Fallout 76 - Wie gelingt der Spagat zwischen Rollenspiel und Survival?

In der Theorie liefert Fallout 76 die ideale Spielwiese für einen knallharten Überlebenskampf. Wir analysieren, wie gut Bethesdas Survival-Anleihen in der RPG-Realität funktionieren.

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Fallout 76 hat viel für seinen Sprung zu Multiplayer-Survival geopfert: Eine packende Story und überhaupt jede Form von Dialogen oder menschlichen NPCs hatten alle keinen Platz mehr in der Welt.

Der Multiplayer war dieses Opfer zumindest in Teilen wert. Es ist ein völlig neues Erlebnis, das Ödland mit Freunden zu erkunden, und das kann sehr wohl Spaß machen.

Fallout 76 - Unser finales Testfazit samt Wertung

Schwerer tut sich der Survival-Part, seine Rolle im Konzept von Fallout 76 zu rechtfertigen. Er gehört zu den neuen Herzstücken des Spiels - steht im Test aber dem Spaß viel häufiger im Weg, als dass er ihn befördert.

Rollenspiel minus Motivation ergibt Survival

Der Schritt vom Rollen- zum Survival-Spiel bedeutet vor allem eins: Statt einen Charakter aufzubauen, stemmen wir uns die ganze Zeit gegen seinen unaufhörlichen Verfall. Survival bedeutet in Fallout 76 vor allem, dass ständig Balken und Zahlen herunterticken und wir einen großen Teil der Spielzeit damit verbringen, sie wieder aufzufüllen. Mal haben wir Hunger. Mal haben wir Durst. Mal sind wir von all dem Essen und Trinken verstrahlt. Mal brauchen wir Munition, mal fällt die Waffe in unseren Händen auseinander.

Ja, selbst vor Knochen und Hanteln machen wir auf unserer Plündertour nicht Halt. Ja, selbst vor Knochen und Hanteln machen wir auf unserer Plündertour nicht Halt.

Und wenn wir all diese Alltagsprobleme im Griff haben, kann das nur eins bedeuten: Unser Inventar ist überladen. Denn was wir in Fallout 76 vor allem machen, um unseren endlosen Hunger nach Crafting-Materialien zu stillen, ist wirklich jedes Stück Schrott mitgehen zu lassen, das uns unterkommt. Eimer, Löffel, Bierflaschen - alles können wir für Rohmaterial zerlegen.

Allerdings ergibt sich nie echte Sammelmotivation, weil Fallout 76 uns gleichzeitig fürs Sammeln bestraft. Inventar und Lagertruhe sind so frustrierend winzig, dass wir ständig im fummeligen Item-Menü rangieren müssen, nur um alles unterzukriegen und nicht ans Limit zu stoßen. Das hat laut Bethesda technische Gründe, das Spiel soll nicht zu viele Items in der Welt tracken müssen. Man will hier bald per Patch nachbessern. Bis dahin bleibt die Beutejagd in Fallout 76 frustrierender, als sie sein müsste.

Bremse statt Nervenkitzel

Überhaupt scheint die Survival-Mechanik in erster Linie zu existieren, um den Spieler auszubremsen. Vor allem im Koop bringt sie den Spielfluss immer wieder zum Erliegen. Ständig müssen Teammitglieder mitten in einer Quest zurück ins Lager oder zur nächsten Werkbank, um Items zu zerlegen, Waffen zu reparieren oder ihre Vorräte aufzufüllen.

Dem kann man durch vernünftige Team-Planung durchaus entgegenwirken, aber auch nicht immer. Einmal erhielten wir etwa für eine Mission zu Beginn eine spezielle Waffe - und die hielt nicht mal diese eine Mission durch, bevor sie uns in den Händen zersprang. Und dabei hatten wir zwischenzeitlich extra Halt gemacht, um neue Munition zu craften. Nur damit das Teil kurz danach in zwei Teile zerbricht - das frustriert!

Diese Pistole hatten wir gerade erst gekriegt und sie ist schon wieder fast im Eimer. Diese Pistole hatten wir gerade erst gekriegt und sie ist schon wieder fast im Eimer.

Jetzt mag der Genre-Fan natürlich sagen: "Was regt ihr euch auf? Hunger, Durst und Crafting gehören eben zu Survival-Spielen dazu!" Stimmt! Allerdings schafft es Fallout 76 nicht, mit diesen Elementen das eigene Spielkonzept zu bereichern. Sie bauen keinerlei Nervenkitzel auf, weil wir nie ernsthaft in Gefahr sind: Fehlt es an Wasser oder Nahrung, reisen wir notfalls einfach flott ins Startgebiet zurück, bedienen uns am Fluss und erlegen ein paar Maulwurfsratten.

Das spielt sich in der Regel wie langweilige Fleißarbeit, und das ohne den im Survival-Genre sonst üblichen Spannungsfaktors des namensgebenden Überlebenskampfes. Denn wirklich kämpfen müssen wir ums Überleben nur äußerst selten, die rettende Ressource ist meist nur eine Fleißaufgabe entfernt. Und selbst wenn wir mal den Löffel abgeben - was soll's? Im Todesfall respawnen wir direkt in der Nähe und müssen nur kurz zurück zu unserer Leiche laufen, um eine Handvoll verlorener Items wieder aufzuklauben. Überleben in Fallout 76 ist Arbeit, Zeitaufwand, aber keine spannende Herausforderung.

Zum Vergleich war der Survival-Modus von Fallout 4 - das ganze ist der Serie ja nicht völlig neu! - deutlich knackiger. Dort gab es etwa weder Schnellreise noch automatisches Speichern. Klar, das machte die Sache ebenfalls umständlicher, aber gewann dafür auch mehr Überlebenskampf-Spannung, weil wir uns weniger sicher fühlen konnten und unsere Ödland-Trips besser planen mussten.

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