Baldur's Gate und Baldur's Gate 2 gehören zu den besten Rollenspielen aller Zeiten. Daran besteht kein Zweifel. Einer der Gründe dafür: die Begleiter. Jeder von uns hat wahrscheinlich seine persönlichen Liebling und wenn wir uns an ein besonders einprägsames Erlebnis zurückerinnern, dann hat es oft mit diesen Nebencharakteren zutun.
Es ist ihre Persönlichkeit, die sich uns einprägt. Niemand erinnert sich an Minsc, weil er einen absurd guten Stärke-Wert hat. Wir erinnern uns an Minsc, weil er ein gutherziger aber komplett durchgedrehter Teufelskerl mit Hamster ist.
Daraus haben Rollenspiele nach Baldur's Gate gelernt. Egal ob jetzt ein Iso-Rollenspiel wie Pathfinder: Kingmaker oder eher actionlastige RPGs wie Mass Effect. In der Regel versuchen die Entwickler uns denkwürdige Persönlichkeiten zur Seite zu stellen. Wenn ihr mich fragt, sollten wir uns auf dieser Errungenschaft aber nicht ausruhen.
Und ich gebe dabei auch offen zu: Diese Meinung trage ich aus ganz und gar egoistischen Gründen vor mir her. Denn so großartig ich lebendige Begleiter finde und so sehr ich Baldur's Gate dafür vergöttere - sie sorgen gleichzeitig für ein nervtötendes Dilemma, vor das ich immer wieder gestellt werde. Und ich bin mir sicher, dass ich damit nicht alleine bin.
Das Begleiter-Dilemma
Rollenspiele - vor allem klassische Rollenspiele wie Baldur's Gate - reizen mich aus zwei verschiedenen Gründen:
- Ich will spannende Abenteuer und eine mitreißende Geschichte erleben, die ich selbst mit meinen Entscheidungen mittrage.
- Ich habe Spaß daran, mir einen Charakter auszudenken. Deshalb verbringe ich so viel Zeit wie möglich im Charakter-Editor und probiere alle möglichen Klassen aus.
Mein Problem: Die gut ausgearbeiteten Begleiter mit ihren durchdachten Hintergründen und liebenswürdigen Persönlichkeiten zahlen in der Regel vor allem auf den ersten Punkt ein. Zu einer spannenden Geschichte gehören immerhin auch spannende Charaktere. Das ist gut und richtig und wie gesagt einer der Gründe dafür, weshalb Baldur's Gate der Legendenstatus zueigen ist.
Ich ertappe mich aber auch immer wieder bei dem Wunsch, meine ganze Gruppe selbst zu definieren. Mir macht es einfach zu viel Spaß, mir eigene Helden auszudenken. Ich will nicht jedes Mal die komplette Story von vorne beginnen, wenn ich gerade Lust auf eine neue Klasse habe.
Und die Möglichkeit gibt es auch in vielen RPGs. Im Remaster von Baldur's Gate 2 kann ich mir eine komplette Party erstellen. Kann mir die Zeit für sechs unterschiedliche Helden nehmen. In Pillars of Eternity und Pathfinder kann ich in Tavernen freischaffende Abenteurer anwerben. Auch in Wasteland 3 erstelle ich viele Gruppen-Mitglieder selbst. So kann ich mir auch gleich darüber Gedanken machen, welcher Held welche Funktion erfüllen soll.
Die Möglichkeit dazu gibt es also. Es hat aber immer einen Preis. Jeder selbst erstellte Held stibitzt einem der famosen Begleiter das Rampenlicht. Wenn ich Baldur's Gate 2 mit Eigenkreationen durchspiele, bekomme ich nur die Ereignisse rund um Imoen mit. Meine eigenen Helden sind stumm und damit weniger denkwürdig als ein Minsc. Mir entgeht eine der größten Stärken des Spiels.
So könnte Solasta das Problem lösen
Ich hatte mich mit diesem Dilemma bereits abgefunden. Wie soll man sowas auch lösen können? Meistens habe ich mich darum herumgewunden, indem meine Gruppe zur Hälfte aus vorgefertigten und zur Hälfte aus selbst erstellten Begleitern bestand. Man weiß sich ja zu helfen. Doch dann kam Solasta.
Dieses Rollenspiel befindet sich aktuell noch im Early Access, in dem der erste Akt spielbar ist. Solasta bietet viel von dem, was auch Baldur's Gate 3 hat. Allerdings in einer bescheideneren Größenordnung. Mehr Details zu diesem Rollenspiel lest ihr am besten in unserem Early-Access-Test nach:
Der größte Unterschied zu Baldur's Gate liegt in der Gruppen-Konstellation. Solasta macht selbst erstellte Begleiter nicht nur zu einer Option, sondern zu einer Voraussetzung. Hier sammel ich meine Freunde nicht erst unterwegs auf. Von Beginn an steure ich eine ganze Gruppe. Erstelle jeden davon, gebe allen eine Persönlichkeit und in Gesprächen kann ich jeden Charakter zu Wort kommen lassen.
Das System schaut sich an, welche Charakterzüge ich den Helden bei der Generation gegeben habe. Dann wird während eines Gesprächs im Hintergrund bestimmt, zu welcher Antwort jeder Held und jede Heldin tendiert. Das funktioniert meistens sehr gut. Zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, keine komplett charakterlosen Kumpanen erstellt zu haben. Zumal sich die Gruppe in Solasta auch wie eine Gemeinschaft anfühlt. Normalerweise ist es ja eher eine Heldenfigur und ihre Entourage.
Reicht das schon?
Ich kann den Release von Solasta nächstes Jahr kaum erwarten. Genau diesen Ansatz wünsche ich mir schon seit fast 20 Jahren. Ich weiß aber, dass Solasta erstmal nur einen kleinen Schritt getan hat. Auch wenn das Gruppensystem meiner Meinung nach gut funktioniert, ein vollwertiger Ersatz für die legendären Begleiter ist das noch nicht.
Rollenspiele sollten aber unbedingt weiter in diese Richtung denken. Ich glaube, man kann hier noch eine Menge Experimente wagen. Man sieht ja bereits, was für Berge Larian mit dem nötigen Budget in Bewegung setzen kann. Wie viele Freiheiten sie uns in Baldur's Gate 3 gewähren.
Sicherlich kann das System aus Solasta noch weiter verfeinert werden. In Baldur's Gate 2 muss ich mich im Laufe der Geschichte ja auch dafür entscheiden, welche Begleiter ich mitnehme. Vielleicht könnte ich in Zukunft dann schon bei der Charaktererstellung spoilerfrei festlegen, welche Hintergründe selbst erstellte Gruppenmitglieder haben. Die Hintergründe bestimmen dann beispielsweise, welche Quests daraus entstehen. Optionen gibt es!
Solasta wird mein Begleiter-Dilemma nicht vollständig beseitigen. Es bietet aber immerhin einen ersten Lösungsvorschlag, der hoffentlich so schnell nicht vergessen wird.
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