Schwere Vorwürfe gegen Moon Studios: Microsoft stellt Arbeit mit Ori-Machern ein

Das Studio hinter den Ori-Spielen soll laut ehemaligen Mitarbeitern kein angenehmer Ort zum Arbeiten sein.

Das Entwicklerstudio Moon Studios sieht sich derzeit schweren Vorwürfen ausgesetzt. In einem Bericht von GamesBeat haben mehrere aktuelle sowie ehemalige Angestellte über ihre Zeit in der Firma und die dort herrschende Atmosphäre gesprochen. Sie beschreiben den Führungsstil im Unternehmen als unterdrückerisch.

Inzwischen hat Microsoft reagiert und die Zusammenarbeit als Publisher von Moon Studios beendet. Das berichten die Journalisten Jez Corden von Windows Central und Jeff Grubb von GamesBeat.

Ori and the Blind Forest und der Nachfolger Ori and the Will of the Wisps waren unter dem Label der Xbox Game Studios erschienen.

Führungsriege im Zentrum der Vorwürfe

Sexismus, Rassismus, Mobbing - im Grunde drehen sich die Erfahrungsberichte der Betroffenen um diese Themen, was zu einem Tod [des Studios] durch tausend Schnitte geführt haben soll, zitiert GamesBeat.

Die Arbeitsatmosphäre wird demnach als bedrückend beschrieben. Die Außendarstellung als offener und ehrlicher Arbeitsplatz sei als Vorwand für Missbrauch genutzt worden.

Die Gründer von Moon Studios, Thomas Mahler und Gennadiy Korol, sollen Mitarbeiter in öffentlichen Chats scharf kritisiert und allgemein mit Lob gegeizt haben.

Ein Ex-Mitarbeiter äußert sich wie folgt zu seiner Zeit bei dem Studio:

Es ist ein beklemmender Arbeitsplatz. Aber es ist schwer, eine Sache herauszustellen, denn einzeln für sich betrachtet, alle diese Vorfälle, wenn sie ein Mal passieren, würden den Eindruck erwecken, dass es sich um kleine Dinge handelt. Aber wenn du damit jahrelang konfrontiert wirst, siehst du, wie die mentale Gesundheit der Menschen darunter leidet. Ich persönlich war komplett kaputt, nachdem wir fertig waren. Ich war vor diesem Moment nie depressiv gewesen. Ich habe die Passion für meinen Job verloren, weil sie sie mir ausgetrieben haben.

Antisemitische Chat-Nachrichten

In einem für die Belegschaft einsehbaren Chat habe Mahler Witze darüber gerissen, dass er Juden töten wolle, indem er sie solange an Spielen arbeiten lassen würde, bis sie sterben. Im Kontext der Unterhaltung sei diese Äußerung zwar klar als Witz zu erkennen gewesen, der raue Umgangston soll aber Normalität gewesen sein. Auch Gespräche über Penis-Größen und andere Dinge seien geführt worden.

GamesBeat gibt an, die betreffenden Chat-Passagen vorgelegt bekommen und auf Echtheit verifiziert zu haben. Franciska Csongrady, die als einzige Frau im Story-Team tätig war, äußerte sich über ihre Zeit bei Moon Studios ebenfalls kritisch und bezeichnet sie als »Erfahrung, die die Seele zerstört.«

Erneut stehen vor allem die Studiochefs im Zentrum der Kritik:

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Statement des Studios

Das Arbeiten in einer solchen Umgebung habe laut ehemaligen Angestellten schließlich mentale Spuren hinterlassen, mit denen man nach dem Ausscheiden aus der Firma zu kämpfen hat.

Auch die dezentrale Firmenstruktur sei nicht so vorteilsbehaftet, wie es zunächst klingt. Denn die Kommunikations-Tools habe man auch dazu genutzt, um das Verhalten der Mitarbeiter aufzuzeichnen und zu überwachen.

GamesBeat gab Thomas Mahler und Gennadiy Korol die Möglichkeit, sich zu den Vorwürfen zu äußern. Das tat man in Form eines Statements, in dem es unter anderem heißt:

Wir glauben weder, dass diese Erfahrungen repräsentativ für die mehr als 80 Team-Mitglieder von Moon Studios sind, die jeden Tag großartige Arbeit leisten, noch dass sie repräsentativ für die Erfahrungen früherer Mitglieder unseres Team sind. Wir sind sehr stolz auf unsere Geschichte, Menschen glücklich zu machen, ihre Karriere voranzutreiben und zu ihrem finanziellen Erfolg beizutragen.

Auch zu den Vorwürfen bezüglich antisemitischer Witze äußert man sich indirekt:

Abschließend erkennen wir die Ironie, dass wir - ein österreichischer und israelischer Jude - dieses multikulturelle Unternehmen gestartet haben. Wir sehen einander als Brüder. Und wie Brüder streiten und necken wir uns häufig gegenseitig. Wir haben Witze auf unsere eigenen Kosten über unsere unterschiedlichen Hintergründe gemacht - und da mag es vorgekommen sein, dass unsere Witzeleien gefühllos rübergekommen sind und andere Personen sich unbehaglich gefühlt haben.

Auch intern soll man reagiert haben: GamesBeat berichtet, dass die Konzernführung ein rund 30-minütiges privates Meeting mit dem derzeitigen Team abgehalten habe, in dem Mahler und Korol sich zu den Vorwürfen geäußert und der Belegschaft ein anonymes Feedback-System angeboten haben.

Microsoft reagiert und beendet Zusammenarbeit

Die schweren Vorwürfe hatten bereits Folgen für Moon Studios. Denn Microsoft hat die Zusammenarbeit mit dem Entwickler beendet, nachdem man zuvor noch die beiden Ori-Spiele als Publisher betreut hat.

Dass die Trennung mit den Vorwürfen gegen Moon Studios zusammenhängt, legen Aussagen mehrere Journalisten nahe: Jez Corden von Windows Central zufolge hätten die Moon-Chefs Korol und Mahler sämtliche Brücken zum Xbox-Team abgerissen und Microsoft-Mitarbeiter sogar verbal angegriffen:

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Der Branchen-Insider und Journalist Jeff Grubb bestätigt die Vorgänge in einer Ausgabe des Podcasts Gamesbeat Decides. Microsoft habe von den Problemen bei Moon gewusst und deshalb den Vertrag bewusst auslaufen lassen, so Grubb.

GamesBeat beschreibt das Verhältnis zwischen Moon Studios und dem Xbox-Konzern auf Basis des eigenen Berichts als schwierig. Im Verlauf der zehnjährigen Kooperation seien oft Deadlines verpasst worden, was zu Release-Verzögerungen geführt habe. Im Team sei die Furcht stets präsent gewesen, dass der Geldhahn aus Redmond irgendwann zugedreht und das Projekt auf Eis gelegt werden könnte.

Auch von den Zuständen habe Microsoft laut einem Entwickler zwar gewusst, doch die vertragliche Situation habe es nicht zugelassen, der Belegschaft zu helfen. Für das neue Projekt mit dem Codenamen Forsaken ging Moon Studios eine Partnerschaft mit Private Division ein, einer Tochtergesellschaft von Take Two.

Auch Sony steht derzeit in der Kritik: Gegen den japanischen Konzern liegt eine Klage vor, die sich um Geschlechter-Diskriminierung dreht. Worum genau es dabei geht und was der aktuelle Stand ist, haben wir für euch übersichtlich zusammengefasst.

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