Ich spiele Skyrim nach zehn Jahren komplett anders und finde es großartig

Meinung: Redakteurin Steffi hat nach hunderten Stunden ihren Spaß an Skyrim wiederentdeckt. Aber es brauchte ein Umdenken.

Wir schreiben das Jahr 2021. Es ist Samstag, draußen trommelt der Regen ans Fenster. Perfektes Kuschelsockenwetter. Ich habe frei und vor mir liegt ein kompletter Tag, an dem ich nach Lust und Laune zocken kann, was ich will. Mit einem dampfenden Kaffee in der Hand scrolle ich durch meine Steamliste - so viele Möglichkeiten!

Ungespielte Goldstücke stapeln sich auf meinem Pile of Joy, jedes einzelne verspricht mir ein nigelnagelneues Abenteuer, jedes einzelne hätte meine Zeit verdient. Aber es kommt anders. Denn plötzlich ist sie da, die Stimme, die mich seit zehn Jahren immer wieder heimsucht.

»Du könntest mal wieder Skyrim spielen.«

Ich versuche, sie zu ignorieren, aber sie ist beharrlicher als jede übermotivierte Schlammkrabbe, die mich am Schnellreisen hindert. Verzweifelt frage ich: »Aber wie soll mir das denn noch Spaß machen?! Nach hunderten Stunden kenne ich Himmelsrand auswendig und wenn ich noch einmal durch das verdammte Ödsturzhügelgrab rennen muss, werde ich garantiert wahnsinnig. Ich höre nach zwei Stunden eh wieder auf!«

Aber tatsächlich schaffe ich es nach zehn Jahren zum ersten Mal, Skyrim komplett anders zu spielen. Und finde damit nicht nur neuen Spaß an der wundervollen Fantasy-Sandbox, sondern entdecke auch ganz neue Seiten an mir.

Die Autorin: Steffis Herz gehört den Rollenspielen, egal ob am PC oder ganz klassisch mit Pen & Paper. Umso mehr hat sie die Erkenntnis überrascht, dass sie eigentlich gar nicht wirklich in eine Rolle schlüpft, wenn ihr ein Spiel die Gelegenheit bietet. Das muss anders werden, hat sie beschlossen. Und freut sich schon darauf, ihre Erkenntnisse in den kommenden RPGs wie Baldur's Gate 3 umzusetzen.

Endlich echtes Rollenspiel

Damit ich nicht wieder in alte Muster verfalle und als schleichende Bogenschützin ende, die bei allen Gilden mitmacht, muss ich mir selbst Grenzen ziehen. Ich stelle ein paar strikte Regeln auf, die mich zwar einschränken, aber meiner Geschichte dafür einen interessanten Rahmen verleihen:

  • Meine neu erstellte Elfe kann nicht zaubern, erlaubt sind also nur Spruchrollen, passive Effekte und magische Items.
  • Sie war Schmiedin in Solstheim, weiß nichts von Alchimie oder Kochen. Diese ehrenvollen Handwerke ignoriere ich komplett, Tränke müssen wohl oder übel gekauft oder in staubigen Kisten gefunden werden.
  • Halbwegs realistisches Heilen ist angesagt. Zwanzig Käseräder im Kampf schnabulieren? No Go. Heiltränke werden auch nicht mittendrin gekippt, sondern vor oder nach dem Gemetzel.
  • Sie kann nur mit bestimmten Waffen umgehen. Auch wenn der Zweihänder noch so tolle Werte hat - ich kann ihn nicht benutzen.
  • Damit ich nicht schon wieder in Helgen zum Block geführt werde, nutze ich die hervorragende Mod »Alternate Start - Live Another Life«. Damit kann ich einen neuen Spielanfang auswählen, zum Beispiel, dass Banditen meine Figur ausgeraubt haben - so starte ich mit leerem Inventar und dem dringenden Bedürfnis, etwas Gold zu verdienen.

Zugegeben, damit steige ich bei weitem nicht so tief ins echte Rollenspiel ein wie manch anderer - aber es ist ja mein erster Ausflug dieser Art und ich muss es irgendwie mit meinem Arbeitsalltag unter eine Lederkappe bringen.

Und schon nach wenigen Minuten bemerke ich, wie sich mein Spielerlebnis drastisch verbessert. Plötzlich entwickelt meine Figur ihre eigene Persönlichkeit, die sich von meiner eigenen unterscheidet. Völlig neu für mich! Ich bin nämlich anfällig dafür, immer wieder die gleiche Persona zu spielen, mit der ich mich am einfachsten identifizieren kann - ein typischer Paragon-Shepard, zum Beispiel. Aber jetzt stecke ich in der Haut einer verarmten Schmiedin und sehe die Welt durch ihre Augen, nicht durch meine.

Die Einschränkungen entpuppen sich als wahrer Segen. Denn sie zwingen mich dazu, mich auf völlig neue Situationen einzustellen. Mir sind die Heiltränke ausgegangen und ich kann mir keine neuen brauen - aber pleite bin ich auch. Also muss sich meine Figur etwas einfallen lassen und geht beim Jarl um Arbeit betteln. Das nächste Banditennest räuchere ich nicht aus, weil ich halt den Marker auf der Karte sehe, sondern weil es für meine persönliche Geschichte Sinn ergibt.

Und nachdem ich den PC ausgeschaltet habe, passiert etwas wundervolles. Ich denke weiterhin über das Spiel nach, male mir aus, was ich als nächstes tun will, welche Ziele meine Figur sich setzen wird. Etwas, das mir leider nur noch sehr selten passiert, oft genug bin ich geradezu erleichtert, wenn ich fertig mit Zocken bin. Über dieses Phänomen der Spielemüdigkeit sprechen die Kollegen Dimi, Natalie und Peter hier im Plus-Podcast:

Damit ihr mich nicht falsch versteht: Skyrim ist nicht schuld daran, dass es mich nach hunderten Stunden gelangweilt hat. Das lag vor allem an meinen persönlichen Angewohnheiten, wegen derer ich immer das gleiche eierlegende Wollmilch-Drachenblut gespielt habe. Und dadurch fühlte sich jeder Durchgang für mich ziemlich schnell ziemlich gleich an. Es hat zehn Jahre gedauert, bis ich diesen Kreislauf durchbrochen habe und mich endlich an richtiges Rollenspiel wage.

Ich bin zum Glück nicht die einzige, die solche »Bad Habits« mitbringt. Wie tief unsere schlechten Spiele-Gewohnheiten sitzen und wie wir damit umgehen, verraten wir euch in unserer Videoreihe bei GameStar TV:

»Das Smartphone ist beim Spielen immer dabei« - Unsere Bad Habits, Teil 1 Video starten PLUS 20:40 »Das Smartphone ist beim Spielen immer dabei« - Unsere Bad Habits, Teil 1

Für die Zukunft nehme ich eine wichtige, persönliche Lektion mit: Ich werde mich in Rollenspielen viel öfter bewusst einschränken, weil mir das mehr Immersion beschert. Und das, was ich dadurch verpasse, hole ich halt im nächsten Durchgang nach. Zum Beispiel als Alchimistin, die auf Metall allergisch ist.

Jetzt will ich natürlich wissen, wie es euch da so geht. Habt ihr immer noch Spaß mit Skyrim und wenn ja, wie? Zieht ihr richtiges Rollenspiel durch oder ist euch das zu anstrengend? Erzählt mir gerne in den Kommentaren davon!

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