nachdem, wie wir uns entscheiden, reagieren bestimmte Personen künftig anders auf uns oder tauchen gar nicht erst auf. Dragon Age 2 erzeugt dadurch das Gefühl einer in sich stimmigen Welt, in der Hawkes Handlungen tatsächlich etwas bewirken.
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