EA Sports F1 23 Preview: Wie lange darf das Fans noch Spaß machen?

Der neueste Teil der Rennspielreihe wirft uns zunehmend in eine moralische Zwickmühle. Sinnvolle Neuerungen stehen im Kontrast zur dringend benötigten Generalüberholung.

Neues Jahr, neue F1-Saison, neues Spiel von Codemasters - aber wie klein oder groß fällt der Sprung diesmal aus? Neues Jahr, neue F1-Saison, neues Spiel von Codemasters - aber wie klein oder groß fällt der Sprung diesmal aus?

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Update vom 27. Mai 2023: Potzblitz! Da fordern wir in unserer Auflistung gegen Ende des Artikels lautstark richtige DNFs während eines Rennens und ignorieren dabei die Tatsache, dass es diese bereits in F1 22 gibt. Entsprechend haben wir diesen Passus korrigiert, vielen Dank an eure Hinweise in den Kommentaren!

Ursprüngliche Meldung: Es ist zur Tradition für Rennspiel-Enthusiasten geworden: Wie in jedem Jahr erscheint auch 2023 ein neuer Teil von EAs offizieller Formel-1-Umsetzung, namentlich EA Sports F1 23. Wir haben bereits einige Runden in den neuen Boliden gedreht und verraten euch in dieser ersten Preview unsere frühen Eindrücke.

Erste Preview? Richtig gelesen: Zur größten Neuerung dürfen wir derzeit noch nichts verraten, nämlich dem zurückgekehrten Story-Modus Braking Point. Außerdem konnten wir von den oben erwähnten Eindrücken nicht viele sammeln, denn auch die Auswahl an Strecken war in unserer Version noch arg begrenzt.

Heute widmen wir uns deshalb vorerst nur den technischen Aspekten sowie der von Jahr zu Jahr immer dringlicher werdenden Frage: Wie lange darf man als Fan noch guten Gewissens mit EA Sports F1 Spaß haben?

Sören Diedrich
Sören Diedrich

Als absoluter Motorsport-Verrückter ist Sören den Codemasters-Spielen seit 2010 ununterbrochen treu geblieben. Alle Teile summiert haben ihn bestimmt schon weit über 1.000 Stunden seines Lebens größtenteils prima unterhalten. Aber jedes Jahr findet er auch stets neue Aspekte, die ihn stören oder bei denen er sich stets fragt, wie viel besser sie mit etwas mehr Feinschliff hätten werden können.

Dienst nach Vorschrift, aber mehr auch nicht

Steigen wir mit dem Technik-Part ein, denn der ist höchst erfreulich: Die Boliden in F1 23 haben spürbar sowohl an mechanischem Grip als auch an aerodynamischem Abtrieb gewonnen. Dadurch haben wir deutlich weniger mit unvorhergesehenem Fahrverhalten zu kämpfen, vor allem beim Bremsen, Herausbeschleunigen und Überfahren der Kerbs.

Die Autos steuern sich unglaublich präzise, was auch an der erstmals zum Einsatz kommenden Technik Precision Drive liegt, wovon vor allem Controller-User profitieren dürften. Unserem frühen Ersteindruck nach zu urteilen reagieren die Wagen auch wieder spürbar auf manuelle Setup-Justierungen, was vor allem Profis freuen dürfte, die in F1 22 das nachvollziehbare Feedback vermisst haben.

Alles in allem erwartet euch in F1 23 die rundeste Fahrphysik seit dem glorreichen 2017er-Teil.

Auch die Grafik hat sich stärker als erwartet verbessert. Vor allem in Sachen Beleuchtung hat sich erneut ein sichtbarer Schritt getan. Außerdem wirken die Automodelle noch detaillierter als früher. Großes Manko ist und bleibt aber die spartanische und lieblos modellierte Streckenumgebung, seien es Gebäude oder die Vegetation.

Fahrverhalten und Grafik sind in F1 23 wieder auf sehr hohem Niveau. Fahrverhalten und Grafik sind in F1 23 wieder auf sehr hohem Niveau.

Da es sich bei EA Sports F1 23 wie eingangs erwähnt um einen Routinier handelt, müssen wir die Grundlagen des Spiels an dieser Stelle wohl kaum noch erklären. Ihr erhaltet die gewohnte volle Dosis Formel 1 – sei es im Rahmen des Karriere-Modus, in kurzweiligen Zeitrennen gegen eure eigene Bestzeit oder im Multiplayer.

Analog zur echten F1-Saison gibt es auch im Spiel dieses Jahr ein paar Neuerungen. Die klingen zwar sinnvoll, sind aber von einem jährlichen Vollpreis-Update auch zu erwarten:

  • Neue Strecken, neue Gesichter: Mit Qatar und Las Vegas stoßen zwei neue Austragungsorte zum nunmehr 23 Events umfassenden Rennkalender hinzu. Auch das Fahrerfeld samt aktueller Boliden ist auf dem neuesten Stand, ihr könnt nun also auch in die Haut von Oscar Piastri oder Sargeant Logan - pardon, Logan Sargeant schlüpfen (wer die Anspielung erkennt, kriegt einen DRS-Keks).
  • Braking Point 2: Wie eingangs erwähnt, erwartet euch in F1 23 wieder ein Story-Modus, der mit altbekannten Rivalen und neuen Protagonisten aufwartet. Dazu demnächst mehr.
  • Rote Flaggen: Was passiert in der realen F1, wenn ein Zuschauer nießt oder eine Taube auf dem Asphalt ihre Hinterlassenschaften ablädt? Richtig, erst kommt das Safety-Car auf die Strecke, dann wird das Rennen unterbrochen. In F1 23 könnt ihr euch nun auch auf die rote Flagge freuen – in welcher Häufigkeit, können wir noch nicht sagen.
  • 35-Prozent-Rennen: Eine in unseren Augen wirklich tolle Neuerung, da viele Serienfans sich schon lange ein Format gewünscht haben, das mehr als 25 Prozent, aber weniger als 50 Prozent der regulären Renndistanz umfasst.

Der XXL-Trailer zeigt euch alle Neuerungen von EA Sports F1 23 im Detail Video starten 5:13 Der XXL-Trailer zeigt euch alle Neuerungen von EA Sports F1 23 im Detail

Ist F1 World das, was Fans wollen?

Aufgrund des limitierten Umfangs unserer Vorschauversion war es das soweit zu unseren frühen Gameplay-Eindrücken. Was wir uns jetzt schon guten Gewissens trauen zu sagen: EA Sports F1 23 wird ein gutes Rennspiel für F1-Fans, die Bock auf actionreiche Rennen haben!

Eine kontroverse Neuerung gibt es aber noch: F1 World soll die bereits im Vorjahr mit dem Vorgänger-Feature F1 Life eingeführte Social-Komponente weiter ausbauen. Ihr könnt euch also nicht nur auf allerlei Anpassungsmöglichkeiten für euer virtuelles Rennfahrer-Ich einstellen, sondern auch auf saisonale Inhalte, die mit exklusiven Belohnungen locken und euch immer wieder ins Spiel zurückholen sollen.

Was auf dem Papier gut klingt, hat bei der Ankündigung von F1 23 für ein gespaltenes Echo unter den Fans gesorgt. Die einen freuen sich über den umfangreicheren Online-Part und darauf, auch nach Monaten noch mit neuen Inhalten versorgt zu werden.

Die anderen kritisieren den Fokus der Entwickler auf Markenklamotten, Sonnenbrillen, Luxussportwagen und derlei Content, der uns mit Sicherheit auch in F1 World begegnen wird, und fürchten sich vor - bislang unbestätigten - Mikrotransaktionen an jeder Ecke.

Mehr zu F1 World erfahrt ihr in diesem Video Video starten 5:46 Mehr zu F1 World erfahrt ihr in diesem Video

Auch unsere Sorgenfalten werden von Jahr zu Jahr größer – und das hat erst einmal nichts mit F1 World zu tun. Denn das durchaus spannend klingende Feature wird in unserem baldigen Test natürlich eine faire Chance erhalten, uns zu überzeugen.

Wenn wir aber in uns reinhorchen und uns zugleich in den Racing-Communitys weltweit umschauen, sind wir mit unseren Sorgen nicht alleine. Denn was vor nunmehr dreizehn Jahren als möglichst authentische F1-Simulation angepriesen wurde, verliert mehr und mehr den Fokus auf das, was sich Rennsport-Puristen wirklich wünschen:

  • Wo sind die dringend benötigten Streckenupdates? Nach wie vor gleichen die Strecken im Spiel an vielen Stellen nicht ihren realen Vorbildern. Teilweise sind die Unterschiede sogar massiv, etwa in Spielberg, wo ganze Kurvenradien nicht stimmen. Hier haben sogar Titel wie das PlayStation-exklusive Gran Turismo die Nase vorn, die im Gegensatz zu Codemasters F1-Spielen mit aufwendig lasergescannten Strecken aufwarten. Wer mehr sehen möchte, sollte sich dieses Vergleichsvideo auf YouTube anschauen.
  • Wann wird die KI richtig ausbalanciert? Die Kontrahenten agieren seit einigen Jahren im Zweikampf hervorragend, aber das Balancing bleibt dennoch eine Dauerbaustelle. Denn nach wie vor holt die KI ihre Rundenzeit vor allem durch unrealistisch hohe Geschwindigkeiten auf den Geraden, was insbesondere auf Strecken mit hohem Vollgasanteil unglaublich nervt. Sobald die KI an uns vorbei ist, fahren wir ihr in den Kurven plötzlich wieder so dicht auf, dass wir jedes Carbonteil am Diffusor zählen können. Geht es geradeaus, haben wir hingegen keine Chance.

Die KI weist seit vielen Jahren ein störendes Ungleichgewicht zwischen Top-Speed auf der Geraden und Kurvengeschwindigkeit auf. Die KI weist seit vielen Jahren ein störendes Ungleichgewicht zwischen Top-Speed auf der Geraden und Kurvengeschwindigkeit auf.

  • Wann kehrt der F1-Flair zurück? Versteht uns nicht falsch, Codemasters schafft es natürlich schon jetzt, für eine intensive F1-Stimmung zu sorgen. Aber es gibt noch so viele weitere Aspekte des realen Sports, die man im Spiel abbilden könnte: Was ist mit den stimmig inszenierten Pressekonferenzen am Medientag der F1? Oder Interviews in der hektischen Startaufstellung? Eine immersivere Möglichkeit, mit einem KI-Renningenieur die eigene Telemetrie durchzugehen, damit auch Einsteiger erfahren, wo sie noch Zeit gutmachen können? Ein frei begehbarer Paddock, um zwischen Garage, Team-Motorhome und Pressebereich hin- und herzulaufen? Es gibt noch so viele Möglichkeiten!
  • Wo bleibt die Liebe zur Historie? Im Vergleich zu anderen Sportarten hat die Formel 1 einen großen Hang dazu, die Vergangenheit immer wieder zu bejubeln, was auch Fans sehr schätzen. Wisst ihr noch, die legendäre Senna-Runde in Donnington 1993? Oder wie Schumi im legendären Regenrennen in Spa 1998 in Coulthard gekracht ist? Das extrem verregnete Saisonfinale 1976 in Fuji nicht zu vergessen! Kurz: Wo sind historische Strecken in den F1-Spielen? Und dazu passend legendäre Autos, die nicht nur Käufer der teuersten Spieledition erhalten?

Nervige Journalisten Fahrer hassen sie manchmal, aber sie gehören einfach zur F1: Journalisten und ihre bohrenden Fragen. In früheren F1-Teilen war dieser Aspekt einst stärker ausgebaut als heute.

73 Jahre Formel 1 Es gibt unzählige historische Strecken und Fahrzeuge, die man allen Fans des Spiels zugänglich machen könnte. Wie in F1 2013, das einst mehrere alte Kurse zum nostalgischen Rasen anbot.

Ja, Codemasters hat stets betont, dass ihre F1-Spiele keine Hardcore-Sim sein, sondern auch Gelegenheitsraser abholen sollen. Aber von den oben aufgeführten, dringend benötigten Änderungen würde auch diese Zielgruppe profitieren. Und bei den starken Verkaufszahlen der Serie sollte die dringend benötigte Generalüberholung auch in der Chefetage gut zu begründen sein.

So viel Spaß die Codemasters-Raser jedes Jahr auch machen, sie bleiben mehr und mehr unterhalb des eigentlich Machbaren. Einen Sprung wie etwa vom (echt mauen) F1 2015 hin zum (echt guten) F1 2016 gab es schon seit Jahren nicht mehr. Immerhin ist das Comeback des Story-Modus dieses Jahr ein Lichtblick, der uns etwas versöhnlicher stimmt!

Wenn am 16. Juni 2023 die Startampel erlischt und EA Sports F1 23 mit geöffnetem DRS auf euren PC oder eure Konsole rast, werdet ihr mit Sicherheit wieder jede Menge Spaß mit dem Spiel haben. Wir fragen uns beim Heizen über die Kemmel-Gerade oder der Anfahrt auf die 130R aber ständig: Wie viel besser könnte das alles noch sein?

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