Auch als Spieleredakteur mit fast 20 Jahren Berufserfahrung kann man noch überrascht werden. »Wie jetzt, es gab ein Drakan 2?« Fast ein Vierteljahrhundert musste ich auf diese großartige Nachricht warten - und bin doch zutiefst betrübt, denn ich werde Drakan: The Ancient's Gates wohl niemals spielen können.
Aber irgendwie passt das ja auch zu dieser Mini-Serie, der rund um die Jahrtausendwende wahrlich übel mitgespielt wurde - zu Unrecht, denn Drakan war in vielerlei Hinsicht seiner Zeit voraus. Warum genau und wieso mich die damaligen Diskussionen um das Spiel traurig machen, das erkläre ich euch jetzt
Lara, Lara, Rynn
Als im August 1999 mit Drakan: Order of the Flame ein Action-Adventure mit weiblicher Hauptrolle 1999 erschien, steuerte Lara Croft bereits auf ihren vierten Auftritt als wehrhafte Archäologin in Tomb Raider zu, von massiven Werbedeals und ihrem Status als Pop-Ikone ganz zu schweigen. Der Vergleich mit der Grabräuberin war dann auch tatsächlich in jedem Artikel zum Spiel zu lesen - und nicht immer kam Drakans Protagonistin Rynn dabei gut weg.
Ihre eigene Identität als starke Kriegerin ging darüber ein bisschen verloren, zumal für Presse und Spieler damals im Vordergrund stand, dass Drakan einer wenigen damaligen Titel mit einer weiblichen Spielfigur war. Als Figur war Rynn gut geschrieben, ihre Glaubwürdigkeit wurde jedoch von den knappen, bauchfreien Outfits und der »Boob Armor« untergraben, in die die Entwickler sie im Spielverlauf zwängten.
Im Rückblick finde ich das weitaus problematischer als mein damaliges, jugendliches Selbst. Dennoch hat die Drakan-Serie mit ihren über 500.000 verkauften Exemplaren sicherlich zur Verbreitung und Normalisierung von weiblichen Protagonisten in Videospielen beigetragen. Auch weil es einfach so ein tolles Spiel war.
Ein toller Drachen-Mix
Drakan steckt seine Spieler in eine düstere Fantasy-Welt, in der Monster Rynns Bruder entführen. Doch als sie den Drachen Arokh befreit und einen Pakt mit ihm schmiedet, eröffnet sich ihr die Möglichkeit, es der dunklen Brut heimzuzahlen. Auf dem Rücken der (überraschend humorvollen) Riesenechse zu reiten und die Fieslinge am Boden mit Arokhs Feueratem zu grillen, wird nie alt. Später gibt's auch Kämpfe in der Luft gegen andere Drachen, die sind dann sogar richtig anspruchsvoll.
PLUS
3:17
Aus unserem Archiv: Preview-Video zu Drakan: Order of the Flame
Oftmals muss ich mit Rynn absitzen und mir zu Fuß einen Weg durch Minen oder Canyons bahnen. Diese Wanderungen hätten die Achillesferse des Spiels sein können, doch Drakan bietet genug Abwechslung sowohl im Level- wie im Waffendesign, damit das Gekloppe in Rynns Haut nicht langweilig wird. Die Steuerung ist einfach, die Grafik war zum damaligen Zeitpunkt grandios und sogar ein an Diablo angelehntes Loot-System hat es ins Spiel geschafft.
Eine Handvoll Rätsel, Klettereinlagen und die Suche nach dem Levelausgang fügen sich gut in den Spielablauf ein, zumal das Spiel nur wenige Hinweise liefert und es größtenteils mir überlässt, wie ich die von den Entwicklern aufgebauten Hindernisse aus dem Weg räume. Knapp 30 Stunden ist man so beschäftigt; die Kampagne ist linear, aber lang. Und sie wurde fortgesetzt.
Kann man das heute noch spielen?
Drakan: Order of the Flame gilt heute als Abandonware. Um es legal zu spielen, benötigt ihr zwingend die Originalversion auf CD; eine Download-Fassung auf Steam oder GOG.com existiert nicht.
Auf der Fanseite Arokh's Lair findet ihr alle offiziellen Updates und die Community-Patches, die unter anderem Widescreen-Support hinzufügen. Dort erhaltet ihr auch Zugriff auf einen Level-Editor und zahlreiche, von Spielern erstellte Bonus-Maps für Einzel- und Mehrspielermodus.
Das gestohlene Sequel
Vier Jahre nach dem PC-Release von Drakan: The Order of the Flame erschien der Nachfolger The Ancient's Gates - und ich habe es nie mitbekommen. Denn Entwickler Surreal Software (später Teil von Monolith Productions) musste sich dem Willen von Publisher Psygnosis beugen, der wiederum Mutterfirma Sony gehorchen musste - und Sony machte den Nachfolger kurzerhand zum exklusiven PlayStation-2-Spiel.
Ach je, das gleiche Spiel also wie damals bei Summoner. Wie bei Shadow Man. Oder (auf Xbox-Seite) Halo. Eine PC-Version wird nachträglich konsolenexklusiv - diese Zeiten vermisse ich wahrlich nicht, da ist ist mir die aktuelle Strategie von Sony und Microsoft (alles kommt - teils zeitversetzt - auch für den PC) doch gleich tausend Mal lieber.
Eine PlayStation 2 habe ich nie besessen und wegen Sonys lückenhafter Rückwärtskompatibilität seiner neuen Konsolen gibt es auch keine Möglichkeit, The Ancient's Gates auf PS4 oder 5 nachzuholen. So bleiben mir nur die Erinnerungen an das erste Drakan - aber die sind Gott sei Dank sehr, sehr positiv.
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